
einem langem schmalen Gewölbe bestehend, dessen Ende der Hochaltar
mit mehreren Gemälden einnimmt. Der Abendgottesdienst war einfach, und
bestand im Vorlesen der Liturgie durch den Maträn und die beiden Geistlichen
mit einfachem Gesang, woran die Gemeinde Theil nahm. Der Maträn,
Jöchanän, war erst seit 6 Monaten an dieser Stelle. Als Schammäs (Dia-
konus) hiess er Jusuf; dann war er 25 Jah re lang Qass (d. i. Qasis, Presbyter),
unter dem Namen Paulus, in Kerkük, und zuletzt ward er Maträn hier,'
wobei er den Namen Jöchanän erhielt; denn bei jedem neuen Grade wechseln
sie ihre Namen. E r hat noch einen zweiten Sitz in ’Ain Keba, etwa
1 Stunde von Erbil. Zu seinem Sprengel gehört noch Koi d. i. Eoi Sand-
schäq, Schakläwa und Rawendüs, welches letztere 1200 Häuser, unter diesen
aber nur 7 christliche, und zwar chaldäische, haben soll. Akra hat 600 Häuser.
Der chaldäische Patriarch, dessen Name stets Ju su f ist, wie der des
nestorianischen, Schimeon, hat eigentlich seinen Sitz in Rabban Hormuz
oder Elkosch, wohnt aber stets in Mosul, und wird von den Matränen und
aus ihrer Mitte gewählt; die Bestätigung erhält er von dem Papst. Die
übrigen chaldäischen Maträne sind Mar Petros in Diarbökir, ein Anderer in
Sert, ein Dritter in Sälmäs, ein Vierter in Amadije, ein Fünfter in Sannaa,
und endlich noch 2 Maträne in Elkosch und ein Reis ed deir, Abt des dortigen
Klosters.*) Maträn ist nur ein höherer Titel für den Bischof; er wird
aus den Qassän, den Presbytern seines Sprengels, gewählt, und.von dem
Patriarch bestätigt und geweiht. Der Maträn, bei dem wir wohnten, war
ein recht gutmüthiger, aber, wie es schien, sehr bornirter Mann, auch der
Patriarch soll ebenso beschränkt sein.
In der Nähe von Kerkük soll es wenig Leoparden, aber viele Gazellen
geben. Einen Gazellenjäger sah ich mit einer langen schön damascirten
Flinte, an welcher vorn nahe der Mündung des Laufs eine lange, mit eisernen
Spitzen, die vorn etwas gekrümmt waren, versehene, und durch ein
Chamier bewegliche Gabel war, um das Gewehr bei dem Schiessen aufstellen
zu können, und sicher zu treffen.
*) Ausserdem sollen deren noch Viele in Indien s e in , da a lle Thomaschristen nach
d e r Versiche rung u n se res Maträn zu dem kath o lisch en Glauben ü b e rg e tre te n seien. —
D ie chaldäische G e is tlich k e it, und zwar die höhere wie die n ie d e re , d a r f Fleisch essen.
Zur F a ste n z e it sind ihnen n u r F isch e und Vegetabilien e rla u b t.— Sie feiern Oste rn u. s. w.
m it den L ate in e rn . — Die Cha ld ä e r schreiben auch das T ürk isch e mit ihren L e tte rn , wie
die J a k o b ite n das Kurdische.
Kerkük wird in den alten Historien der Chaldäer (Syrer) Slüch (Seleu-
cia) genannt. H ie r . war eine grosse Christen Verfolgung unter Schapuh
(Sapores) II ., bei welcher an 150,000 umgekommen sein sollen. Unter
diesen waren viele Soldaten, die zu dem Christenthum übergetreten waren,
und darunter auch ein Verwandter .(Neffe?) des Schah Schapuh selbst
Namens Tahmaskert (Tahmasgerd), welcher als Märtyrer starb, und gleich
vielen Ändern in der ihm zu Ehren erbauten, und nach ihm genannten
Kirche beigesetzt wurde. Diese, 2 — 300 Jahr vor Muhammed erbaut, liegt
östlich von Kerkük, etwa 1/4 Stunde von der Stadt entfernt. Sonntag, den
25. März, gingen wir in Begleitung des Maträn zu dieser auf einem Kalk,
felsen liegenden Kirche. Sie ist mit einer Mauer umgeben, welche zugleich
den Kirchhof mit einschliesst. Auf demselben wächst von Natur eine Lilie,
die ich sonst nirgends gefunden habe. Sie Lat 6 Blätter mit 6 Staubfäden,
die rund um den Kelch sitzen. Man nennt sie Ward esch schehäde „Märtyrerrose,
oder Märtyrerblume“. Die Blätter sind unten violett, 3 von ihnen
sind in der Mitte roth, der übrige Theil, wie die ändern Blätter, weiss. Die
Kirche ist im Innern alles Schmuckes baar. In einer grossen Halle sind an
den Seiten die Gräber der Märtyrer, hinten an der Nordostseite der Hochaltar
öder die Stelle für denselben; rechts davon ist eine kleinere Halle
mit einem Altar und einem Taufbecken an der rechten Seite, links von dieser
Halle ein kleines finsteres Gemach, vielleicht ursprünglich zur Sakristei
bestimmt.- Die Gewölbe sind 5 — 6 Mal übertüncht, daher keine Spur
von alten Inschriften mehr sichtbar. — In dieser-Kirche wird nur an dem
Gedächtnisstage des Tahmasgerd und am Tage aller Seelen die Messe
celebrirt. *)
Aus dem Felsen entspringt eine Quelle guten Wassers, welches weiterhin
mehrere Mühlen treibt. Kalksteine werden fortwährend mit Pulver aus
dem Felsen gesprengt. Der Kirche gegenüber liegt die Tekijje, das Derwischkloster,
des Scheich Abdur rahmän, von dem Orden der Refai. Dieser,
ein grösser Christenfreund, suchte uns in unserer Wohnung auf, fasste meine
Hand, blies darauf, und sprach Segenswünsche über mich und mein
Haus aus. E r trug einen grünen Turban, war also ein Säid. Am Abend
*) loh fand hier ein kleines syrisches G ed ich t a u f den Mä rty re rto d des Tahmasgerd,
welches ich mir abschrieb. In Rabban Hormuz soll eine v o llstän d ig e E rz äh lu n g davon
aufbewahrt werden.