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Doch auch hier gehen die Isochimeneii wieder sclniell nach
Norden, wenn wir uns, aus dem Innern des Continents,
nach der Westküste von Nordamerika begeben; so ist die
Wintertemperatur zu F, George in 46^18^ Breite = 3,75*^ C.,
wärend in Washington, auf der Ostkiiste desselben Continents,
erst unter 38*^ N. Breite, die mittlere Winter-
Temperatur von 2,96^ Geis, zu finden ist. Wärend man
sich zu Quebeck im Winter über schneidende Kälte beklagt,
gellen die Indianer auf der Westküste unter gleicher
Breite beständig unbekleidet.
Man hat die Wichtigkeit der Verschiedenheit des
Clima^s auf der Ost- und auf der Westküste Nordamerika^s
für die Verbreitung der Vegetation schon früh erkannt,
wenigstens weit früher, als man diese Verschiedenheit durch
thermometrische Messungen kannte, Herr Barton hat
schon die Bemerkung gemacht, dass die nordamerikanischen
Pflanzen auf der Westküste stets höher hinauf gehen,
als auf der Ostküste; z. B. Aesculus flava wächst
östlich bis zu 36^ N, Breite und westlich der Gebirgskette,
bis zu 42® N. Breite.
Juglans nigra östlich bis 41^ und westlich bis 44®,
Gleditschia triacanthos östlich bis 38®, westlich bis 41.
Die östlichen Küstengegenden, welche die Hudsonsbay
einschliefsen, sind öde und vegetationslos, dagegen
zeigt sich auf der westlichen Küste eine ziemlich reiche
Vegetation.
Die Gleditschia triacanthos ist jetzt bei uns angepflanzt
und wächst, weit über 52® N. Breite hinaus ganz kräftig.
Z. B. im Parke von Oranienburg bei Berlin, befinden sich
zwei riesenmäfsige Bäume der Art. Dieses führt uns darauf,
dafs die Temperatur in Nordamerika, unter einer und
derselben Breite mit Europa, viel bedeutender niedriger ist,
worauf wir an einer andern Stelle wieder zurückkommen
werden.
Ganz entgegengesetzt dem Laufe der. Isochimenen ist
die Biegung der Isotherej^; sie biegen sich in der Nähe
der Küste sehr bedeutend nach Norden, je weiter wir
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aber nacli dem Inneren der Continente gehen, desto mehr
näheren sich die Isotheren den Parallelkreisen. Die Isothere
von 18® C. berührt kaum das südliche England, erreicht
Holland in 51^ N.Breite, geht etwas südlicher von
Berlin, erreicht Moscau und scheint sich von hier gerade
nacli Osten zu ziehen. Der Sommer von Paris .und der
von Moscau ist sich beinahe gleich, obgleich der Winter
zu Moscau ganz furchtbar ist.
Alles was wir vorher über die Biegung der Isochimenen
nach Süden gesagt, gilt hier theilweise über die Biegung
der Isotheren nach Norden, besonders in Beziehung
auf den neuen Continent/ Nämlich ein Küsten-Clima hat
weniger Hitze aufzuweisen, als das Clima im Inneren der
Continente, daher hier die Isothere weiter nach Norden
hinaufsteigt.
So wie die Continente und Inseln auf der Ost- und
auf der Westküste ein verschiedenartiges Clima zeigen, so
hat man dieses aucli auf der südlichen Hemisphäre beobachtet,
doch verhält es sich hier gerade entgegengesetzt
wie in der nördlichen Hemisphäre. Hier nämlich sind die
Ostküsten kälter, als die Westküsten, dagegen sind in der
südlichen Hemisphäre gerade die Westküsten kälter als
die Ostküsten. Durch die eigenthümliche Configuration
der Continente in dieser Hemisphäre, werden sich weit
weniger Vergleichungspunkte darbieten, als wie in der
nördlichen Hemisphäre; der gröfste Uebelstand ist aber
wohl der, dais hier nur sehr wenige Oerter genaue meteorologische
Beobachtungen aufzuweisen haben.
Südamerika, welches sich am tiefsten südlich herabzieht,
zeigt ganz entschieden dieses Verhältnifs einer wärmeren
Ostküste zu der kälteren Westküste. Man hat dieses,
verhältnifsmäfsig sehr kalte Clima der Westküste von
Südamerika häufig zu erklären gesucht und hat auch viele
sehr richtige Ursachen aufgestellt, welche eine Verminderung
der Wärme daselbst veranlassen können, doch die
hauptsächlichste Ursache wird wohl eben dieselbe sein,