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Fiifs Höhe, aber nach den wenigen Beobachtungen, welche
ich selbst dort angestellt habe, und aus einigen anderen
von Herrn Pentland und Rivero, möchte mit Bestimmtheit
hervorgehen, dafs sowohl die Tanne, als die
Birke mid Else in jenen Gegenden recht kräftig gedeihen
würden. Welch ein Wohlstand miifste jenem Lande durch
die Einfüln-ung grofser Wälder erwachsen! in einer Gegend,
wo bis jetzt jeder Stock, jede Stango und jedes
Brett zu den Reichthiimern eines Menschen gehört! wo
sich der Schiffer auf einem elenden Kahne, aus Binsen
gefloöhten, dem stürmischen See überlassen mufs!
Eter Wohlstand der Völker ist dem Ackerbau und
der Cultur der nutzbaren Pflanzen überhaupt gefolgt; mit
ihnen hat sich Bildung und Glückseeligkeit verbreitet. Will
man aber Wissenschaften und himmlisches Glück dem rohen
Menschen aufdringen, der von einem Tage zum andern
lebt, und Mangel an nöthigster Nahrung hat, so geht
man sicherlich einen falschen Weg. Mit dem Vorkommen
und mit der Cultur gewisser Nutzpflanzen, sind Verhältnisse,
in der Lebensart des Menschen, so innig verknüpft,
dafs diese in der Lehre über die Verbreitung der Pflanzen
mit verknüpft werden müssen, denn ganz anders wären
jene Menschen zu leben gezwungen, wenn nicht diese
oder jene Nutzpflanze sie in ihrer Trägheit, oder Eigenheit
bestärken würde.
Bei solchen speciellen Untersuchungen werden wir
allmählig immer mehr und mehr den Einflufs kennen lernen,
Avelchen die verschiedenartige Verbreitung, imd Vertheilung
der Gewächse über den Erdkreis äuf die Cultur
des Menschen ausübt; doch müssen wir hierin sehr vorsichtig
zu Werke gehen, um uns nicht von dem Scheine
trügen zu lassen, und so zu ganz falschen Resultaten zu
gelangen. Wie hört man überall den tropischen Ländern
das Lob spenden? Wie glücklich, heifst es, ist jenes
Land, wie reich jene Natur, wo die kostbarsten Früchte,
ohne Zutlmn der Menschenhände, sich entwickeln! Doch
so verhält es sich in der Wirklichkeit nicht.
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D r i t t e Abtheilung.
Ueber die Vertheilung der Gewächse auf der Oberflcäche der Erde,
mit besonderer Rücksicht auf die Physiognomie der Natur.
Wir haben bisher die aufseren Ursachen betrachtet,
welche das Vorkommen und die Verbreitung einer Pflanzen
Art bedingen, ganz abgesehen davon, wefshalb eine
gewisse Pflanze nur auf dem, ihr einmal angewiesenen
Verbreitungs-Bezirke vorkommt und nicht auch auf einem
anderen.
Es ist eine bekannte, von allen Reisenden wiederholte
Beobachtung, dafs die Vegetation, wie überhaupt das
ganze organische Leben, von den Polen aus, zum Aequator
hin, im beständigen Zunehmen ihrer Entwickelung
sich befindet, und dafs die Formen immer ausgebildeter
und immer schöner und üppiger werden, je mehr man
sich von den kalten Regionen entfernt. Eine genauere
Betrachtung dieses Gegenstandes wird in dieser Abtheilung
des Buches erfolgen. Auch hier ist es Herr Alexander
von Humboldt, welcher uns den Gang dieser Wissenschaft
vorgeschrieben hat; seine berühmte Schrift: Ideen zu
e i n e r Physiognomik der Gewächse, zeigte diese
höchst interessante Seite, von welcher die Botanik aufgefafst
werden kann, und wie sie in dieser Weise auf die
Veredelung, der Künste und auf den Geschmack der Völker,
für die Empfänglichkeit gegen die Natur-Schönheiten
einwirken kann. . ^^
Die Lehre von der Vertheilung der Pflanzen über: die
Oberfläche der Erde kann in zwei, ganz für sich bestehende
Doctrinen zerfallen; die eine hievon, w^elche die
Physiognomik der Gewächse heifst, betrachtet die
Pflanzendecke nach der Vertheilung der Formen, welche
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