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der Gattung Calamns, welche die Stelle der liaiiptsäcliliclisteii
Lkneii der neuen Welt vertritt. Aufserordentlicli
grofs möchte die Artenzahl dieser Rohrpalmen sein, welche
in den Urwäldern Hinter-Indiens und auf allen Inseln
des Indischen Archipelagus in so grofsen Massen auftreten.
Viele hundert Fufs lang, steigen sie auf die Gipfel
der höchsten Bäume, oft äufserst dünn und glatt, oft
dicker und mit glänzenden Stacheln besetzt; vergebens
sucht man nach den Enden dieser rankenden Stämme,
denn sie steigen von einem Baume zum anderen, oder
sie kehren ohne Stütze zurück, um von der Erde aus von
Neuem ihren aufsteigenden Gang zu wiederholen. Ja diese
langen Ranken verflechten sich gegenseitig, oft ganz regelmäfsig,
dafs sie wie Ankertaue erscheinen, mit welchen
die nebenstehenden Stämme verbunden sind, und umsonst
versucht sich die Kraft des heftigsten Orkans an solchen
festverbundenen Pflanzenmassen; ja selbst einzelne Stämme
können verfaulen, sie werden durch das Netzgeflecht der
Schlingpflanzen lange noch aufrecht erhalten, bis dafs sie
zerfallen und nun die ganze Masse der Schlingpflanzen,
auch ohne die ursprüngliche Stütze ihre Lage behält. Oft
hängen bindfadenähnliche Gewächse von 30, 40 und 50
Fufs Länge von den Aesten der hohen Gipfel herab und
werden, ihrer Festigkeit wegen, selbst zum Binden benutzt,
Haben diese Fäden den Grund noch nicht erreicht, so
schwanken sie bei dem leisesten Luftzuge hin und her.
Andere dickere herabhängende Gewächse fassen in der
Erde wieder Wurzel und sind dann so straff, als wenn
sie mit Flaschenzügen angezogen wären. Herr v. Martius,
der mehrere Jahre lang in den Urwäldern Brasiliens gelebt
und die Physiognomie der Vegetation stets so charakteristisch
aufgefafst hat, giebt eine höchst interessante
Darstellung über die Schlingpflanzen Brasiliens welche
er durch vortreffliche Abbildungen in dem Atlasse zu jener
Reise versinnlicht hat. „Anfänglich," erzählt Herr
S. dessen Reise nach Brasilien, IIL p. XXXII.
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V. Martins, „wachsen sie als scliwache Gesträucher lothrecht
auf; sobald sie aber an einem anderen Baume eine
Stütze erreicht haben, verlassen sie den ursprünglichen
Weg der Ernährung und werden Parasiten, die sich, unmittelbar
über die Oberfläche der anderen Stämme ausgiefsend
und nach ihr sich modelnd, fortan vorzugsweise
von diesem, und endlich fast gar nicht mehr durch die
eigene Wurzel ernähren." Diese besondere Gruppe der
Lianen, welche in allen Urwäldern der heifsen Zone auftreten,
werden wir später, bei der Betrachtung der tropischen
Vegetation noch näher kennen lernen.
17) Die Pothos-Gewächse.
Die Pothos-Gewächse oder Aroideen mit ihren hellgrünen
und grofsartig'ausgebildeten Blättern, welche sich
tütenförmig zusammengerollt emporsc]ueben,'und den präclitigen,
grofsen uud glänzend weifsen Blumen, die so geheimnifsvoll
aus dem umschliefsenden Grün hervortreten,
kommen zum gröfsteu Theil parasitisch, auf den Rinden
der Bäume, in tropischen Wäldern vor, an und für sich
ebenfalls nur dann auf den Charakter der Vegetation einwirkend,
wenn sie in grofsen Massen, gesellig neben einander
auftreten; gewöhnlich aber wirken sie nur durch
gröfsere Ueppigkeit und Formverschiedenheit, welche sie
den Bäumen verleihen, auf denen sie ihren Boden erhalten.
Die Pothos - Gewächse sind ächt tropische Formen
, doch werden sie in den wärmeren Gegenden der
temperirten Zonen häufig repräsentirt durch die Arum-
Arten, und sie gehen durch die schöne Calla palustris selbst
bis zu der subarktischen Zone hinauf. Diese Sumpfpflanze,
die Calla palustris, zeigt im verkleinerten Maafsstabe, ganz
genau das Bild der Calla aethiopica, welche durch ihr
häufiges Vorkommen in unseren Gärten und auf unseren
Fenstern, allgemein bekannt ist, indessen die riesenmäfsigen
Pothos und Dracontium-Gewäclise der tropischen Wälder
Amerika's, werden dadurch sehr gering repräsentirt. Die
letzteren Gewächse haben stets sehr grofse, bald pfeilförig
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