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Felsen der Küste mit furchtbarer Kraft brechen, dann
werden jene Meerespflanzen von ilirem Boden gerissen und
sclnviuimen cUif der Oberflädie des Wassers' umher, bis
dafs sie an die Küste geworfen werden. In diesem Zustande,
nmliertreibend auf dem Meere, trifft sie gewölinJich
der Seefahrer; nur selten wird es ilim gestattet, diese Geschöpfe
an ihrem Standorte aufzusuchen. Aber auch nur
selten entfernen sich die abgerissenen Füci auf grofse
•Strecken von dem Lande, und daher war, schon in frühester
Zeit, das Erscheinen dieser Pflanzen dem Seefahrer
das sicherste Zeichen, ^velches ihm nahes Land verkündete.
Wie sehr ward aber Columbus damals, auf seiner ersten
Entdeckungsreise, durch diese Pflanzen getäuscht, als er
nämlich diejenige Gegend des Atlantischen Oceans befuhr,
welche jetzt unter dem Namen der Sargasso-See bekannt
ist. Diese Sargasso-See ist aber auch eine sehr merkwürdige
Erscheinung, worüber schon so viel geforscht und
geschrieben, ohne dafs ihre Entstehung ganz erklärt worden
ist. Im Atlantischen Meere nämlich, gerade innerhalb der
grofsen Rotations - Strömung, ist ein Raum von wenigstens
40,000 Quadratmeilen Flächeninhalt, wo man, auf der
Oberfläche des Meeres, stets eine grofse Masse von schwimmenden
Tangen erblickt, welche sämmtlich einer Art angehören,
nämlich dem Fucus natans L., der identisch ist
mit Fucus Sargasso Gmelin, und jetzt unter Sargassum
vulgare bekannt ist. Es schwimmt dieser Fucus in jenem
Meere in melir oder weniger grofsen Haufen, bald mehr,
bald weniger häufig. Zuweilen ist das Schiff, welches jenes'
Wasser durchschneidet, ganz umringt damit, und zuweilen
erblickt man, in mehreren Stunden, auch nicht ein einziges
Pflänzchen. Ich habe überall in der Sargosso-See (Mar
de Zargasso der Portugiesen, Sargasso Spanisch) die Vertheilung
dieses schwimmenden Tanges nngleichmäfsig gefunden,
und glaube auch, dafs dieses, auf einem so beweglichen
Elemente, nicht anders sein kann; solche dicke Massen
dieser Pflanzen, welche, wie Columbus es that, mit
schwimmenden Wiesen zu vergleichen sind, habe ich kaum
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gefunden, jedoch einzelne zusammenhängende Häufchen von
einer Länge bis zu 5 und zu 10 Fufs, welche dann gewöluüich
aus einer einzigen Pflanze bestanden. Die Sargasso
See erstreckt sich von 22" N.Breite bis zum 36sten
Grade, und von dem 25sten Grade westlicher Länge (von
London nämlich) bis zum 45sten Grade. Aufserhalb dieser
Grenzen, welche durch die Rotations-Strömung- gebildet
werden, sielit man gewifs nur selten irgend ein Pflänzchen
dieser Art, und diese sind dann in einem sehr schadhaften
Zustande, wie ich es wohl an einigen Stücken dergleichen
Pflanzen gesehen habe, welche zwischen den Azoren
und der südwestlichen Spitze von England umherschwammen.
Man hat über diese enormen Anhäufungen
des schwimmenden Tanges sehr verschiedene Erklärungen
gegeben; einmal liefs man sie, durch den Golf-Strom aus
dem Mexicanischen Meerbusen her, zusammentreiben, oder
man liefs sie in der Sargasso-See selbst auf Untiefen
wachsen, wo sie von Fischen, Mollusken und den grofsen
Spritzern losgerissen werden sollten; doch alle diese Meinungen
sind jetzt unnöthig, ja es ist sonderbar, dafs man,
so lange schon, nach dem Standorte dieser Tangen umhersuchte,
obgleich man wufste, dafs der Fucus natans aus
der Sargasso-See niemals, weder mit Wurzel noch mit
Früchten vorkomme. Ich habe Tausende und Tausende
dieser Pflanzen aufgefischt und sie untersucht, doch keine
Spur von Wurzel, mit welcher sie festgesessen haben
könnten, war an ihnen zu finden, und an kleinen Individuen
konnte man sehr gut sehen, dafs sie sich, von einem freien
Central-Punkte aus, welcher niemals festgesessen, nach
allen Seiten hin vergröfsert hatten. Demnach haben wir
den Standort dieser schwimmenden Tangen nirgends anders
zu suchen^ als gerade an dem Orte, wo wir sie finden,
nämlich auf der Oberfläche des Meeres, und diese Pflanzen
gehören demnach zu den wenigen, welche frei, nämlich im
Wasser umherschwimmend wachsen. Eine grofse Menge
S. Agardh Species Algarum Vol. I. p. 7.
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