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die nocli in die arktische Zone hineinragen, sind uns leider
gänzlich unbekannt, sie werden jedoch, wenn sie einst
erforsclit sein werden, sicherlich sehr bedeutende Abweichungen
von der so eben geschilderten Vegetation dieser
Zone darbieten.
Aus der arktischen Zone Nord-Amerika's kennen wir
gegenwärtig schon eine sehr grofse Menge von Pflanzen,
und die neue Flora dieser Länder, welche Herr Hooker
herausgiebt, berechtigt zu den gröfsten Erwartungen; doch
bis jetzt fehlt es noch sehr an Schilderungen, welche uns
ein Bild über die Physiognomie der Vegetation jener Länder
entwerfen können.
Vergleichen wir aber die Flora dieser arktischen
Zone bis zur Küste des Eismeeres, welche wir durch
Herrn Richardson^) erhalten haben, so finden wir nicht
nur die aufserordentlichste Uebereinstimmung in den Pflanzen
dieser beiden Länder, sondern wir finden sogar nur
ein Paar Tflanzen, welche in Amerika und nicht auch im
nördlichsten Norwegen und Schweden vorkommen, wenn
wir nämlich aus jener Flora nur die mit A und mit B
bezeichneten Pflanzen ausheben. Zum Beweise nenne ich
hier die vorzüglichsten Pflanzen, welche diese arktische
Zone charakterisiren.
Das Rhododendruhi lapponicum tritt hier in die Ebene
und seine Begleiter sind die kleinen strauchartigen Pflanzen:
Andromeda tetragpna, A, polifoiia, A. caliculata, Vaccinium
Vitis idaea, Oxycoccus palustris, Azalea procumbens.
Ganz vorzüglich ist aber zu bemerken, dafs sowohl
Birken (Betula giandulosa) und Ellern-Sträucher (Alans
glutinosa) hier erscheinen, eben so wie in der arktischen
Zone Europa's, Die vorzüglichsten Polar-Pflanzen oder
Alpen-Pflanzen, welche durch die Eigenthümlichkeit des
Küsten - Clima's in die arktische Zone bis zur Meeresküste
S. dessen Flora der Polarländer in R. Brown's vermischten
Sctriften, Band I. p, 405 u. s. w., welche als Anhang zu Franklin's
Narrative of a Journey to the shores of the Polar - Sea, London
1823. 4to. erschienen ist.
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gehen, sind: Saxifraga Aizoides, S. oppositifolia, cernua,
groenlandica^ Polygonum viviparum^ Arnica montana, Dryas
integrifolia, Holcus alpinus, Pedicularis lapponica, P, sudetica
und P. hirsuta. Aufser diesen genannten Pflanzen
wurden noch beobachtet: Plantago lanceolata, Cerastium
viscosum, Oxyria reniformis, Triglochin maritimum, Tofielda
borealis, Epilobium palustre, latifolium, angustifolium
u, s. w.
Besonders bemerkenswerth ist wohl noch die grofse
Menge von Flechten, welche oftmals ausgedehnte Strecken
Landes dieser Gegend bedecken; vorzüglich herrschend
an allen felsigen Stellen sind daselbst die Gyrophoren,
als G. proboscidea, G. hyperborea, G. pensylvanica und
G. Miihlenbergii, welche in Fällen der Noth als Nahrungsmittel
benutzt werden können.
8) Die Polar-Zone.
Zu der Polar-Zone gehören alle Ländermassen, welche
über den 72sten Grad der: Breite hinaus liegen. Alle
Bäume und Sträucher fehlen diesen kalten Gegenden, wo
auch alle Cultur von Nahrungspflanzen ein Ende hat, denn
die mittlere Temperatur steht daselbst wenigstens tief
unter dem Gefrierpunkte, und meistens herrscht in diesen
Gegenden nur ein Sommer von 4 bis 6 Wochen. Gegenwärtig
ist die mittlere Temperatur dieser Zone nur von
einem einzigen Punkte, nämlich von der Melville's-Insel bekannt,
woselbst lOmonatliche Beobachtungen angestellt
worden sind. Wir haben die Temperatur-Curve von diesem
Orte auf beiliegender Tabelle zum ersten Abschnitte
mitgetheilt; die mittlere Temperatur- daselbst ist gleich
— 16,9*^ Gels., die des Sommers ist gleich 3,1^ und die
des Winters erreicht die ungeheuere Kälte von — 33,3^
Gels. Nur im Monat Juli steigt die Wärme zu 5,8® Gels,
hinan, tind schon im darauf folgenden August fällt sie
wiederum auf 1,2® C.; bei solcher niederen Temperatur
kann die Vegetation natürlich nicht von grofser Bedeutung
sein, und sie besteht auch daselbst nach allen bisherigen
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