
freundlichen alten Manne, der mir sogleich versprach, ein Boot für mich bis
nach Samawät, einem 2 Tagereisen weiter südlich liegenden Städtchen, zu
miethen. Auf Dr. Kestenberg’s Veranlassung hatte ich ihn darum ersucht,
weil dieser der Meinung war, dass ich auf solche Weise weit billiger dazu
kommen würde. Auch er forderte mich auf, diesen Tag noch in Diwanije
zu bleiben; doch entgegnete ich ihm, dass ich wegen des Winters, da man
keinen Tag vor Kegen sicher sei, meine Keise möglichst zu beschleunigen
wünschte. E r versprach mir, das Seinige zu thun, beeilte sich jedoch damit
nicht sehr, und ich erfuhr endlich am Nachmittag, dass ich erst den nächsten
Morgen weiter fahren könnte. So war ich nun doch genöthigt, das freundliche
Anerbieten von Dr. Kestenberg anzunehmen; und es war um so besser,
da ich die beiden vorhergehenden Nächte nur wenig geschlafen hatte,
und auch für die folgenden keine Aussicht zu besserer Nachtruhe vorhanden
war. Ich benutzte den Tag, mich in Diwanije umzusehen, das heisst,
auf dem ziemlich reich besetzten Basar mit dem Doctor umherzugehen, und
in einer Kaffeebude eine Pfeife mit obligatem Kaffee zu trinken, wie die
Orientalen sagen, liess meinen Diener Proviant für die Weiterreise kaufen,
und besuchte am Abend nochmals den Kaimakäm, welcher mir einen Empfehlungsbrief
an Wadi Bey von Abu Kereb mitgab, und mir dengemiethe-
ten Schiffer vorstellte, in welchem ich meinen bisherigen wieder erkannte.
Von Hille bis Diwanije hatte ich für meinen Platz in dem Boote 50 Piaster
gezahlt, von da bis Samawät hatte der Kaimakäm dasselbe Boot für mich
allein um 100 Piaster gemiethet. Ich bedeutete dem Schiffer, dass ich vor
Sonnenaufgang aufbrechen wollte, und er versprach mir auch, zu dieser
Zeit bereit zu sein. Später besuchten wir noch einen Secretär des Kaimakäm,
und legten uns dann zu Bette. Ich schlief in dieser Nacht so gut, wie
ich lange Zeit nicht geschlafen hatte, und machte mich frühzeitig fertig,
kam aber doch erst um 2 ^ Uhr arabisch fort.
Diese Stadt liegt an beiden Ufern des Euphrat, welche durch eine
Schiffbrücke verbunden sind, und soll gegen 2000 Einwohner haben,
worunter auch einige Juden sind.
Vor der Abfahrt hatte ich noch einen Streit mit meinem Schiffer, der,
ohne mich zu fragen, eine Frau und Kind, angeblich die Angehörigen seines
Bruders, und einen Knaben mitnahm, den er für seinen Sohn ausgab,
so dass ich meinen Jataghän (ein langes gebogenes Messer, dessen innere
Seite geschärft ist, ein Mittelding zwischen Dolch und Schwerdt, wie die
Fellah’s in Syrien und Palästina tragen) aus der Scheide zog, und ihn zu
durchbohren drohte, wenn er nicht augenblicklich abfahren, und mich von
allen überflüssigen Personen befreien würde. Um mich herum waren lauter
fanatische Schiiten, welche weit unduldsamer und erbitterter gegen die
Gjauren (Ungläubigen) sind, wie sie uns zu nennen belieben, als die ändern
Muhammedaner des türkischen Eeichs, die Sunniten. Jedoch ich hatte meinen
Bujuruldü in der Tasche, der Schiffer wusste, dass ihm, wenn ich mich
bei dem Kaimakäm beschwerte, die Bastonade ohne Weiteres bevorstand,
und ich kannte die Feigheit der Orientalen. E r erschrak, bat mich demü-
thig um Verzeihung, ich steckte mein Mordgewehr wieder in die Scheide,
und wir fuhren alsbald ab. Eine ähnliche Scene wiederholte sich den folgenden
Tag, und hatte gleich günstigen Erfolg.
Um Diwanije herum stehen viele Palmen, die wir auf der letzten Tagereise
fast gar nicht gesehen hatten. Weiterhin hörten sie wieder auf, von
beiden Seiten hatten wir die Wüste, nur dann und wann an den Ufern Tamarisken
und anderes Gesträuch. In Diwanije sind die Zimmer mit Balken
von Palmen gedeckt, die halb durchgeschnitten und auf die Kante gestellt
sind; auch feuert man dort mit Kohlen von Palmenholz.
| Ungefähr 1 — 1 % Stunde von Diwanije kamen wir bei dem Dorfe
Kumahije, und 1 Stunde später bei Chananije, am linken Ufer gelegen, vorbei.
Um 73/4 Uhr hatten wir am rechten Ufer Sora, um 10§|§ Uhr das
Grabmal des Imäm Hamza an demselben Ufer, und 5 Minuten weiter eine
Festungsruine aus Lehm erbaut, und Lemlüm genannt, hinter welcher ein
Dorf mit Palmen lag, dann-war wieder Wüste. Um 2 Uhr arabisch in der
Nacht sahen wir am rechten Ufer ein grosses Dorf mit Bad u. s. w., welches
ebenfalls Lemlüm genannt wurde, um 4 3/4 Uhr eine verfallene Festung,
Namens Behebb, und erreichten um 9 Vs Uhr arabisch (gegen 3 Uhr Morgens)
Abu Kereb am rechten Ufer gelegen, ein Dorf aus Strohhütten erbaut,
und von Arabern des Stammes Abu Charüb bewohnt, welche der genannte
Wadi Bey beherrschte, der sich der Eegierung unterworfen hatte. Wir
mussten hier ein kleineres Fahrzeug nehmen, da der Euphrat von da an
sehr seicht ist. Die Ursache davon sind die vielen Eeisfelder, welche durch
Gräben künstlich unter Wasser gesetzt werden, so dass man Stunden weit
rings umher nur W asser sieht, aus welchem nur hier und da einzelne Dörfer
als Inseln hervorragen. Aber weiter nach Samawät hin hatte der Euphrat
von selbst das flache Ufer überschritten, und eine grosse Fläche, auf welcher