
U e b e r d ie H o s p i tä l e r in D am a scu s.
1) D a s H o s p ita l d e r a u s s ä tz ig e n C h ris te n .
Dieses liegt in dem nordöstlichen Theile der Stadt, dem Cbristen-Quartier,
und zwar in dem Stadttheil, welcher unter dem Namen Mazbak-el-Berranieh
bekannt ist.
Trotz allen angestellten Nachforschungen habe ich doch die Zeit der Gründung
dieses Hospitals nicht ermitteln können. Die besten Chronologen von
Damascus sind der Meinung, dass diese in sehr frühe Zeit falle, und selbst bis
zu der Gründung der Stadt zurückgehe, so wie auch dass dieses Hospital von
Anfang an an derselben Stelle gestanden habe. Wie dem auch sei, so scheint
diese Annahme wenigstens zu beweisen, dass der Aussatz in diesem Lande
uralt ist.
Mit Ausnahme des Eingangs (Portals) und der Mauer, die sich an der
Strasse hinzieht, kann das Gebäude kaum ärmlicher und einfacher sein. Der
Hof ist ein Parallelogramm, circa 35 Schritte lang und 15 Schritte breit. Man
zählt in dem Hause ¿¡7 Zimmer, von denen 19 auf ebener Erde liegen. Es findet
sich hier auch ein Brunnen mit sehr gutem Wasser und ein Bassin fliessenden
Wassers. Von der Strasse aus gesehen giebt das Gebäude einen viel bessern
Begriff von seinem Zustande, als wenn man es genauer in der Nähe betrachtet.
Kaum ist man in den Hof eingetreten, und hat das Innere der kleinen, dunkeln,
von den Aussätzigen bewohnten Zimmer gesehen, so ist die Illusion vollständig
verschwunden. Man findet enge Winkelchen, meublirt mit einer zerrissenen
Strohmatte, mit einigen schlechten zerrissenen Lagerstätten, welche die Stelle
der Divans vertreten, auf denen die Kranken sich hingestreckt haben, die nicht
mehr die Kraft besitzen auszugehen, und auf welche die Kräftigem sich legen,
nicht bloss während der Nachtzeit, sondern auch bei empfindlicher Kälte oder
Hitze am Tage.
Das Hospital hat einen Verwalter, welcher folgende Pflichten übernommen
hat: Er sammelt die Almosen, kauft die Vorräthe ein; und, wenn, was oft
geschieht, die Gaben der Liebe nicht ausreichen, so ist er verpflichtet, den
Libanon und andere Gegenden Syriens zu bereisen, um Einsammlungen für das
Hospital zu veranstalten. Er wählt gewöhnlich die Erntezeit, um den Hauran
zu durchstreifen; denn dann werden die Almosen in natura gegeben, und
bestehen fast immer aus Waizen und Gerste. In dieser Gestalt sind sie für die
armen Landbewohner viel leichter, da bei ihnen das Geld stets selten, und übermässig
geschätzt ist. In diesem Vorrecht besteht die ganze Superiorität-des
Hospital-Inspeetors; er ist einfach der Oekonom desselben, ein Mann des Vertrauens,
und hat keine Autorität über jemand ausser den 2 Dienern, welche nicht
mit dem Aussatz behaftet sind, und bezahlt werden, um die lästigste und mühsamste
Arbeit zu verrichten.
In diesem Hospital werden Christen aller Secten aufgenommen. Die Formalitäten
der Zulassung bestehen in einem Certificat von dem Priester des Orts,
in welchem ider Kranke wohnt. Dieser wendet sich mit dem Attest an den
Oekonom, und wird sogleich aufgenommen. Aber, da man keine Magazine, und
folglich auch keine Strohmatten, noch Betten für die neuen Ankömmlinge hat,
so ist man genöthigt, die Güte der Nachbarn in Anspruch zu nehmen, von dem
Einen eine Matte, von dem Ändern eine Matratze, von dem Dritten ein Kissen,
als Oreiller (Kopfkissen), und selbst Kleider zu erbitten. Denn diese Unglückliehen
verlassen in der Regel erst dann ihren Wohnort, wenn die äusserste Noth
sie heraustreibt. Das Hospital erhält Aussätzige von fast allen Theilen des Gebirges;
aber Zahlé und das Dorf El-Khoura bringen weit mehr als alle ändern
Ortschaften.
2) Das H o s p ita l d e r a u s s ä t z ig e n M u h am m e d a n e r.
Dieses liegt ausserhalb der Stadt an einer von Bäumen umgebenen Stelle,
was ihm ein ziemlich gutes Ansehen giebt, sofern man nicht hineintritt. Es
ist den Arabern bekannt unter dem Namen Bait-el-Aateleh barrat-el-bab charg-
hieh d. i. „das Haus der Aussätzigen ausserhalb des östlichen Thores“.
Die Tradition sagt, dass Giezi (Gehasi), der Diener des Propheten Elisa,
es etwa 900 Jahr vor Christo gegründet habe, nachdem er zur Strafe für seine
Habsucht (2 Kön. 5, 27.) sich den Aussatz von Naeman, dem Minister (Feldhauptmann)
des Königs von Damascus zugezogen hatte. Zum Beweis dafür
zeigen die Araber sein Grab. Juden, Christen und Muhammedaner stimmen
in dieser Ansicht überein.
Das Gebäude besteht aus schlechtem, verfallenem Gemäuer von Lehm, und
ist eben so ärmlich als das der Christen. Es hat ein Bassin mit fliessendem
Wasser, und 27 Zimmer, sämmtlich zu ebener Erde.
Der Oekonom dieses Hospitals ist ein Christ. Er wohnt seit 10 Jahren mit
den Aussätzigen zusammen, ohne von ihnen angesteckt zu werden. Die Einkünfte
sind nicht bestimmt, und fliessen ebenfalls aus Sammlungen und Almosen.
Die Regel der Zulassung ist wie in dem christlichen Hospital. Der Kranke
lässt sich eine Bescheinigung von dem Scheich seines Wohnorts geben, muss
aber, um aufgenommen zu werden, 40 Piaster (2*/« Thlr.) entrichten.
In beiden Hospitälern wird kein Register über den Eintritt oder Tod der
Individuen geführt; ich spreche nicht von dem Austritt, denn man weiss nicht,
dass ein Einziger geheilt zurückgekehrt sei. — Dieses Hospital erhält Aussätzige
von mehrern Districten Syriens, aber das Thal der Bekaa, und die Umgebungen
von Saphet liefern die Meisten.
U e b e r den A u s s a tz .
Der Aussatz zeigt 3 Abstufungen, welche leicht zu erkennen sind:
1) Man bemerkt weisse Flecken (tâches) von der verschiedensten Ausdehnung,
ohne Schmerzen, mit oder ohne Verstopfung (engorgement). Das Gewebe
der Haut kann vollständig afficirt sein ; denn es geschieht oft, dass der Bart und
sämmtliche Haare verschwinden, um niemals wieder zu kommen; zuweilen ist
aber auch bloss die äussere Schicht afficirt.
2) Die Haut wird zerstört (se désorganise), die Beulen gehen in Eiterung
über, jede einzelne derselben wird zuerst von einer verlängerten Spitze begränzt,
von wo aus ein bräunlicher oder gelblicher Eiter durchsickert; später verschwindet
diese Spitze, die Verschleimung wird unterdrückt und schwärt (s’ulcère).
Die Meisten dieser Geschwülsten zeigen die Grösse einer Mandel oder dicken
Nuss, ihre Zahl ist zuweilen so gross, dass das Gesicht davon ganz bedeckt
und entstellt ist.
3) Der Aussatz ergreift tiefer liegende Theile ; geschieht diess im Gesicht,
so werden die Muskeln zerstört; ist es an den obem oder untern Extremitäten,
so verfallen die Finger in vollständige Eiterung, die Haut springt auf, die Sehnen
erschlaffen, schwären, lösen sich ab in der Gestalt von weisslichen oder gräuli-
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