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die Pflanzen-Gruppen zeigen; sie bildet sich ein eigenes
n^itürliches System, in welchem Aehnlichkeit in den Form-
Verliältnissen das Eintheilnngs - Princip ist. Die Physiognomik
der Gewiichse nntersncht das Vorherrschen dieser
oder jener Pflanzen-Form nach der absoluten Masse ihrer
Individuen oder nach denr Eindrucke, welchen sie, bei der
Bildung des Natur - Cluirakters, auf das Gemüth des Menschenmacht;
die andere Doctrin hingegen, die Statistik
d e r Pflanzen, kümmert sich nicht um das absolute
Vorlierrschen dieser oder jener Pflanzen - Gruppe, oder
dieses oder jenes Typus, sondern sie betrachtet die relativen
Verhältnisse, begründet auf wirkliche Ziihlen, in welchen
diese oder jene Pflanzen-Gruppen durch ihre Arten-
Zahl ent^veder zur allgemeinen Zahl der ganzen bekannten
Pflanzen-Masse, oder zur Zahl der Arten anderer
Pflanzen - Gruppen stehen. Eine Pflanzen-Gruppe kann
z. B. durch ihre Individuen-Zahl den Charakter der Natur
bestimmen, ohne defshalb durch ihre Arten-Zahl für
eben dieselbe Gegend vorherrschend zu sein. Wir besitzen
eine Abhandlung des Herrn Alexander von Humboldt:
Ueber die Gesetze, welche man in derTertheil
u n g der Pf lanzen-Formen beobachtet"^), welche
hierüber besonders handelt; der berühmte Verfasser sagt
darin: In einer nördlichen Gegend, wo die Compositae
und die Farrnkräuter zur Summe aller Phanerogamen im
Verhältnisse von 1:13 und 1:15 stehen (d. h. wo man
dieses Verhältnifs findet, wenn man die Gesammtzahl aller
Phanerogamen durch die Anzahl der Arten dieser beiden
Familien dividirt), kann eine einzige Farrnkraut-Art
zehnmal mehr Erdreich bedecken, als alle Arten der Compositae
zusammengenommen. In diesem Falle herrschen
die Farm durch die Masse ihrer Individuen über die Compositae,
keineswegs aber durch ihre ArtenzahL
Schon die Physiognomik der Gewächse lehrt uns, dafs
die Natur bei der Erzeugung der Pflanzen, dieselben nach
) Dict. des seltne, nat. Tom. XVIII. pag. 422 — 436. 1820.
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gewissen, uns gänzlich unbekannten Gesetzen über diu
Überfläche der Erde vertheilt hat. Wir haben bis jetzt einige
äufsere Ursachen erkannt, welche die Vertheilung von
entwickelteren und edleren Pflanzen - Formen nach den
heifsen Zonen setzt, aber wir kennen keine Ursachen,
wefshalb unter gleichen climatischen Verhältnissen nicht
immer gleiclie Pflanzen-Arten erzeugt sind. Die sonderbare
Gruppe der Cactuspflanze ist eigentlich nur der heifsen
und der subtropischen Zone der neuen Welt eigenthiimlich,
nur zwei Arten aus derselben sind bisher in
Ostindien und in China gefunden, und zwar im Innern
des Landes, sogar auf bedeutenden Höhen. Indessen die
Form der Cactus-Pflanzen, dieser eigentluimliche Typus,
hat sich auch auf der alten Welt dargestellt; wir haben
Eupliorbien, sowohl am westlichen, wie am östlichen Ende
der alten Welt, welclie man ohne Kenntiiifs der Fructifications
Organe sicherlich für Cacten halten würde, so
z. B. die Euphorbia nereifolia im südlichen China, an
welcher die Ipomoea Quamoclit hinaufrankt und dieselbe
ähnlich mit ihren scharlachrothen Blumen verziert, wie es
der Loranthus apliyllus an Chilenischen Cereen zeigt. Die
Euphorbia canariensis und Euphorbia balsamifera sind es
am westlichen Ende der alten Welt, welche daselbst die
Cacten-Form der neuen Welt darstellen. Eben so unerklärlich
ist es, wefshalb nur die alte Welt die eigentlichen
Ericen besitzt, wärend die alte Erica coerulea Willd.,
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wenn sie gleich keine wahre Erica ist, dennoch die Stelle
derselben in der neuen Welt vertritt.
Indessen die Statistik der Gewächse lehrt auf die entschiedenste
Art, dafs die Natur unter allen Zonen die
Verschiedenheit der Formen im Gewächsreiche, nach bestimmten,
unabänderlichen Gesetzen vertlieilt hat. Diese
Gesetze w^erden sich immer genauer darstellen lassen, je
vollkommner die ganze Summe der Pflanzen-Arten für
gewisse Gegenden bekannt ist; vergleichen wir kleine Distrikte
mit einander, so stimmen die Verhältnisse, unter
w^elchen die verschiedenen Gruppen zu einander stehen,
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