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reize abzubringen, eben so hält es schwer, einen Coqnero
von dem Genüsse der Coca abzugewöhnen. Wir erfahren
zugleich durch jenen Reisebericht, dafs der Gebrauch der
Coca auf der östlichen Seite der Cordilleren-Kette des
nördlichen Peru's eben so allgemein ist, als auf der ilochebene
ini südlichen Peru, und zwar sollen die Folgen von
dem Genüsse dieser Blätter, in den wärmeren und feuchten
Gegenden sehr übel sein. In den kalten und hochgelegenen
Gegenden des Plateaus von Chuquito, wo der Gebrauch
der Coca gewifs sehr allgemein ist, und zwar nicht
nur bei den Indiern, sondern auch bei den gemischten
Ragen, so wie auch bei den Weifsen, da ist nicht viel
von allen den schrecklichen Krankheiten zu bemerken,
welche in Folge des Genusses der Coca entstehen sollen.
In den Dörfern und Städten, rund um das Becken von Chuquito,
sieht man Indier, Neger, Weifse und Menschen von
gemischtem Blute im höchsten Alter umhergehen und, nach
wie vor', die Coca gebrauchend. Eine' aufserördentliche
Corpulenz zeigen die Frauen jener Gegenden, welche, als
Gemischte, unter dem Namen der Zambitas bekannt sind,
und eben so gewöhnlich Coca kauen, wie man in Indien
den Betel gebrauclit, ohne die schreckliclien Folgen äo offenbar
nachzuweisen. Durch die Zumischung des gebrannten
Kalkes, welche im nördlichen Peru viel allgemeiner,
als im südlichen ist, werden zwar die Zähne ekelerregend
gefärbt, doch sie leiden dabei keinen Nachtheil, wie man
dieses auf den Inseln Indiens, wo der Betel, mit Kalk
vermischt, zu dem gewöhnlichen Lebensgenüsse gehört, sehr
leicht sehen kann. Sicherlich ist es der Fall, dafs der
starke Genufs der Coca durch das flüchtige Princip,- welches
eine dem Opium ähnliche Wirkung erzeugt, die Verdauungs
Organe schwächt und das Nervensystem allmälich
überreizt, und dadurch eine Menge von mehr oder
weniger gefährlichen Krankheiten dem Körper erwachsen,
welche aber wohl noch lange nicht so gefährlich sein
möchten, als diejenigen in Folge des Opium-Genusses.
Ein Sterben an Abzehrung in Folge des Coca-Genusses,
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wie es neuerlichst behauptet worden ist, scheint mir etwas
sehr Unerklärliches zu sein.
Herr v. Martins hat uns über die Art des Anbaues
dieser Pflanze einige Nachrichten mitgetheilt; er fand dergleichen
Plantagen von dem Erythrxoylum Coca am Amazonenstrome
bei Ego, und vermuthet, dafs die Pflanze daselbst
eingeführt worden sei, weil man ebendaselbst auch
den Tabak besitze, und diesen viel häufiger gebrauche als
die Coca. Herr v. Martius sah daselbst drei Fufs hohe
Sträucher, welche reihenweise, drei Fufs weit von einander,
gepflanzt waren. Die Blätter wurden im Ofen getrocknet,
darauf im Mörser gepulvert, mit der Asche der Blät-ter
von Cecropia palmata vermischt und in Grasschichten bis
auf weiteren Gebrauch aufbewahrt. In Peru ist indessen
der Gebrauch der Coca ganz anders; man kauet daselbst
die Blätter ganz ebenso, wie es bei uns mit den Tabaksblättern
geschieht. Die Peruaner tragen die Coca ebenfalls
in kleinen Taschen bei sich, welche aus W^ollenzeügen
oder aus Häuten junger Säugethiere gemacht sind. Die
Cocablätter sind von der Form junger Kirschblätter und
haben einen angenehm bitterlichen, zusammenziehenden
Geschmack und einen feinen, ätherischen Geruch. Der
peruanische Indianer kauet diese Blätter, so oft er es thun
kann, ja beinahe den ganzen Tag hindurch; ihre Wirkung
ist. im Allgemeinen aufregend, später aber, wie es mir
schien, auch etw^as betäubend, ähnlich der Betäubung in
Folge des Opium-Genusses. Diese Aufregung giebt dem
arbeitenden Indianer, der äufserst schwermüthig gestimmt
ist, eine fröhliche Stimmung und schützt vor Ermüdung;
auf beschwerlichen Reisen erleichtert die Coca auf mehrere
Tage den Hunger und erwärmt gegen Kälte; kurz der Coca
legt man in jenem Lande alle die Wirkung bei, welche
man bei uns an dem Tabake rühmt.
Die Indianer kauen die Cocablätter entweder für sich
allein, oder in Verbindung von Thon oder Kalk, welchen
Reise uach Brasilien, pag. 1169.
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