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dafs sie, wie Herr v. Martius sagt, bei einer Höhe von
lOOFnfs, gleich Pallisaden einer Riesenfestung aneinander
gestellt sind.
Die Blätter der Manritia sind fächerförmig und ihre
Fasern geben das Material zu mannigfaltigen Geflechten,
als zu Matten und Tauen, womit die Guaraunen ihre überirdischen
Wohnungen an den Gipfeln der Palmen oder
an abgehauenen Baumstämmen errichten. Auch haben die
Otomaken, am Delta des Orinoco's, die Kenntnifs von der
Bereitung eines Fliegennetzes, welches ebenfalls aus den
Fasern der Mauritia-Blätter geflochten wird. Die Früchte
der Manritia, welche roth gefärbt sind, und geschuppt,
wie die Tannenzapfen aussehen, hängen in ungeheuern
Trauben von dem Gipfel der Palme herab, und haben den
Geschmack von recht reifen Aepfeln
Aus dem Safte der Mauritius - Palme machen die Guaraunen
durch Gährung ihren süfsen und berauschenden
Palm wein, und das Mark des Stammes liefert, ehe die
männliche Palme ihre Blüthenscheiden austreibt, ein saguartiges
Mehl, welches, ähnlich wie die Manioca, in grofsen
dünnen Scheiben zu Brod gedörrt wird und eine allgemeine
Nahrung darbietet, so dafs man diese Palme auch
die Sagù-Palme Südamerika's nennt.
Die Sagù-Palme.
Die Sagù, welche aus verschiedenen tropischen Ländern
zu uns kommt, wird gewifs aus sehr verschiedenen
Palmen bereitet, von denen uns noch mehrere unbekannt
sein möchten. Die gewöhnlichsten Palmen, welche den
Sagù geben, sind Sagus Rumphii, Cycas circinalis, C. revoluta,
Corypha umbraculifera, Caryota urens und Phoenix
farinifera. Das Vaterland der Cycas circinalis ist sehr
ausgebreitet; sie kommt von Japan an bis Siam vor, und
wächst auf allen den indischen Inseln, als auf Java, Su-
') S. Alexander von Humboldt, Reise etc. V. p. 8. Buch IX
Cap. XXV.
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matra, Borneo, Macassar, Ceram, wo man grofse Wälder
von dieser Palme antreffen soll, welche die morastigen
I Gegenden bedecken.
Es ist bekannt, dafs der Sagù aus dem Marke der
Palmstämme bereitet wird, indessen die Zeit, in welcher
das Mark dazu am meisten geschickt ist, ist nicht immer
gleich, sondern man mufs diejenige Zeitperiode abwarten,
wenn die Palme ihre Spadices entwickelt hat, diese aber
noch nicht geöffnet sind. Benutzt man den Baum in einem
späteren Zustande, so erhält man entweder gar keine Sagù
oder nur eine sehr schlechte holzige Sorte. Nachdem man
zur Bereitung der Sagù die Palmstämme abgehauen hat,
nimmt man das Mark aus denselben heraus und zerreibt
es im Wasser zu ganz kleinen Stückchen, welche man
durch ein Sieb laufen läfst.
Im Lande selbst, wo die Sagù bereitet wird, da macht
man aus derselben ein wohlschmeckendes Brod*), welches
in viereckig ausgehöhlten Steinen gebacken wird, nachdem
dieselben gehörig erhitzt worden sind. Im frischen Zustande
ist das Sagubrod weich, später wird es aber steinhart,
indem das Amylum der Sagù durch die Einwirkung der
Hitze zu einer durchsichtigen, äufserst spröden Masse
gelatinirt. Fast auf jeder Insel Indien's wird Sagù bereitet,
wovon mancher sehr schlecht, anderer aber äufserst
fein ist und sich durch die weifseste Farbe auszeichnet.
Dieses reicht hin um zu zeigen, von welcher grofsen
Nützlichkeit die Palmen sind, deren Mark ein sehr zartes
und nahrhaftes Brod liefert; es sind jedoch Gewächse,
welche nur selten über die Wendekreise hinausgehen. Sie
wachsen wild in den Wäldern jener Länder, und der Indianer,
welcher zu faul ist, andere Cultur-Gewächse zu
) Das Wor t Sag II bedeutet in der Sprache dèr Papuas so viel
als Brod, und da das Brod In jenen Besitzungen aus Palromark gemacht
vs^ird, so ist der Name des künstllclien Produktes auf das Mark
der Palme übergegangen, woraus es bereitet vs^lrd. Bei Pigafetta^
findet sich dieses W o r t zum ersten Male gebraucht; er sah die Bereitung
des Sagubrodcs auf den Moluccen.
Kl
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