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Es ist eine auffallende Erscheinung, und kann nur
durch den Stumpfsinn der Indianer erklärt werden, dafs
diese ausgezeichnete Nahrnngspflanze an einem Orte, wo
sie in so grofser Masse wild wächst, nicht schon seit
langer. Zeit Gegenstand des Ackerbaues geworden ist, ja
dafs sie, bis zu der neuesten Zeit, unserer Kenntnifs verborgen
geblieben ist. Bei dieser Gelegenheit möchte ich
erinnern, dafs der sogenannte wilde Reis, von welchem
sich die Eingebornen von Canada wärend der Winterzeit
ernähren, einer ganz anderen Pflanze, nämlich der Zizania
aquatica angehört.
Im östlichen und im südlichen Asien ist die Reiscultur
zu Hause, und dort bildet der Reis das allgemeinste
Nahrungsmittel, aber auch im nördlichen Afrika, in Aegypten,
in Nubien, Persien, Arabien, im Oriente oder in Klein-
Asien, in Griechenland, Italien und in den südlichen Theilen
von Portugal, Spanien und Frankreich ist der Reis
ein gewöhnliches Nahrungsmittel. Der Anbau des'Reises ist
mit den Europäern nach Amerika hinübergegangen, und er
wird daselbst, in der tropischen und subtropischen Zone,
ja noch viel weiter hinauf, sehr häufig cultivirt. Im südlichen
Nordamerika hat die Cultur.des Reises so überhand
genommen, dafs er daselbst schon längst das allgemeine
Nahrungsmittel ist. Auch auf den Westindischen Inseln,
in. Venezuela und in Brasilien, wird dieses Getreide mit
grofser Vorliebe gezogen und mit Recht möchte es daselbst
den Mays verdrängen; ja die Negersklaven in Amerika
ziehen den Reis der Manioca vor. Wie aufserordentlich
grofs die Production des Reises schon gegenwärtig in Brasilien
ist, davon wird man sich durch die interressanten
Nachrichten in Herrn v. Martins Reisebericht überzeugen.
Die Provinz Maranhao allein producirt jährlich 560000
bis 600000 Alqueires und eine eigene Dampfmaschine
hat man daselbst aufgestellt, um den Reis zu entschlauben.
4 Alqueires bilden eine Fanega und 100 Fanegas sind gleich
100,696 Berliner Scheffel.
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In Indien und in China, wo der Reis die Hauptnahrung
bildet, da ist Hungersnoth und Tod die unmittelbare
Folge, wenn die Reis-Erndte mifsräth, und wir sehen es,
dafs dieses nicht so selten ist. Nicht nur zu wenig und
zu viel Regen, sondern auch der Insektenfrafs erzeugen
dort eine gänzliche Mifserndte und Hungersnoth, wo man
sich so ganz der Cultur einer einzigen Art von Nahrungsmitteln
überläfst. Die aufs er ordentliche Bevölkerung von
China, bei aller Sorgfalt, mit welcher der Ackerbau in
jenem Lande betrieben wird, findet im eigenen Lande nicht
mehr die hinreichende Nahrung, und daher verschlingt dieses
Land noch alle die Ueberflüsse der Erzeugnisse, welche
den fruchtbaren Inseln des indischen Archipels übrigbleiben.
Wenn aber die Reiserndte in China schlecht ausfällt, dann
möchten schwerlich die gröfsten Flotten so vielen Reis
nach jenem Lande bringen können, als zur Vermeidung
der Hungersnoth erforderlich wäre.
In den tropischen Gegenden, wo die Reis cultur zu
Hause ist, da findet man eine grofse Anzahl von Varietäten
dieser Pflanze, wovon die eine mehr für diesen, die
andere mehr für jenen Boden passend sein soll; vor Allem
sind aber zwei Hauptvarietäten zu nennen, von welchen
die eme auf niederen Bergen, und die andere in sumpfigen,
überhaupt sehr feuchten Gegenden gezogen wird, die erstere
Varietät ist unter dem Namen Bergreis bekannt geworden,
von welcher viele Botaniker noch immer bezweifeln, dafs
er in einem trockenen und durch künstliche Bewässerung
nicht bewässerten Boden wachsen könne. Indessen man
zweifelt daran gewifs mit Unrecht, denn schon Marsden^)
erzählt den Bau des Bergreises auf Sumatra, welcher daselbst
Ladang heifst, so ausführlich und Umständlich, dafs
man davon ganz überzeugt sein kann. Auch auf Java und
in Brasilien, wie es scheint in sehr feuchten Ländern, wird
dieser Bergreis mit grofsem Vortheile gebauet. Ich mache
hier gelegentlich auf die Cultur der trockenen Tarro (des
*) The Hist, of Sumatra. London 1811. pag. 67 etc,
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