
Zeit an ist er aber selbst dafür unverantwortlich.*) Viele Schgandi bleiben zeitlebens
auf tlieser Stufe stehen, und Jahja, mein Lehrer, ward, durch äussere
I mstande verhindert, erst nach seinem zwanzigsten, sein Schwager aber erst
nach seinem vierzigsten Lebensjahre zu der Priesterwürde erhoben.
Wenn ein Schganda sich dazu gemeldet h a t, und würdig befunden worden
ist, so bestimmt der Priester, bei welchem er die Prüfung bestehen will, die
Zeit dazu. An einem Sonnabend Nachmittag, vor Sonnenuntergang, begiebt er
sich zu diesem, und bleibt bei ihm die ganzen 67 Tage dauernde Prüfungszeit
hindurch, während welcher er den Namen (Titel) eines Schwalja führt. Den
folgenden Morgen, am Sonntag, erhält er die priesterliehe Kleidung, einen
vergoldeten Ring an den kleinen Finger der rechten Hand, worauf Schum Javar
Siva „der Name Javar Siva“ in mandäischer Schrift steht, und in die Linke den
Olivenstab. Von da an muss er 7 Tage und 7 Nächte wachend und betend, ohne
auch nur einen Augenblick schlafen, oder den Olivenstab ablegen zu dürfen,
mit dem Priester, welcher die gleiche Prüfung mit ihm durchmacht, zubringen.
Dadurch bereitet er sieh zu der darauf folgenden 60tägigen eigentlichen Prüfung
vor, während welcher er examinirt wird, ob er die heiligen Bücher und
die gottesdienstlichen Handlungen und Gebete genau kennt, aber grössere
Freiheit geniesst, schlafen darf und ausgehen, jedoch nicht zu seiner Frau,
wenn er verheirathet ist, und nicht bei einem Hause vorbei, in welchem ein
geschiedener Mann oder solche Frau, oder auch eine. Frau, die sich zum zweiten
Male verheirathet hat, wohnt. Nach Beendigung dieser Zeit erfolgt die Weihe
zu dem Priesterstande, bei welcher 7 Priester, davon jeder Einzelne aber auch
durch zwei Schgandi vertreten werden kann, zugegen sein müssen.**) Durch
die Taufe vor und die Communion in der Kirche, wobei diese Priester beten,
erhält er nun die Würde eines Tarmida, was eigentlich wohl so viel als Tal-
mida „Schüler“ ist, d. h. Schüler des Manda de hajje oder Hibil Siva, nach der
Auslegung der Mandäer aber Einen, der „reich an Wissen“ ist, bezeichnet.
Die in Wissen und Wandel Ausgezeichneten unter den Tarmidi’s können nach
ihrem Belieben früher oder später zu der Würde eines Gánsibra gelangen, d. i.
so viel als „Schatzmeister“, ein Solcher, der über dem Schatz, Ginsa, womit sie
„das gTosse Buch“ bezeichnen, steht, diesen ganz inne hat. Zu dieser Würde
ist nur eine kurze Prüfung erforderlich, und die Weihe muss eigentlich von
einem ändern Gánsibra ertheilt werden. Seine Function besteht gesetzlich nur
in dieser Einweihung und in dem Vorsitz bei der Trauung, die jedoch auch von
Tarmidi’s allein vollzogen werden kann. Wenn ein Mädchen, welches nicht
mehr Jungfrau ist, eine geschiedene Frau, odereine Wittwe sich trauen lassen
') Aueh bei den Muhammedanern wird ein K n abe m it dem 15. L eb en sjah re mündig,
a n d b is dabin werden ihm keine Sünden ung e re ch n e t. Bei den Ju d e n werden die
Sünden b is z a dem 13. L e b e n s ja h re d e r Kinder dem V a te r angerechnet.
' Vor 28 J a h re n , a ls in diesen L än d e rn die P e s t znm le tz ten Male so fu rch tb a r
wü th e ie , waren sämmtliche P rie s te r d e r Mandäer ansgestorben. N u r d ed -P rie s te r J a h ja
a n d sein Schwager waren die einzigen noch ü b rig g eb lieb en en Schgandi. Sie g rü n d e ten
sogleieh in Snq esch Schineh eine Schule zu r Bildnng v o n S c h g a n d i. und 1 J a h r d a rau f
machte J a h ja mit Hülfe von 13 än d e rn v o n ihm se lb st h e ran g eb ild e ten Scbg an d i, J e n e n
zum T a rm id a , worauf dieser ihm se lb st e rst die P rie ste rw ü rd e e rth e ilte . S p ä te r machte
J a h ja se inen Schwager zum O b e rp rie s te r. H a mittle rw e ile keine E hen vollzogen werden
kon n ten , so v e ra n ia s s te diess Viele ih re r Glaubensgenossen zu dem Islam ü berzutre ten.
will: so übernimmt diess kein Gansibra, und aueh ein Tarmida, welcher eine
solche Trauung vollzieht, ist von diesem Augenbliek an degradirt. Er darf
fortan keine andere geistliche Handlung verrichten, bleibt nur für solche Trauungen
bestimmt, und erhält den Namen Poiseq „ein Abgeschnittener“. Es hat aber
jederzeit Einen oder Mehrere solcher Priester gegeben, welche dann an alle die
Orte berufen werden, wo derartige Trauungen Statt finden sollen.— Die höchste
geistliche Würde endlich, die eines Patriarchen oder Papstes, ist die des Resch
’amma „Oberhaupt des Volks“, welcher zugleich als ihr weltliches Oberhaupt
angesehen wird. Ihre Fürsten, wenn sie deren hatten, mussten zugleich ihre
höchsten Priester sein, wie sie diess von Pharao behaupten. Gewöhnlich stellte
sich der Resch ’amma noch einen Gehülfen zur Seite, so dass oft 2 Resch ’ammi
(nicht, wie man erwarten sollte, Resche ’amma) waren. Jetzt haben sie keinen.
— Von diesen Oberpriestern behaupten sie, dass sie in vertrautem Umgang mit
den Göttern oder Engeln stehen, den Dämonen gebieten, und Wunder thun
können. Schon oben habe ich das Beispiel eines Resch ’amma erwähnt, welcher
durch die Rueha, als sie die Gestalt des Hibil Siva angenommen, täuschen
liess.
47) zu S. 257. Die Namen der verschiedenen MilitairChargen in dem persischen
Heere sind folgende: Ein gemeiner Soldat heisst^l v ... Serbas; ein Cor-
poral Sertschogha; ein Sergeant Wekil; der erste Sergeant
Wekil baschi; ein Portepee - Fähndrich Bairaqdär; ein
Capitaine d’armes Dewildär; ein Adjutant U b > ^ ( Adjutän; ein
Lieutenant ,_ o l j Näib; ein Hauptmann io 1... Sultän; ein Major Juwär;
ein Obrist ¿Lyß^ Serhenk; ein Brigadegeneral Serdib; ein Divisionsgeneral
^yo Mir pentseh; ein Marschall ^L o ^ J Mir tumän; der Generalissimus^!
£ Serdar; der Chef des Generalstabes Adjutän
baschi; der Kriegsminister jvLIaj ^jyo Mir nisäm.
Anm.48. zu S. 272. Die nähere Bestimmung dieses eigenthümlichen Scorpion’s
verdanke ich meinem geehrten Freunde, dem Hrn. Prof. Dr. Peters, Director
des königl. zoologischen Museums. Es ist ein Scorpio(Hemiscorpion) lepturus,und
gehört zu den Säugigen Buthus, eine neue Art, welche von allen ändern durch
ihren ausserordentlichen kleinen Stachel, 2 Tuberkeln am Grunde des Stachels;
und die cylindriseh verlängerte Gestalt der Stachelglieder subgenerisch verschieden
ist. Eine Abbildung davon hat derselbe in dem Aprilheft der Monatsberichte
der königl. Akademie der Wissensch. gegeben. Der Schwanz ist übrigens
nicht unbeweglich, wie ich nach den dortigen Angaben im Texte gesagt
habe. — Ein anderer Scorpion, den ich selbst in meiner Wohnung in Bagdad,
wo namentlich in der Küche zahlreiche Thiere dieser Art sich fanden, gefangen
habe, ist nach des Hrn. Prof. Peters genauerer Ermittelung ebenfalls eine noch
unbekannte Art, und hat die grösste Aehnlichkeit im ganzen Bau mit Andro-
ctonos funest.us, nur ist die Färbung ganz dunkel schwarzbraun und das Basalglied
der Scheeren weniger aufgetrieben. Die übrigen Insecten aus der Umgegend
von Bagdad, welche ich von Herrn Dr. Duthieul erhalten, und dem
k. zool. Museum übergeben habe, hat Hr. Dr. Gerstaecker die Güte gehabt,
mir zu bestimmen. Es sind folgende:
P e t e r m a n n , Heise im Orient. II. 3Q