
hier aus zu Wasser, den Euphrat hinunter bis nach Süq esch Schiuch, dem
Zielpunct meiner Reise. Ein Boot, welches nach Diwanije ging, nahm mich
auf. Schon vor Sonnenaufgang sollte die Fahrt vor sich gehen; aber nach
orientalischer Sitte kamen wir erst gegen Mittag fort, nachdem der Schiffer
einen bedeutenden Theil des bedungenen Fahrgeldes durch dringendes Bitten
von mir erpresst hatte. Das Boot war breit und tief, hatte auch ein
Segel, welches aber wegen des widrigen Windes nur selten aufgespannt
werden konnte. Der Schiffer hatte 4 Leute, welche abwechselnd ruderten,
da der Euphrat meist sehr breit und flach ist, und in der grossen Ebene nur
langsam fliesst, so dass sie jeden günstigen Luftzug benutzten, um das Segel
aufzuspannen, was mit vieler Ungeschicklichkeit geschah, auch das Fah rwasser
fortwährend aufsuchen mussten, um nicht stecken zu bleiben. Dennoch
erfolgte diess einige Mal, und dann mussten die Ruderer in das Wasser
springen, um das Boot, welches unten spitz zu und tief in dem Wasser ging,
wieder flott zu machen. An eine Kajüte war natürlich nicht zu denken; auf
den Querbalken des Schiffraumes breitete mein Diener mein Bette aus, mein
Gepäck lag neben mir, und vor mir die Kantine, die Kiste mit dem Küchen-
geräth, die mich so beengte, dass ich die Füsse nicht ausstrecken konnte,
daneben der Manqäl oder Heerd, auf welchem mein Diener kochte. Mit
mir reiste ein Jüsbaschi (Hauptmann) mit seinem Harem, der durch einen
grossen und breiten Hühnerkäfig von mir getrennt war. Die Fahrt war
ziemlich einförmig und langweilig; dürres Dorngesträuch bedeckte die
grosse, flache Wüste, die nur hier und da von kleinen schiitischen Dörfern
unterbrochen wurde — denn südlich von Bagdad, den Euphrat hinunter,
wohnen fast nur Schiiten, deren heilige Oerter in der Nähe von Bagdad und
Hille liegen. Die Namen der Ortschaften, welche wir passirten, gebe ich
hier wieder, wie ich sie von der Schiffsmannschaft gehört habe. 1 Stunde
nach unserer Abfahrt sahen wir am rechten Ufer ein kleines Dorf, Doläb
genannt, 1j.2 Stunde weiter Sädeh an beiden Ufern gebaut, wieder t/2 Stunde
von diesem entfernt Fenära Umm el Haläb, am linken Ufer, jedoch nicht
dicht an demselben; 1 Stunde später kamen wir bei Deblo, am linken Ufer,
vorbei, dem gegenüber am rechten Husein liegt. Nach abermals 1 Stunde
war am rechten Ufer Bsaire, am linken Germäne, kurz darauf am rechten
Dschenädsche, am linken Jäsije, und dann Erwäschid. Eine Viertelstunde
von Dschenädsche sahen wir an demselben Ufer Dschedeide (Neudorf) in
2 Abtheilungen nach einander, i/g Stunde später am linken Ufer Medschidije,
welches wie Jäsije und Erwäschid auf einer Insel liegt, und am rechten
Ufer Häschmije; Stunde davon Scherüfa, ein langes Dorf auf beiden
Ufern, weiterhin am rechten Ufer Alaune, »/* Stunde weiter am linken Ufer
Alläk. Ein und eine halbe Stunde darauf kam am linken Ufer Cheikän,
und später Suleimanfje. Es war schon spät am Abend, als wir dahin gelangten,
daher ich von diesem und den weitem Ortschaften, an denen wir
noch vorüber kamen, nichts gesehen habe, aucfl die Namen der letztem
nicht anzugeben weiss. Ich hüllte mich in meine Bettdecke ein, liess mein
Zelt über mich ausbreiten, um die kalte Nachtluft und den Morgenthau von
mir abzuwehren, und schlief nur wenig, theils wegen des unbequemen L a gers,
theils wegen der Kälte, theils endlich, weil die Schiffsleute, wie ich
bemerkte, lauter Diebesgesindel waren. Mittwoch, den 18. Jan u a r, kamen
wir um 2 1/2 Uhr arabisch bei Schurür vorbei, welches am linken Ufer liegt,
ihm gegenüber am rechten ist Lebäche, */2 Stunde später sahen wir am
linken Ufer Cheschcheschije, l/2 Stunde weiter am rechten ein zweites
Suleimanfje, und um 4 Uhr ein drittes Dorf desselben Namens, f ö Stunde
weiter lag am rechten Ufer el Chidhr, ^/2 Stunde später Dechara am rechten
Ufer, und an dem gleichnamigen Kanal oder Arm des Euphrat, Nahr el
Dechära gelegen. Um 6 Uhr kam am rechten Ufer Serufije, gleich darauf
Huseinfje an dem gleichnamigen Kanal. Um 71/4 Uhr gelangten wir an
eine Stelle am rechten Ufe r j welche die Schiffer el Bu hed nannten, eine
Ortschaft war aber an derselben nicht zu sehen, und um 9 ]/4 Uhr kamen
wir bei Abu Sär am rechten Ufer vorbei. Ungefähr um 11 Uhr fränkisch
in der Nacht erreichten wir endlich Diwanije. Wir übernachteten am Bord,
und Donnerstag, den 19., begab ich mich sehr früh zu Dr. Kestenberg, einem
Deutschpolen und Arzt an dem dortigen Hospital, an welchen mir Dr. Oppert
ein Empfehlungsschreiben mitgegeben hatte. E r war erst seit 6—7 Monaten
dort, und hatte niemand, mit dem er sich unterhalten oder recht verständigen
konnte, da er das Arabische gar nicht, und das Türkische noch sehr mangelhaft
sprach. Desshalb war er ebenso erfreut als ich , dass wir mit einander in unserer
Muttersprache plaudern konnten. E r liess meine Sachen im Thore der
Kaserne bei der Schildwache unterbringen, und forderte' mich auf, die Nacht
bei ihm zu bleiben. Ich schlug es dankbar aus, da ich baldmöglichst weiter
wollte, war aber doch zuletzt genöthigt, es anzunehmen. Auf seine Veranlassung
ging ich mit meinem Bujuruldü von dem Pascha von Bagdad zu
dem Kaimakäm (Obristlieutenant), dem Commandanten des Orts, einem