
Loftus anzuschliessen, welcher den Auftrag hatte, in der Nähe von Bagdad
und Mosul Nachgrabungen anzustellen.
Erst um 9 Uhr kamen wir fort, passirten nach 1 Stunde das Dorf Lati-
fije, und nach 2 Ys Stunden Teil Charnük, letzteres rechts, ersteres links
liegen lassend. Hier erwartete uns, oder vielmehr den Defterdar, der Vetter
des Scheich (Sohn seines Oheims) mit etwa 20 meist mit Lanzen und
Schwerdtern bewaffneten Beduinen, die sich uns und unserer frühem Eskorte
anschlossen. Nach etwa f/a Stunde kamen wir rechts an einem verlassenen
und zerstörten Dorfe vorbei, welches Teil Basch hiess*), t/2 Stunde später
bei Teil Schair, welches rechts liegen blieb, und nach 5 Stunden zu dem
Dorfe Teil Dschihän mit einer kleinen, neuen Festung, wo wir bei einem
Jäkobiten ein reinliches und besseres Gemach fanden, als wir in Nisibin
gehabt hatten. — Nördlich von Nisibin zieht sich von West nach Ost laufend
eine lange Gebirgskette hin, die wir auch in diesem Dorfe, noch vor
uns hatten, und T u r Abdin genannt wurde. Von da an südwärts bekennen
sich sämmtliche Christen zu der jakobitischen Kirche. Südsüdöstlich sieht
man von Teil Dschihän aus das Gebirge Sindschar, welches von Südwest
nach Nordost läuft, und 2 Tagereisen von Teil Dschihän entfernt ist. Diess
ist der Hauptsitz der Jesidi’s oder sogenannten Teufelsverehrer.
An diesem Tage waren wir fast stets in nordöstlicher Richtung in der
Ebene fortgeritten, die ersten 3 Stunden noch unter Regen, worauf sich der
Himmel einigermassen wieder aufklärte.
Mittwoch, den 7. December, ritten wir gegen 7 Uhr aus; das Wetter
war noch zweifelhaft, aber es war empfindlich kalt. Rechts vom Wege, nahe
dem nur etwa 1— 2 Stunden entfernten Tur Abdin, von wo unser jakobi-
tischer Wirth stammte, liegt */2 Stunde nordöstlich von Teil Dsehihän das
Dorf Merbab. Wir kamen nach 1 Stunde bei dem Dorfe Asnaur (Asnawur)
vorbei, welches rechts an der Strasse an einem Hügel liegt, und auf der
Spitze desselben ebenfalls eine Art von Festung hat, Etwa 1 Stunde später
wurde der Erdboden, der bis dahin ganz steinlos gewesen war, steinig; kleine
Basaltstücke lagen auf dem Wege, wie auf den Feldern rings umher, welche
mit kleinen Zwischenräumen bis nach Deruni Aki sich hinzogen. Wir durchritten
dann — bis hierher östlich, jetzt in südöstlicher Richtung fortgehend
*) Die Beduinen des Stammes T ay h a tte n k u rz v o rh e r 3 D ö rfe r in d e r Umgegend
von Nisibin ze rstö rt.
- einen kleinen Bach, dessen Namen ich nicht erfahren konnte, und kamen
■ Stunden nach unserm Ausritt durch ein kleines, verfallenes Dorf, ‘/8
■Stunde weiter durch einen Bach Dscherahi genannt, der gleich jenem von
K ü d nach Nord fliesst, und eine Mühle treibt, die am linken Ufer steht, —
■ seiner Nähe, vor und hinter ihm sind grosse Basaltstücke, andere Stein-
E t e n findet man hier gar nicht — nach abermals % Stunde Hessen wir das
■D o rf Kürdim (Gürdim) links liegen, und gelangten 1 Stunde später, uns
E r ie d e r mehr östlich wendend — wir hatten nach Anleitung unserer Bedui-
E e n wie sie sagten, aus Furcht vor den Kurden, die gewöhnliche Strasse
B re rla s s e n nach Deruni Kolenka, welches rechts von der Strasse auf einem
■ lü g e l liegt. Hier sahen wir neben dem Derfe eine Menge Beduinen ver-
B am m e lt, unter denen der gefürchtete Scheich Aly selbst war, ein Mann von
Betwa 50 Jahren mit ausdrucksvollem Gesicht, aber blasser Gesichtsfarbe,
B u n d anscheinend unwohl. In seiner Kleidung hatte er nichts, was ihn bes
o n d e r s auszeichnete. E r trug einen weissen Turban und emen braunen
■Schafpelz. E r trat zu dem Defterdar heran, küsste ihm die Hand, die er
■ d a n n nach orientalischer Sitte auf seinen Kopf legte, als ein Zeichen seiner
Bünterwürfigkeit, hob darauf einen Strohhalm von der Erde auf, und sagte
■¡hm, wofern ihm unterwegs nur so viel gestohlen werden würde, so solle er
K h u selbst (den Scheich) als den Dieb betrachten. Darauf verabschiedete er
■sich, und es blieben nur noch die 3 Beduinen, welche Mr. Boutcher sich
■ausgebeten hatte, und ein vierter für den Defterdar bei uns zurück. Unter-
■wegs erfuhren wir, dass Scheich Aly, weil er von dem Mutesellim von Dsche-
■ s ir e 50 Kaftane oder Ehrenkleider bekommen, die Expedition gegen diese
■ S ta d t aufgegeben habe. Uebrigens zahlen die Stämme Tay, Schemmar und
■ d ie meisten ändern Beduinenstämme der osmanisehen Regierung einen jähr-
W liehen Tribut; nur die Anese haben sich bis jetzt noch nicht dazu verstan-
ji den. Scheich Aly soll ausser den Ansässigen seines Stammes nur 800 Zelte
■ u n te r sich haben, ein anderer Zweig desselben Stammes aber aus mehrem
■Tausend Zelten bestehen. Von diesem letztem wurde mir gesagt, dass er
B in der Nähe von Bagdad hause. Diess ist aber unrichtig, da man dort von
B einem Stamme dieses Namens nichts weiss; derselbe findet sich vielmehr
■zwischen Erbil (Arbela) und Mosul, und soll auch über den Tigns nach
■Mesopotamien sich erstrecken. Wahrscheinlich geht er jedoch nur bis an
■ das linke Ufer des Tigris,- da das rechte von Mosul bis Bagdäd fast ganz
■ von den Schemmar eingenommen ist.