
noch fortdauerte, aber sich dann mehr nach Westen wendete.1 Es war am
Morgen sehr kalt, und blieb es auch den ganzen Tag über. Nach 1 Stunde
kamen wir an das ebenfalls ganz verlassene Dorf Gemergö oder Kemerke,
dessen Häuser auch offen standen. Bei diesem, wie bei allen folgenden fliesst
ein Bach, dergleichen wir auch sonst noch viele am Wege fanden. Alle
diese gehen nach. Süden, und ergiessen sich in den Chäbur, der wieder in
den Euphrat fliesst. Gegen 11 Uhr kamen wir an das Dorf Düne, Stunde
später an Teil es scha'ir („Gerstenhügel“ ), gleich allen ändern auf einem
Hügel liegend. Von da aus gehen 2 Wege, deren einer rechts nach dem
Gebirge zu und nach Asnawür führt, der andere, den wir verfolgten, geht
gerade aus nach Nisibin, welches wir um 4 '/2 Uhr erreichten. Viele Dörfer
liegen malerisch umher auf einzelnen Hügeln, namentlich der Bergkette von
Maredin zu. Ehe wir nach Nisibin gelangten, katnen wir bei Kaiserin vorbei.
Bei Kemerkö - sahen wir die ersten Amaryllis, und bei Nisibin eine
schöne Adonis.50) Wir ritten über die steinerne Brücke an der linken Seite
des unbedeutenden Städtchens hinauf, und stellten unser Zelt auf einer
Wiese, links von einem Bache, einem Arme des Mygdonius, auf. An diesem
Tage waren wir öfter über kleine Flächen geritten, die mit Basaltstücken
übersäet waren.
Wir gingen sogleich nach der alten Kirchenruine, welche nahe bei
unserm Lagerplatze war. Der Weg dahin und weiter ist sehr steinig, holperig',
beschwerlich, und mit Malven u. s. w. dicht überdeckt.D' ' Die Kirche war
die des heiligen Jacobus Nisibenus, von grossen Quadersteinen erbaut, die
oben auf der Südseite Kreuze bilden. Unten halb verschüttet sieht man auf
der West- und Südseite 4 kleine Bogen-Fenster und Thüren mit sehr mannigfaltigen,
fast überladenen Verzierungen. Zwischen diesen ist in der Mitte
ein Bogen, unter welchem eine griechische Inschrift ist, die ich leider nicht
ganz lesen konnte. Man geht an der Südseite auf mehrern Stufen hinunter,
und kommt zuerst in eine 61/2 Schritt breite und 13 Schritt lange oben
offene Halle. Durch eine halb verschüttete Thüre gelangt man in einen
sehr kleinen Kaum, und links durch eine andere Thüre in eine kleine
Kirche, an deren östlicher Seite der Hochaltar stand; im Westen, Wo man
hineintritt, ist ebenfalls eine Vertiefung, Nische, worin das Taufbecken ehemals
gestanden haben mag. Das Ganze, wie es jetzt steht, ist an der Nord-
und Südseite 25, an der Ost- und Westseite 35, Schritt lang. Man sieht
aber, dass es nach Süden hin eine grössere Auflehnung hatte, was vielleicht
die Aussage unsers christlichen Führers bestätigt, dass die Kirche, ursprünglich
aus 3 Abtheilungen bestand. Von dem Raume, in welchem der Hochaltar
stand, gelangt man in einen ändern, wo ebenfalls östlich ein Altar gewesen;
jedoch ist dieser Theil augenscheinlich neuern Ursprungs, angebaut
an den erstem, dessen schön verzierte Thüren dadurch theilweise vermauert
sind.*) Dieser Theil ist ohne alle Verzierung. Hier ist der Eingang zu dem
Grabe des St. Jacob, bestehend in einem l eer en marmornen Sarkophag,
der vermuthlich von Muhammedanern an der Seite aufgehauen ist. Der
Deckel scheint vorn ein goldnes Kreuz gehabt zu. haben, dessen Vertiefung,
so wie die Stellen der Nägel noch sichtbar sind. Wahrscheinlich ist die
Kirche durch Erdbeben zerstört worden; diess erhellt nicht allein daraus,
dass sie etwas eingesunken ist, sondern man sieht auch Quadersteine halb
heruntergefallen, und die einzelnen Bogen correspondiren nicht mit einander;
der eine ist mehr gesunken als der andere. Die Dachwölbung über dem
ersten Raum von Süden, in der Mitte 'ausgebrochen, ist von Backsteinen,
die über dem zweiten von Sandstein mit Kalk verbunden. )
Weiterhin nach Südost sieht man noch die Reste eines Säulenganges
mit Eingang von Osten, an der Südseite steht nur noch 1, an der Nordseite
4 Säulen,' ohne Kapitäl. Diess war wahrscheinlich der Eingang zu einem
heidnischen Tempel. Weiter nach Südost ist die Ruine eines Qasr (Festung)
aus neuerer Zeit.
In Nisibin ist 1 Moschee mit 1 Minaret, die Einwohner sind grössten-
theils Muhammedaner, und zwar theils Araber von dem Stamme Tay, theils
Kurden. Außerdem sind hier noch 15 chaldäische, 10 armenisch-katholische,
3 - ^ 4 syrisch-katholische, 50 armenische alten Glaubens, 20 syrische (jakobitische)
und etwa 50 jüdische Familien. Der Kirche des St. Jacob gegenüber
ist das Grab von Mar Sergis (Sergius), jetzt heisst es Zem ul Abedln.
Etwa 20 Schritte nordöstlich von der Kirche sind 2 Säulen, zwischen denen
ein Brunnen ist, der aber jetzt kein Wasser mehr hat. Es findet sich m
*) Die Ost- und Südseite davon is t.e b e n fa lls alt, a b e r an d e r Südseite is t eine neue
H au e r m it Wölbungen an g eb ra ch t, die jedoch auch schon theilweise_ durch E rd b eb en
(?) z e rs tö rt worden ist. D ie Nordseite m it 4 Bogen u n d der Mauer d ah in te r is t von dem
V a te r des je tz ig en Scheichs der Tay e rb a u t worden, d e r den Christen seh r geneigt war,
der je tz ig e is t es nicht.
**) D e r chaldäische Maträn Ig n a tiu s in Maredin soll eine Geschichte dieser Kirche
besitzen, in welcher gesagt ist, dass sie früher ein h e idnischer Tempel gewesen seil