
hatte, zu Gold und Goldgeschmeide geworden. Darüber war sie sehr erfreut,
und fühlte sich glücklich in dem Besitz solcher Kostbarkeiten; er aber
wandte sein Angesicht von ihr ab. Sie fragte ihn, wesshalb er diess thue?
er erwiderte: diess Alles sei eitler Tand der Welt, woran er als Mann Gottes
keinen Gefallen haben könne. Sogleich sagte die Frau, dass sie dann
den Schmuck ablegen würde, und that es auch. Der Mann rieth ihr nun,
den Schmuck zu verbergen, und, wenn die alte F rau , von der ihm die sei-
nige gesagt hatte, wieder kommen würde, ihr denselben zu zeigen. Sie that
diess, und die alte F rau , welche nun einsah, dass durch Bestechung nichts
mit ihr anzufangen sei, ging fort, und liess sich nicht wieder bei ihr sehen.
Die jungen Leute suchten nun auf andere Weise die Frau aus dem Hause
zu locken, und gedachten sie dann gewaltsam mit sich fortzuschleppen. Sie
nahmen ihren Sohn, und warfen ihn in den Fluss. Diess wurde der Frau
gesagt, sie antwortete aber: ihr Mann sei ja dort in der Nähe, und werde
ihren Sohn schon wieder aus dem Wasser ziehen. Diess geschah auch, und
der Rösch ’amma, welcher sah, dass man seiner Frau auf alle Weise nachstellte,
beschloss Schuschter wieder zu verlassen. Vorher aber sah er eine
alte Frau seines Glaubens, welche ihm klagte, dass sie einem Tarmida schon
seit mehrern Jahren Geld gegeben habe, und jeden Sonntag immer wieder
Geld gebe, um durch ihn eine Abschrift des „grossen Buches“ anfertigen zu
lassen, damit sie darin lesen und sich erbauen könne; allein bis jetzt habe
er noch nichts geschrieben, und sie werde nun wohl sterben, ohne in dessen
Besitz zu gelangen. E r liess sich von ihr Papier geben, und überreichte ihr
schon nach Einer Woche das ganze Buch schön geschrieben, ohne dafür
eine Bezahlung anzunehmen. An das Ende des Buchs schrieb er seinen
Namen, so wie, dass er gekommen sei, die Bewohner dieser Stadt vor einem
wunderthätigen Seid zu retten, welcher sie hart peinigen würde; ihre Schlechtigkeit
und ihre Verdorbenheit nöthige ihn aber, nach seiner Residenz zurückzukehren;
doch werde er wiederkommen, wenn sie seiner bedürfen,
und nach ihm verlangen würden. Darauf verschwand er in einer Nacht,
und kehrte mit den Seinigen zurück. Den nächsten Morgen sandten die
Leute ihr Vieh zu ihm, fanden ihn aber nicht mehr, und waren sehr betrübt,
da unter seiner Obhut das Vieh so gut gediehen war. Einige Zeit darauf
kam der Seid aus Ispahän, und machte vor den Mandäern allerlei Wunder.
E r warf seinen Stock auf die Erde, und sogleich ward er zu einem Drachen,
einer Schlange, welche Feuer ausspie. E r hatte auch einen Löwen bei sich ;
wenn er zu diesem sagte: „Arslau,d.i. Löwe“, so kam er, und frass den Menschen,
welchen er bezeichnete. Endlich breitete er seinen Gebetsteppich
über den Fluss, sprang darauf, und verrichtete auf demselben sein Gebet,
ohne dass er untersank. Dadurch wollte er die Mandäer von der Wahrheit
seiner Religion überzeugen, und sagte ihnen: sie sollen ihm einen Mann
bringen, der es ihm gleich thun könne; wo nicht, so sollten sie Alle Muhammedaner
werden. Sie waren in der äussersten Bedrängniss; denn jeden
Tag kam er wieder, und erneuerte sein Verlangen. Sie nahmen sich nun
vor, mit ihm und den Moslemen Krieg zu führen, und sie mit Gewalt der
Waffen zu besiegen, zumal, da sie alle ihre heiligen Bücher aufschlugen,
und nichts darin fanden, was auf diese Noth hindeutend ihnen ein Rettungsmittel
an die Hand gab. Endlich nahmen sie auch das Buch jener alten
Frau zur Hand, und fanden am Ende desselben die darauf bezüglichen
Worte ihres von ihnen verkannten Rösch ’amma, worin sie auch bedeutet
wurden, nicht mit Gewalt gegen den Seid zu verfahren. Den nächsten Tag
sagten sie dem Seid, dass sie einen Mann unter ihren Glaubensgenossen
haben, der es ihm gleich thun würde ; er sei aber an einem ändern Orte, von
wo sie ihn erst holen müssten. E r fragte sie, wie lange Zeit dazu erforderlich
sei? worauf sie ihm erwiderten „40 Tage“. E r machte nun einen Con-
tract mit ihnen, den sie unterschreiben mussten, des Inhalts, dass, wenn
binnen 40 Tagen der Mann nicht erschiene und ihn besiegte, sie sämmtlich
zu dem Islam überzutreten sich verpflichteten. Sie sandten nun 2 Männer
aus ihrer Mitte zu dem Rösch ’amma, die ihn wegen ihres frühem Verfahrens
gegen ihn um Verzeihung, und zugleich bitten sollten, eiligst nach Schuschter
zu kommen. Diese brauchten 3 0Tage zu der Reise, und kamen, einsehend,
dass es nun zu spät war, ganz betrübt bei ihm an. Er beruhigte sie, und
sagte ihnen, sie sollten nur bei ihm ausruhen. So hielt er sie 9 Tage bei
sich zurück, und sie gedachten, nicht wieder zurück zu kehren. Am Abend
des 39sten Tages sagte er seiner F rau , sie solle einige Brode backen, und
etwas Kraut beilegen, welches er in ein Tuch wickelte. Dann nahm er auf
jeden Arm Einen der Beiden, und ging fort. Um Mitternacht waren sie bei
Huwaise, wo der Fluss sich zusammenzog, so dass er mit 1 Schritt darüber
schreiten konnte; 2 Stunden später war er in Disful, wo ein Gleiches geschah,
und, ehe der 40ste Morgen graute, hatte er Schuschter erreicht. E r
setzte die Männer ab, und sagte ihnen, sie sollen sein ganzes Volk zum
Morgen bei ihm vor der Stadt versammeln, und auch den Söi'd dahin citiren.
P k t e r m a n n , Reise im Orient. II. 8