
Anweisung dort vorzufinden, wozu ich in Beirut die nöthigen Vorkehrungen
getroffen hatte, sah mich aber leider in meiner Erwartung bitter getäuscht,
da weder an mich, noch an den mir bezeichneten Kaufmann eine solche
gelangt war. Diese kam erst 3 Monate später nach Bagdäd! In dieser
peinlichen Lage nahm sich Mr. Brühl meiner auf das Zuvorkommendste und
Freundlichste an, indem er durch seine Bürgschaft Einen der beiden englischen
Kaufleute in Bagdäd veranlasste, einen Wechsel von mir auf London
zu acceptiren, so dass ich sogleich mit den nöthigen Geldern versehen war,
und an Einkäufe für die königliche Bibliothek und das Museum, so wie an
meine Studien denken konnte.
Ich hatte mich den Beschwerden und Gefahren der langwierigen Reise
nach Bagdäd hauptsächlich in der Absicht unterzogen, die Eeligionsseete
der sogenannten Johannisjünger aufsusuchen, und mir eine möglichst genaue
Kenntniss von derselben zu verschaffen. Da ich nun für den Augenblick
keine Gelegenheit zu Ankäufen fand, so erkundigte ich mich nach
dem Hauptsitz der genannten Secte, und erfuhr, dass dieser 8 Tagereisen
von Bagdäd in einem, den Beduinen vom Stamme der Montefik gehörigen
Marktflecken, Süq esch Schiuch „der Markt der Scheiche oder Greise“ am
südlichen Euphrat sei. Sogleich entschloss ich mich, dahin abzureisen.
Mein Weg führte mich über Hille, welches an der Stelle des alten Babylon
liegt. Dort hatte die französiche Expedition, welche unter Mr. Eresnel’s
Leitung ausgesandt war, um Untersuchungen über die Lage des alten Babel
und Nachgrabungen daselbst anzustellen, ein Haus gemiethet, und ich hatte
die Freude, mit Dr. Oppert, einem Mitgliede derselben, welcher die gründlichsten
Forschungen in dieser Beziehung gemacht hatte', bis dahin reisen
zu können.
Sechstes Kapitel.
Reise von Bagdäd bis Süq esch Schiuch.
Ausgerüstet mit allerhand Empfehlungsschreiben von Col. Rawlinson
und Ändern, auch mit einem Bujuruldü (Befehl) des Pascha von Bagdäd an
alle Unterbeamte des Paschaliks versehen, machten wir uns Mittwoch, den
11. Januar 1854 auf den Weg. In Bagdäd hatten wir fast immer gutes
Wetter gehabt, nur 1— 2 Mal hatte es während der 15 Tage meines Aufenthalts
geregnet. Auch diese Keise war von dem Wetter ziemlich begünstigt;
nur die Morgen waren empfindlich kalt. Mein gastfreundlicher Wirth, Mr.
Brühl, begleitete uns eine grosse Strecke; auch der französische General-
consul, Mr. Tavernier, zu dem Dr. Oppert noch ging, da seine Wohnung
am Wege lag, kam heraus, auch mir noch ein Lebewohl zu sagen. Wir gingen
über die äusserst gebrechliche, 250 Schritt lange Schiffbrücke in den neuen
Stadttheil von Bagdäd, welcher ganz von Palmen umgeben ist, und bestiegen
dort erst unsere Pferde. Nachdem wir uns von Mr. Brühl verabschiedet
hatten, ritten wir durch diesen Stadttheil nahe dem pyramidalisch erbauten
Grabmal der Sobeide, der ebenso schönen als ränkevollen und eifersüchtigen
Gemalin von Harun al Raschid vorbei, eigentlich dem einzigen noch
übrigen Denkmal aus früherer Zeit, welches rechts vom Wege lag. Weiterhin
zeigte man mir in der Ferne rechts einen Hügel, Teil Nimrud genannt.
Hierauf führte uns eine Brücke über einen Kanal des Tigris, und ich sah
seit meinem Ausritt von Maredin zum ersten Male wieder den Sirab, den
trüglichen Wasserschein, welcher von dem Reflex der Sonne auf dem kahlen
Erdboden gebildet wird. Nach 2 Stunden hatten wir rechts am Wege
einen verfallenen Chan, und frühstückten um l l 1/2 Uhr Morgens an dem
Chan As’ad, mit welchem gleich den ändern Chanen in dasiger Gegend ein
Dorf verbunden war. Bis dahin war es empfindlich kalt gewesen; jetzt
wurde es warm. Wir ritten, ohne dass ich es bemerkte, durch den längst
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