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pappel bliilien, wenn sie 168 Graae Wärme genossen hat
und der Weinstock kommt erst zur Bliitl.e, wenn er 1770
Grade Wänue erhalten hat. So griindlicli und so vortheilhaft
auch diese Methode der Untersuclmng zu sein
scheuit, so ist sie dennocli nicht so genau, wenn man sie
naher zergliedert, wie dieses von Herrn Decandolle in seiner
Pflanzeii-Pliysiologie höchst umständlich gescliehen ist
Die Temperatur des vorangegangenen Herbstes hat ebenfalls
keinen geringen Einflufs auf die Zeit der Bliithe im
kommenden Friihlinge, und daher es sehr willkiihrlich ist
das Zählen der Wärmegrade mit dem ersten Januar an zu
beginnen.
Sowohl hier, bei der Entwickelung der Bliithen, • als
bei der Blattentwickelung der Pflanzen, sind es höchst
complicirte Ursachen, welche die Erscheinung hervorrufen
aber keinesweges ist es die Wärme allein. Zuerst sind
uebei die inneren Ursachen zu beachten, welche das
Blühen einer Pflanze bedingen, und dann hat man den
Einfli.fs der Wärme und der Feuchtigkeit zu ermessen.
Herr Decandolle hat eine Reihe sehr ausführlicher Untersuchungen
angestellt, um die Ursachen zu erforschen
welche das verschiedenartige Ausschlagen der Rofskasta'
men-Baume bedingen; aus jenen Untersucliungen kann man
aber den Schlnfs ziehen, dafs es weder ein bestimmter
Grad von Wärme, noch eine bestimmte Menge von Feuchtigkeit
ist, welclie das Ausschlagen der Bäume genau bef
u g t . Es ist, wie ich glaube, eine allgemein bekannte
Thatsache, dafs im Friihlinge die Atmosphäre zuweilen
emen hohen Qrad von electrischer Spannung zeigt, hauptsac
dich nach Gewittern, welche mit Regen begleitet Avaren
mid die Gewächse, in den zunächst darauf folgenden Stunden
sich so schnell entwickeln, dafs man die allmälige
Entaltung der Blätter fast verfolgen kann; ein solcher
Zustand der Atmosphäre, welcher auch auf jeden Menschen
höchst erquickend zu wirken pflegt, ist, weder durch seine
S. Physiologie vcget, I. p. 432 elc.
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Wärme, noch durch seine Feuchtigkeit ein so schnell wirkendes
Agens auf die Vegetation, sondern es miifs noch
et.Avas Anderes, vielleicht die Electricität desselben sein.
Der wichtige Einflufs, welchen die Feuchtigkeit der
Luft auf die Vegetation ausübt, ist überall und zu jeder
Jahreszeit wieder zu erkennen,, denn nur da, AVO Feuchtigkeit
der i.uft vorhanden ist, entwickelt sich die Vegetation,
lind nur da, AVO Feuchtigkeit und Wärme im hohen Grade
zusammenwirken, da zeigt die. Vegetation einen solchen
Grad von Ueppigkeit, wie man ihn in tropischen Gegenden
beobaclitet. In Gegenden, wo Regen gänzlich fehlt, wie
in manchen Wüsten, da hat auch der Boden nur wenig
Feuchtigkeit, und es fehlt überhaupt an Wasser, wefshalb
denn auch die Vegetation daselbst unterdrückt ist, entweder
nur auf eine gewisse Zeit, oder das ganze Jahr hindurch.
Ich habe schon früher derjenigen Gegenden an der
chinesischen Küste gedacht, welche wärend des Winters,
AVO oftmals kein Tropfen Regen zu Boden fällt, nichts,
auch nicht eine Spur von dem Glänze zeigen, welchen ihre
tropische Vegetation wärend des Sommers dem Auge darbietet.
Doch in engen Thälern gebirgigter Gegenden daselbst,
wo der W^asserreichthum nicht versiegt, da herrscht
zu eben derselben Zeit, wenn dicht daneben Alles verbrannt
und verschwunden ist, noch eben dieselbe üppige
Vegetation wie zur Zeit des Sommers.*) Valparaiso, der
bekannte Hafen an der chilenischen Küste, hat seinen Namen
von do.r Schönheit der Natur daselbst erhalten; wenn
man aber diesen Ort zu einer andern Zeit, als im Frühlinge
oder im Winter besucht, so mufs man erstaunen über
die todte Natur, und über die Kahlheit der Felsen und
Gebirgsmassen, welche ringsumher diesen Hafen einschliefsen
und sich allmälich, höchst imponirend erheben.
Ueber die Erscheinungen der Hydrometeore ist die
neuere Physilc recht sehr im Reinen, wärend man früher,
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I
S. JVIcycn Bemerkungen über das Cllma im südllclien Cliina,
1. c. paj, 862.
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