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unfruchtbarsten Gegenden von Arabien und Aegypten die
hauptsächlichste Nahrung der Völker dar. Es ist eine
diöcische Pflanze, und wo der männliche Baum fehlt, da
müssen die Bewolmer jener Gegenden den Bliithenstaub
zur Befruchtung der weiblichen Blumen herbeiholen, sonst
fallen diese ab. So war den Bewohnern jener Wüsten
Arabiens und Afrika's die Verschiedenheit in den Geschlechtern
der Pflanzen schon lange bekannt. Ja die Araber
heben den Bliithenstaub von einem Jahre zum andern auf ;
für den Fall nämlich, dafs die männlichen Bliithen im
nächsten Jahre mifsrathen möchten. Schon Theophrast hat
diese künstliche Befruchtungsart der Dattel-Palme gekannt.
Durch die Cultur ist auch die Frucht der Dattel-Palme
sehr verändert worden, und man hat jetzt mehrere sehr
•ausgezeichnete Varietäten davon, ja Herr Bove sah im
glücklichen Arabien sogar eine weifse Varietät.
Auch von der Dattelpalme benutzt man den rohen
Saft zur Bereitung des Palmweines, so wie die jungen Blätter
oder das Herz der Pflanze zum Kohl, und auch die
Blätter und das Mark finden dieselbe Benutzung, wie bei
der Cocos-Palme.
Die Chilenische Palme (Molinaea micrococos Bert.).
Die Chilenische Palme ist nicht, wie Molina vermuthete,
eine Cocos-Art, sondern sie bildet eine eigene Gattung,
welche Berteno dem Geschichtschreiber und Naturforscher
Molina zu Ehren, mit dem Namen Molinaea micrococos
belegt hat. Diese Palme, welche früher in
ungeheueren Wäldern in Chile vorgekommen sein soll,
jetzt aber nur noch sehr selten ist, ist die südlichste in
Amerika, wo sie bis über 35" südlicher Breite hinabgestiegen
ist und daselbst eine so niedere Temperatur findet,
dafs der Schnee im Winter oftmals mehrere Stunden lang
liegen bleibt. Auf der Insel Juan Fernandez ist die Mo-
Ann. des scienc. nat. 1834. I.
EI Mercurio cUleno. Santiago, 1828.
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linaea ebenfalls zu Hause, und noch im 37sten Grade der
Breite wird sie angepflanzt.
Auch diese Palme ist aufserordentlich fruchtbar und
jeder Spadix trägt über 1000 Nüsse. Der Kern dieser
Nüsse wird zur Bereitung des Dulce sehr gesucht und
ist selbst Gegenstand der Ausfuhr nach Peru. Auch ein
sehr wohlschmeckendes Oel bereitet man aus dem Kerne.
Die Blätter, die jungen Schöfslinge, die Scheiden,
u. s. w. werden auch von dieser Palme auf eben dieselbe
Weise benutzt, wie bei der Cocos-Palme.
Die Mauritius-Palme (Maiuritia flexuosa L.).
Die Fächerpalme am Ausflusse des Orinoco ist ebenfalls
eine ausgezeichnete Nahrungs - Pflanze, wie Herr
Alexander v. Humboldt berichtet, so ernährt sie allein
die unbezwungene Nation der Guaraunen. Zur Regenzeit,
wenn das Delta des Orinoco überschwemmt ist, dann leben
die Guaraunen nach Art der Affen auf den Bäumen
jener Palme, indem sie Hängematten, aus dem Blattstiele
der Mauritia gewebt, von Stamm zu Stamm aufgespannt
haben. Nachdem sie diesen hängenden Boden mit Thea
bedeckt haben, können sie auf demselben Feuer anmachen.
Die Mauritia ist eine gesellig lebende Palme, welche
in sumpfigen Gegenden und am Ufer stehender Gewässer,
wie in der Nahe der Ströme vorkommt. Das ganze nördliche
Südamerika, östlich der Cordillere, scheint mit der
prachtvollen Mauritia beschenkt zu sein; von der Mündung
des Orinoco's bis zum Amazonen - Strome, durch
die ganze Guiana, durch Surinam und durch das nördliche
Brasilien hindurch, so wie in den verschiedensten Orten,
entlang dem Amazonen-Strome, bis zu dessen Zuflüsse
auf dem östlichen Abfalle der Cordilleren-Kette, findet
sich diese Palme in mehr oder weniger grofsen Wäldern
vereinigt. Die grauen und glatten Stämme der Mauritia
sollen im nördlichen Brasilien so gesellig auftreten,
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Ansichten der Natur, I. p. 26.