
theils in der Festung, theils in dem alten Serai, theils in Privathäusern
untergebracht werden. In der Festung sind noch gegen 8 Kanonen. Damals
waren die regelmässigen Truppen sämmtlich zu dem Heere abgegangen,
und nur noch Baschbosuks lagen hier. — Westlich von Märedin, und nahe
der Stadt, ist ein einziges armenisches Dorf; sonst finden sich nur Muhammedaner
in der Umgegend und, namentlich östlich, Jakobiten.
Auch in Märedin, wie in Häleb, Orfa, Diarbekir, Mosul und Bagdad,
finden sich die boutons; aber auch hier zeigen sie sich auf dem Gesichte nur
bei den Eingeborenen und den Türken, bei allen Europäern dagegen an
Händen und Füssen, und auch an der Brust.
Südlich von Märedin sieht man in die lange, weite Wüste, durch welche
der Fluss Chabur, der Chaboras der Alten sich hinzieht, an dem der Prophet
Ezechiel seine Visionen hatte. Hinter demselben ist der Dschebel Abd el
Asis, ein Gebirge, welches von Ost nach West bis in die Gegend des Qa-
radseha Tagh geht. Zwischen diesem aber und dem Dschebel Abd el Asis
ist eine 2 Tagereisen breite Ebene. Oestlich von dem Dschebel Abd el Asis,
aber 1 Tagereise weiter, kommt die Bergkette des Dschebel Kaukab, die
bis nahe dem Dschebel Sindschar sich erstreckt; jedoch liegt abermals eine
1 Tagereise breite Ebene zwischen beiden. Der Dschebel Sindschar geht
bis in die Nähe von Eski Mosul. — Nördlich von Märedin ist das Gebirge
Dschebel Tür, ganz von Jakobiten bewohnt, welche mit Märedin beginnen;
weiterhin östlich und nördlich sind die Nestorianer. Oestlich schliesst sich
an das Gebirge Muqallebat eine Bergkette an, die sich bis Nisibin ausdehnt,
und zuerst Dschebel Taemerlenk (Timurlenk?), dann'Dschebel Kalenderän,
und zuletzt Dschebel Omarjän oder Omerjän genannt wird; der letzte Name
wird theilweise auch der ganzen Gebirgskette gegeben. Westlich von Märedin
ist noch das Gebirge Dschebel Loeghf, hinter diesem Dschebel Dereke,
und noch weiter westlich Dschebel Chleile.
In Märedin wurde früher lebhafter Handel mit Arbeiten in Seide,
Wolle und Leder, namentlich rothem Leder, getrieben; aber in der neuesten
Zeit hatte dieser, wenn auch nicht in dem Masse wie in Diarbekir, wo er
fast ganz aufgehört hat, bedeutend abgenommen, und nur in dem letzten
Artikel (Leder) werden noch einige Geschäfte gemacht. :-r~ In der Nähe von
Märedin giebt es viele Eichen, und hier, wie in dem Libanon, so wie auch
bis nach Persien hin, werden die Eicheln gekocht und gegessen. Ich fand
hier gute Weintrauben, aber keine Aepfel; auch hatte man einen Samen,
B iis b e r a genannt, welcher als Gemüse gekocht, und dessen Kraut als Salat
■ braucht wird. In dem Hofe des Klosters fand ich eine der Aster ähnliche
^B lum e Chindkjär genannt, die aber nicht wild wuchs, sondern gesäet war.
■ Vor Märedin wie vor Häleb sah ich Ochsen zum Lasttragen gebraucht,
fund von Märedin ostwärts wurde mit Mauleseln gepflügt.*) Zu Märedin
B o lle n gegen 2000 Dörfer gehören. Die Namen der einzelnen Districte von
■Märedin sind folgende: Medjad, es Sor, es Serakdsche, Scheichanije, Dem-
belije, Dschebel Afs, Surkije, el Kikije, Deunedije, Chawäs, Melije, Taqo-
B i j e (in welchem Amüda liegt), Dara, Omerjän, el Bubeläna, el Mirsinije,
Iß in a r Ali, Nisibin, el Bunasrije, Schemmelije, el Alakije, Huqri, Tai, Schi-
J d ije , Laljän (el Aljän? wozu 300 Dörfer gehören), el Chors, Ain Mischmusch,
■Qosar, Horrin, Seitunät, Tchum, Asnaur (Asnawur). Diess sind die Agha-
wät von Märedin, welches, gleich Dschesire, unter dem Pascha von Diar-
B>ekir steht. Früher gehörten sie unter Bagdad, seit der Unterjochung des
■Kurdenhäuptlings Bedr Chan Bey wurden sie aber von diesem Paschalik
■getrennt.
Wir waren so glücklich, in Märedin noch die Karawane zu treffen,
■welche wir einzuholen wünschten. Die Hauptperson derselben bildete der
■ neu ernannte Defterdär (Ober-Steuereinnehmer) von Bagdad, welcher im
■ Begriff war, nach seinem Posten zu reisen. Es war auch ein Levantiner da-
■ bei, von holländischen Eltern in Smyrna geboren und erzogen, Namens
■Ferchen, welcher als Agent eines grossen Handelshauses von Beirut, Me-
■ dauer & Comp., ebenfalls nach Bagdad reiste, und sich kurz vor seiner Abreise
■ dort verheirathet hatte. Seine junge Frau machte die Reise in einem Tacht
■rewän, d. i. einer Art breiter Sänfte mit Glasfenstern, die von 2 hinter ein-
I ander gehenden Maulthieren getragen wurde; auch der Defterdär, ein schon
■ bejahrter Mann, liess sich auf dieselbe Weise fortbringen. Wegen der Un- 1^ | Sicherheit der Strasse war es uns sehr erwünscht, dass wir uns dieser Kara-
[ wane anschliessen konnten, da vorauszusehen war, dass der Defterdär nur,
I wenn er sich ganz gesichert wusste, die Reise unternehmen würde. Wir
■ -erfuhren hier auch das Nähere über den Aufstand der Kurden und Beduinen,
I welche theils die Abwesenheit der Truppen benutzen wollten, um das tür-
I kische Joch, dem sie sich nur theilweise und mit grossem Widerstreben
*) D e r W in te r b eg in n t in Märedin mit dem Monat D e c em b e r, nnd d au e rt etwa
i 3 Monate, ln d e r Mitte des December fängt es gewöhnlich an zu schneien.
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