
Drittes Kapitel.
Reise von Süerek bis Märedin.
Wir blieben den Sonntag in Süerek, da die Witterung zweifelhaft war,
es kam jedoch nicht zum Regen, und wir machten uns daher Montag den
28. November lange vor Sonnenaufgang, gegen 5 Uhr Morgens, als es noch
stockfinster war, auf den Weg. Der Himmel war ganz umwölkt, und verkündete
Regen. Unser Weg ging erst in der Richtung von Nordost; dann
wendeten wir uns mehr östlich, und weiterhin gegen Südost, zuletzt nach
Ost-Süd gen Ost. Bald nach Sonnenaufgang fing es an zu regnen, und dieser
Regen dauerte mit wenigen Unterbrechungen fort bis 1/2 Stunde, bevor
wir unser Nachtquartier, erreichten. Nach 3 Stunden kamen wir bei dem
Dorfe Anastur vorbei, welches rechts von der Strasse liegen blieb; 3/4 Stunden
später sahen wir links vom Wege ein verlassenes Dorf, und nach abermals
2 1ji Stunden ritten wir durch einen Bach, welchen unser Mucker
Dsehirsehib (oder Dschirdschib) el amiq nannte, von dem jedoch der Kawass
von Süerek wohl mit grösserm Recht behauptete, dass es der Tscham Tschay
sei, welcher von dem Qaradscha Tagh kommt; der Odabaschi (Wirth des
Chans in Süerek) hatte uns auch versichert, dass in der ganzen Umgegend
der Tscham Tschay der einzige Fluss sei, welcher auch ausser der Regenzeit
Wasser enthalte; er muss daher bedeutende Krümmungen machen. Am
Ufer dieses Baches frühstückten wir, da es gerade nicht regnete, und ritten
von da an stets eine nordöstliche Richtung verfolgend, bei dem Dorfe Ka-
nak, von dem Mucker Kainaghi genannt, dieses links liegen lassend, vorbei,
hatten dann noch einen tüchtigen Regenschauer zu überstehen, und gelangten
3 Stunden später gegen 4 Uhr Nachmittag nach Qara Baghdsche, am
Fusse des von Nord nach Süd sich hinziehenden Gebirges Qaradscha Tagh,
von mässiger Höhe, wo wir übernachteten. Dieses Dorf ist bloss von Kurden
B e w o h n t , hat etwa 40 Häuser und 100 steuerpflichtige Männer, welche
jährlich 10— 15 Beutel, d. i. 5000— 7500 Piaster an Steuern zahlen. Der
K e District von dem Dschirdschib el amiq bis Diarbfikir heisst der Di-
strict von Qaradscha Tagh. Qara Baghdsche gehört unmittelbar unter 88*
rek, und hat keinen Boy Beyi, sondern nur einen Kiahja d. i. Stellvertreter.
__ Der Weg war nur im Anfang eine kurze Strecke steinlos, dann viel stei-
X e r als der vor Süerek, und die ganze Gegend stundenweit n u r mit Basalt-
■ L m e m übersät. D i e s s hinderte jedoch nicht überall den Anbau, da unter
den oft kleinen Basaltstücken der Erdboden fett und fruchtbar zu sein
schien; er war röthlichbraun, theüweise auch dunkelbraun, und über die
Äsaltstücken, wo sie kleiner waren, oft gepflügt. Uebrigens hatte die ganze
¿fegend das Ansehen von Stoppelfeldern, hervorgebracht durch das lange
Jsrdorrte Gras, welches überall zwischen den Steinen hervorgesprosst und
j t r ch die Hitze des Sommers vertrocknet war. In Qara Baghdsche hatte
§ a n viele Haufen dieses dürren Grases aufgespeichert, wahrscheinlich, um
es als Viehfutter zu verwenden; es hatte meist kleine Aehren, war also wohl
eine Art wilden Getraides? Auf dieser Tour sah ich nur an einer einzigen
Stelle an einem Bache eine kleine weisse Wasserblume, unserm Gänseblüm-
fhen ähnlich, die ich auch später öfter wieder an Bächen und Flüssen, und
Inletzt am südlichen Euphrat bei Süq esch Schinch bemerkte. Der Weg war
lenseiben Tag, wie immer, ungleich, ging bergauf, bergab, und in der Ebene
fort, die Berge waren aber von geringer Höhe; auch die Dörfer waren, wie
iisher, stets an Hügel angelehnt, und eine Stunde vor Qara Baghdsche sahen
i m rechts vom Wege eine Mühle, von einem anonymen Bache getrieben.
|)ie Häuser dieses Dorfes sind von Basaltsteinen, die mit Erde verkittet
find, erbaut, haben keine Thüren, sondern einen schmalen, finstern Gang,
|®u dessen Seiten die Gemächer, Höhlen ähnlich, ebenfalls ohne Thüren, lief
e n , mit schmalen Eingängen. In der Mitte dieser Gemächer ist eine kleine
V e rtie fu n g , in welcher das Feuer angezündet wird, und über derselben in
jBRp-r Decke ein viereckiges Loch, durch welches der Rauch sich mühsam win-
det. Die Decke besteht aus mehrern Schichten dünner Balken, zwischen
B ien en Baumzweige liegen, und darüber eine dicke Schicht von Erde. Einen
|Beweis von der Fruchtbarkeit des Bodens liefert der Ertrag desselben, da
fdie Bewohner Walzen, Gerste, Tabak (Qara Tutun „schwarzen Tabak) und
Aieis erbauen. Von dem Letztem nimmt das Gouvernement von Süerek die
Hälfte, und dennoch verkaufen sie jährlich noch 3 0—*40 Batman a 6 Rotl,