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So wie ich liier die Vegetation der Aequatorial-Zone
zu schildern versucht habe, würde sich dieselbe auf allen
Punkten ihres Gürtels zeigen, w^enn niciit dort, so wie in
unseren Zonen störende Einflüsse dem regelniäfsigen Gange
der Naturknift entgegenwirkten. Vergebens sucht man in
den Savanen am Orinoco, oder in der Küsten-Pampe des
südlichen Peru, oder in den Wüsten Afrika's nach jener
üppigen Vegetation, welche ich im Vorhergehenden als
der Aequatorial-Zone eigen geschildert habe. Der Grad
der Hitze, welchen diese Theile der Erde aus ihrem Standpunkte
zur Sonne erhalten, ist unter allen Längen derselbe,
aber die Verschiedenheit ihres Reichthums an Wasser
ist so grois, dafs dadurch die auffallendsten Abweichungen
hervorgerufen werden.
Ich habe früher die Ursachen, worauf die Verschiedenheit
des Küsten- und des Continental-Clima's beruht,
genau aus einander gesetzt, und ich kann defshalb darauf
nochmals verw^eisen; eben dieselben Theorieen erklären
die grofse Hitze in jenen tropischen, wasserlosen Gegenden
bei Tage-und die grofse Kälte durch Ausstrahlung
Avärend des Nachts. Wo die gehörige Feuchtigkeit der
Atmosphäre und dem Boden jener Gegenden fehlt, da tritt
zwischen den verschiedenen Jahreszeiten ein grofser Wechsel
der Verhältnisse ein. Gerade zur Sommerzeit, wenn
bei uns die Vegetation im höchsten Flore ist, dann erstirbt
sie in den trockenen Gegenden der Tropen; die
Bäume verlieren ihre Blätter und die Kräuter verschwinden
spurlos, aus blofsem Mangel an Feuchtigkeit, so w^ie
bei uns gerade zur Winterzeit, aber aus Mangel an Wärme
die Vegetation erstarrt, bis die erste- Frühlingswärme dieselbe
wieder in das Leben ruft. Ausführlich sind die l icht
e n Wälder Brasiliens (Catingas) von berühmten Reisenden
geschildert, w^elche das sonderbare Phänomen des
Blattfalls für die Tropen aufweisen, und dann, gerade wärend
der heifsesten Zeit, ihres ganzen Schmuckes beraubt,
dastehen; doch diese Erscheinung ist allgemein, ja überall
in der heifsen Zone, wo ähnliche Verhältnisse auftreten.
In den wasserlosen Gegenden auf der Westküste von
Peru habe ich nicht nur die, daselbst eingeborenen Bäume
wärend der heifsen Jahreszeit blattlos gesehen, sondern
auch unsere europäischen Fruchtbäume, welche dorthin
eingeführt sind. Wir sahen unsere Feige neben dem
Schinus, beide blattlos, wie vertrocknet dastehen, nur die
Früchte an dem Schinus, und dicke Knospen an den Spitzen
der Feigenbäume verkündeten das schlummernde Leben
dieser Gewächse, welche mit der todten, vollkommen
vegetationslosen Gegend auffallend harmonirten. Ich glaube
diese blattlosen Waldungen der Tropen nicht besser schildern
zu können, als durch Aufführung einer Stelle aus
Herrn von Martius Reisebericht^): „Alles um uns her,"
erzählt dieser berühmte Reisende, „trug ein eigenthümliches,
uns fremdes Gepräge, und erfüllte das Gemüth mit
Bangen. Der dichte Wald erschien uns wie ein weites
Grab, denn die dürre Jahreszeit hatte allen Schmuck der
Blätter und Blüthen von ihm abgestreift; nur selten rankten
sich dort dornige Smilax-Arten oder schnurartige Gewinde
von Cissus, mit einzelnen Blättern besetzt, in die
Höhe, oder es ragten hier stattliche Blumenrispen von
Bromelien zwischen den Zweigen hervor; um so sichtbarer
erschienen die Stämme in ihrem ganzen ungeheuren
Umfange, ihre Aeste, wie Riesenarme, in den dunkelblauen
Aether streckend. Dornige Acacien, vielverzweigte Audiren
und Copaiferen und milchweifse Feigenbäume erschienen
hier besonders häufig; was uns aber am meisten auffiel,
waren die gigantischen Stämme von Chorisien (Chorisia
ventricosa), welche oben und unten verengt, in der
Mitte wie ungeheuere Tonnen angeschwollen, und auf der
korkartigen Rinde mit gewaltigen glänzend braunen. Stacheln
besetzt waren. Hier hingen mächtige Büschel parasitischer
Misteln an den Aesten herab, von der sorgsamen
Mutter Natur meistens in der Art vertheilt, dafs die weiblichen
Stauden tiefer stehen, als die männlichen u. s. w.
Reise In Brasilien, IL p, 499.
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