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mehr oder weniger, vorlierrscheii und dadurch am Jiicisten
die Aufmerksandveit auf sicli ziehen. Dergleichen Pilan-
/enf'onuen, welclie den Cluirakter einer Gegend bestininien,
sind ent\veder dieser ganz allein eigen, oder sie
kouinien auch noch in anderen Gegenden vor, entweder
ebenfalls vorherrscliend und den Charakter der Vegetation
hestininiend, oder nur diese Vegetations-Form dixselbst
repräsentirend. Die Scliöidieit dieser Pilanzenform, ihre
sonderl)are Gestalt, ihre iin])onirende Grölse, ihre herrliche
Färbung und Avas dergleichen Eigentluimlicldveiten noch
mehr sind, sie geben der Physiognomie der Gegend den
Char^ikter.
So unendlich vielfacli die Zahl der verschiedenen
Pflanzenarten ist, so lassen sich aus denselben eine geringere
Anzahl von llauptformeii hervorhel)en, welche nicht
etwa durch künstliche Charaktere zu Gattungen und zu
gröfseren Gruppen zusammengestellt sind, sondern nur
durch ihren Total-Eindruck, Avelchen sie auf den Menschen
machen, zusammengehören.
. Diese IIau])tformen der Gewächse näher kennen zu
lernen, ist für eine pflanzengeographische Eintheilung der
Erdoberfläche von der liöchsten Wichtigkeit, denn gerade
sie bestinmien hauptsächlich die Physiognomie der Natur
verschiedener Gegenden. Herr Alexander von Humboldt
hat zuerst eine solclie Eintheilung der Gewächse nacli ihren
hauptsächlichsten Formen ¿lufgestellt, und diese wird
den ferneren Untersuclmngen über diesen Gegenstand immer
zum Grunde gelegt werden iuüssen. Ist man erst
etwas, vertrauter mit den verschiedejien charakteristischen
Pflanzenformen bekannt, so wird es leiclit sein, sogleich
das Eigenthümliche einer jeden Flora zu erkennen, und
die Physiognomie der Natur in jedem Lande zu charakterisiren.
So führen wir hier die einzelnen Hauptformen der
Pflanzen auf, tlieils gestützt auf eigene Anschauung in der
neuen und in der alten Welt, theils nach einem genauen
Studiuni der besten Reisebeschreibungen. Es ist voraus-
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zusehen, .dafs sich diese Zahl der Haiiptformen immer
mehr lind melir vergröfsern wird, je ausführliclier die Floren,
fremder und noch wenig bekannter Länder durch reis(
Mule liotaniker erforsclit Averden, welche sich mit besonderem
Eifer dieser Wissenschaft widmen möchten.
A. Speciel l e Betrachtung der Physiogn omi e der
e i n z e l n e n Haupt f o rme n der Pflanzen.
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1) Die Gräser oder grasartigcin Gewäclise.
Wir beginnen mit den Gräsern, deren Auftreten in
grofsen Massen unter der Form der Wiesen und Triften,
uns Allen so bekannt ist. Das herrliche (rrün einer unabsehbaren
Grasdecke n»acht einen lieblichen, zu angenehmer
Fröhlichkeit uns stimmenden Eindruck; es ist ein
charakteristischer Zug für die Physiognomie der Natur in
nordischen Gegenden. Es ist eigcnthümlich wie die Menschen
gerade die Gräser hervorgehoben haben, um durch
ihren Anbau eine sichere Quelle der Ernährung zu haben^
obgleich die meisten von ihnen, nur einen sehr kleinen
Saamen haben, und daher die Erziehung grofser Massen
äufserst mühsam ist; indessen ich werde diesen Gegenstand
in der letzten Abtheilung, wo über die Cultur der
nahrhaften Gräser die Rede ist, ausführlicher erörtern.
Mit der Cultur der Cerealien mufste sich der Mensch
an feste Wohnsitze gewöhnen, und so wurden sie ein
der Avichtigsten Hebel für die Cultur des Menschengeschlechts;
später halben sie den Wohlstand der Völker
herbeigeführt. Ueberall, wohin gegenwärtig die Völker
ziehen, dahin führen sie die Cerealien mit sich, wenn nicht
das raulieste Clima dem Anbaue derselben entgegensteht.
Aber wie grofs der Einflufs dieses Culturzweiges auf die
Physiognomie der Natur ist, das möge man in Ländern
betr¿lchten, welche seit Jahrtausenden der Sitz der cultivirten
Völker sind, Avie Italien, Griechenland, der Orient,
China u. s. w. Das südliche Europa ist im Verhältnifs
zum nördlichen Europa baumlos zu nennen, doch sicher-
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