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dem naliegelegenen Orte mitten im Lande zukommt. Dieses
Verscliwinden der Extreme in der täglichen Erwärmung
inid Abkillihmg vermindert ancli die grofse Differenz
zwischen den jährlichen Maximis und Minimis, und so
entsteht an diesen Orten ein Clima, welches vielen Pflanzen
Avärmerer Zonen sehr wohl zuträglich ist. Einige
Beispiele werden das Gesagte erläuteren. Es ist bekannt,
dafs die Myrte in Irland sehr wohl gedeiht, fast eben so
gut wie in Portugal, wärend sie bei uns, obgleich wir
mit Irland in einer Breite liegen, bekanntlich im Freien
nicht aushält und überhaupt mit besonderer Aufmerksamkeit
beluindelt werden mufs. Eben so wächst in England
der Lorbeer, wärend daselbst nur s /« elten eine Traube-zur
Reife kommt, und anclx alles übrige Obst sehr mittelmäfsig
ist; dagegen gedeiht bei uns der herrliche Wein, die
vortrefflichen Aepfel und Birnen, wärend der Lorbeer bei
uns nur in GeAvächshäusern gezogen werden kann. Diese
Beispiele reichen hin, um die Wichtigkeit der verminderten
Maxima und Minima, in dem täglichen Gange der Wärme,
für die Verbreitung der Vegetation darzuthun; die Erklärung
der Erscheinung ist folgende:
Ist die Luft sehr trocken und wird ihre Durchsichtigkeit
nur durch wenige Wasserbläschen getrübt, so können
die Licht- und Wärmestrahlen mit Leichtigkeit ungehindert
durch, und so wird, sowohl die Erwärmung bei
Tag-e, wie auch die Abkühlung des Nachts sehr bedeutend
sein, denn ungehindert können Nachts die Wärmestrahlen,
von der Oberfläche der Erde gegen den klaren Himmel
ausstrahlen. Geringer wird aber die Differenz zwischen
den täglichen Extremen der Wärme, je feuchter die Luft
ist, indem erstlich die niedergeschlagenen Wasserbläschen
den Durchgang der Lichtstrahlen mäfsigen oder zum Theil
verhindern, und indem zweitens, wie Beobachtungen es bewiesen
haben, der nächtliche Verlust der Wärme durch
Wärme-Ausstrahlung auf eine eigenthümliche Weise ersetzt
wird. Wenn nämlich durch die Erkaltung der Atmosphäre,
in Folge der Ausstrahlung der Wärme der
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Erde, die Wasserdämpfe der früher erwärmteren Luft niedergeschlagen
^Verden, so tritt die latent gewordene Wärme
des Wasserdampfes an die, durch Ausstrahlung so eben
erkaltete Luft und erwärmt dieselbe wieder.
Diese geringe Differenz zwischen den Extremen der
täglichen Wärme, welche das Küsten-Clima und das sogenannte
Insel-Clima charakterisiren, findet sich in der
Atmosphäre auf offener See am allerdeutlichsten, oder
vielmehr am stärksten ausgedrückt, weil hier die Luft
selir stark mit Wasserdämpfen angefüllt ist.
Im Vorhergehenden zeigte ich, wie man die mittlere
tägliche Temperatur, entweder aus dem Mittel sämmtlicher
Beobachtungen, oder aus den Extremen der täglichen Wärme
finden kann; ist aber der Beobachter nicht in der Lage,
eine so grofse Anzahl von Beobachtungen anzustellen,
oder liegen dergleichen Beobachtungen vor, welche nur
einigemal des Tages angestellt worden sind, so wähle man
diejenigen Zeiten zur Beobachtung, welche theils die
Maxima und Minima der täglichen Wärme geben, theils
sich diesen mehr oder weniger näheren. Im Allgemeinen
beobachtet man, kurz vor Sonnenaufgang, die niedrigste
Temperatur und einige Stunden nach der gröfsten Höhe
der Sonne die höchste Temperatur des Tages.
Auch hat man gesucht die Zeiten des Tages zu bestimmen,
in welchen die Temperatur gleich der mittleren
Temperatur des Tages ist, indessen alle Angaben der Art
nähern sich nur einigermafsen der Wahrheit, denn es ist
leicht einzusehen, dafs die verschiedene Länge des Tages
eine grofse Verschiedenheit hierin zu Stande bringt. Auch
müssen diese Zeiten für verschiedene Breiten, je nach der
verschiedenen Länge der Tages-Dauer, sehr verschieden
sein. In den nordischen Gegenden, wo in den Sommer-
Tagen die Temperatur häufig eben so hoch, wie die der
Luft in den Tropen ist, und sogar zuweilen noch höher
steigt, da mufs dieser hohe Grad von Wärme durch die
Länge des Tages erklärt werden, denn in den Tropen
dauert der Tag nur etwas über 12 Stunden. Erst gegen