
kann. Des Morgens, wenn die Luft noch kühl, und die Sonne in den von
allen Seiten eingeschlossenen Hofraum noch nicht gedrungen ist, trinkt man
par terre seinen Kaffee, und frühstückt daselbst. Dann aber begiebt man
sich in den bei jedem Hause befindlichen gewölbten Keller, welcher wohnlich
eingerichtet ist. In der Mitte desselben ist an der Decke durch eiserne
Haken ein grösser beweglicher Schirm von dünnem Zeug mit etwa 2 Hände
breit unten hervorragenden Franzen angebracht, welcher vermittelst eines
Strickes durch einen besonders dazu gemietheten Diener stets hin und her
gezogen wird, um die Luft in Bewegung zu setzen — den bewohnbaren
Kellerraum nennt man Serdäb d. i. (persisch) „kaltes Wasser“, den Schirm
aber benennt man mit dem indischen Ausdrucke „Banka“. — Hier nun verweilt
man die übrige Zeit des Tages, und isst Mittagbrod; gegen Untergang
der Sonne endlich begiebt man sich auf das platte Dach, wo man Abendbrod
isst, und den Abend, so wie die Nacht zubringt, indem man in leichten
Himmelbetten schläft, um die Insecten abzuhalten. Federbetten kennt man
in dem Orient nicht, man schläft auf einer mit ungebleichter Wolle gestopften
Matratze, und legt eine leichte Steppdecke über den Körper; unter dem
Kopfe hat man ein rundes lose gestopftes Kissen. Auf diese Weise hat man
in der Nacht von der Hitze fast gar nicht zu leiden, und auch am Tage wird
sie erträglich gemacht. Col. Kawlinson hatte sich ausserdem in seinem dicht
an dem Tigris gelegenen Garten eine Hütte von dünnen Balken bauen lassen,
zwischen welche grüne Reisser gesteckt waren, die fortwährend mit
Wasser besprengt wurden, so dass in dem Innern stets eine angenehme Kühlung
verbreitet war. Die Hütte hatte überdiess noch nach Art der indischen
ein doppeltes mit Strohmatten überdecktes Dach.
Neuntes Kapitel.
Reise von Bagdad nach Schiräs.
Unsere Reise sollte über Schiräs, Ispahän und Hamadän gehen, und
4 Monate dauern; die Abreise von Bagdäd wurde «auf den 25. Mai festgesetzt,
an welchem Tage Cap. Jones, welcher uns freundlichst mit zu nehmen
erbot, zum letzten Male das englische Dampfschiff nach Basra geleitete.
Dieses geht von dem October bis zum Mai alle Monate einmal dahin und
zurück, um die Verbindung mit Indien zu erhalten, von wo die grössern
Schiffe wegen der Seichtigkeit des Stromes nur bis Basra kommen können.
Am Tage vor unserer Abreise gab Col. Rawlinson zur Feier des Geburtstags
der Königin Victoria noch ein glänzendes Fest, zu welchem auch wir
mit eingeladen waren. ^ jD a s Bombardement von Odessa, welches kurz
vorher bekannt geworden war, hatte grosse Freude unter der ganzen Bevölkerung,
erregt, und der Pascha sofort nach dem Empfang dieser Nachricht
Col. Rawlinson einen Besuch abgestattet, und ihm seine ganze Militärmusik
zugeschickt, welche auf dem Hofe der Residenzschaft Siegeshymnen und
andere freudige Melodien spielen musste.
Nachdem wir uns mit Empfehlungsschreiben von dem persischen Residenten
in Bagdäd, dem man den Titel eines Gesandten giebt, und von Col.
Rawlinson, mit Kreditbriefen aber für die bedeutendsten Städte Persiens,
die wir zu berühren wünschten , von dem englischen Kaufmann Mr. Hector
versehen hatten, begaben wir uns Donnerstag, den 25. Mai — es war gerade
der Himmelfahrtstag — nach eingenommenem Frühstück auf das kleine
aber nett und reinlich eingerichtete Dampfboot the Comet, wo der liebenswürdige
Cap. Jones uns nicht allein freie Passage, sondern auch freie Beköstigung
an seiner Tafel gewährte, und selbst den Dienern streng untersagt
hatte, ein Trinkgeld von uns anzunehmen. Gegen 1 Uhr Mittags fuhren
wir von Bagdäd ab, und die Fahrt ging trotz des stets conträren Windes —