
Vierundzwanzigstes Kapitel.
Aufenthalt in Aegypten (Alexandrien und Cairo),
und Rückreise nach Triest.
Da ich hier bis zu Abgang des nächsten Dampfschiffes, welches die
Passagiere aus Ostindien zugleich mit der indischen Post nach Europa befördert,
voraussichtlich noch 10-—12 Tage zu warten hatte, so benutzte ich
diesen Aufenthalt zu einem Ausflug nach Cairo und der Umgegend, und der
Hr. Baron v. Pentz war so freundlich, mir einige Empfehlungsschreiben
mitzugeben, und ein gutes und billiges Hôtel dort nachzuweisen. Seit
8 Monaten war damals schon die Eisenbahn im Gang, aber erst zur Hälfte
fertig; die andere Hälfte des Weges, bis auf die Brücken fertig, musste auf
einem Dampfboot zurückgelegt werden. Um keine Zeit zu verlieren, fuhr
ich gleich den nächsten Morgen, Sonnabend, den 26. Mai, ab. Ein Platz
érster Klasse kostete inclusive Beköstigung und Fahrt auf dem Dampfboot
200 ägyptische Piaster, oder etwas über 2 Pf. St. (1 L. St. = 971/2 P.).,__
Die Wagen waren schön eingerichtet. Wir fuhren dicht am See Mareotis,
dann in der Nähe des Mahmudije-Kanals, und kamen nach 21/2 Stunden
nach Kafr el laith, den Hauptort von el Bahîre. Nur wenig oberhalb dieses
Ortes theilt sich der Nil in 2 Arme, welche das Delta bilden. Der rechte
Arm, dem Lauf nach gerechnet, geht nach Damiette, der linke, auf welchem
wir nun stromaufwärts fuhren, nach Rosette. Denn die Eisenbahn wurde
damals nur bis Kafr el laith befahren, und wir stiegen daher hier in ein geräumiges
Dampfschiff von 90 Pferde Kraft. Es soll deren 2 0— 30 geben,
welche nicht durch Namen, sondern nur durch Nummern unterschieden werden.
Der Tag war gleich dem vorhergehenden, den ich in Alexandrien zugebracht
hatte, sehr sehwül, der Himmel bedeckt, und 1 Mal fing es sogar
an zu regnen. Die Schwüle dauerte auch in der Nacht noch fort. Um 2 Uhr
Nachmittags frühstückten wir auf dem Dampfboot, um 8 Uhr Abends war
die Hauptmahlzeit, auf welche Thee oder Kaffee nach Belieben folgte.
Gegen 1 Uhr nach Mitternacht kamen wir an den Barrage. Hier ist ein
grossartiger, schön gemauerter Damm mit vielen Thoren, durch welche, wenn
das Wasser niedrig ist, dasselbe in verschiedene Kanäle geleitet, und dadurch
das Land nach verschiedenen Richtungen hin bewässert werden soll.
Dieser Damm ist auf Mehemed ’Aly’s Veranlassung von einem französischen
Ingenieur gebaut werden. Nachdem er an 20 Millionen Piaster gekostet
haben sollte, liess ihn Abbas Pascha wieder liegen, und theilweise selbst
abtragen. Damals war er so ziemlich wieder hergestellt, nur die Kanäle
noch nicht fertig. Ungefähr 1/2 Stunde davon ist ein zweiter Barrage für
den Kanal von Damiette; beide zusammen sollen an 9 Millionen Thaler
(d. h. 5 Fr. stücke) gekostet haben. Der Mahmudije-Kanal geht von Alexandrien
aus, und fliesst bei Atfe in den-Arm von Rosette. E r war damals
theilweise für den Waarentransport'von Alexandrien nach Cairo bestimmt;
jetzt mag diess wohl, seit die Eisenbahn bis Cairo vollständig im Gange
ist, aufgehört haben. — Durch Ungeschicklichkeit des Steuermanns und
Nachlässigkeit des Kapitains fuhren wir bei dem Barrage in eins der Thore;
Leute mit Fackeln mussten den Weg zeigen, und das Schiff ward mühsam
zurückgeleitet. Gegen 2 Uhr in der Nacht waren wir bei Schubra, und um
3 Uhr, nachdem wir mehrere Male auf den Sand gerathen waren, bei Bulaq.
Hier setzte ich mich in einen bereit stehenden F ia k e r, und fuhr durch die
breite, schöne Allee in die Stadt nach dem Hotel du Nil. Ich schlief ziemlich
lange, und machte erst am Nachmittag einen Besuch bei dem Missionar
Liedern, der mich anfangs ziemlich kalt und gemessen empfing, und erst
allmälig einigermassen aufthaute. Den Dragoman des Pr. Consulats traf
ich leider nicht zu Hause.
Ich miethete mir nun für die wenigen Tage meines Aufenthalts einen
Esel, dessen Besitzer, ein gutmüthiger Greis, stets hinterher lief, und sein
Thier zum Trabe antrieb. Die Esel von Aegypten werden schon früh daran
gewöhnt, und es war keine geringe Aufgabe für diesen schon hoch bejahrten
Mann, fast den ganzen Tag in der brennenden Sonnenhitze zu laufen, und
zwar in dem Ramadhän, den er als frommer Muhammedaner sehr streng
hielt, so dass er nicht nur nichts ass, sondern auch nicht einen Schluck
Wasser zu sich nahm, und von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auch
nicht ruhte; es gehört die Natur eines Aegypters dazu, um diess auszuhalten.
Ich gab ihm täglich 10 Piaster. Der Esel hatte ihm 1000 Pia-
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