
•
30
I ,
welche die Ostldiste in der nördlichen Hemisphäre verhältnifsinäfsig
kälter macht als die Westküste.
Ganz ebenso Vvie sich die mittleren Temperatnren von
dem Aeqnator nach den Polen zu vermindern, ebenso nelimen
sie in den verschiedenen Regionen der Gebirge ab,
je mehr man sich von der Ebene ans entfernt, so dafs
man zuletzt an die Eisregionen gelangt, wo der ewige Schnee
und Eis aller Vegetation im Wege stellt. Am auffallendsten
inid am regelmäfsigsten zeigt sich diese Temperatur-
Abnahme, wenn man mittelst ^ines Luftballons in gerader
Linie aufsteigt. Herr Gay-Lussac machte am 16. September
1805 eine solche Luftfahrt zu Paris; er stieg bis zur
Höhe von 21480 Fufs, wo die Temperatur der Luft bis
auf 7,6^ R. fiel, wärend sie auf der Oberfläche der Erde,
gerade zu derselben Zeit, 22,2*^ war. Wenn man einen
hohen Berg besteigt, wird man ebenfalls eine solche allmäliche
Abnahme der Temperatur bemerken, und mit ihr
zugleich die auffallendsten Verschiedenheiten in Bezug auf
die Vegetation. Man wird bemerken, wie am Fufse des
Berges alle die Pflanzen der Ebene der Gegend vorkommen,
wie alsdann die eine oder die andere dieser Pflanzen
schwindet, wie dann die Bäume bis zu einer gewissen Grenze
hinaufsteigen, wo die strauchartige Vegetation vorherrscht,
welche endlich, je höher man steigt, durch blofse krautartige
Gewäclise und zuletzt vielleiclit noch durch einige
Flechten u. s. w. begrenzt wird.
Der Reisende, welcher nördlich gelegene Gegenden
besucht hat, wird, bei dem Besteigen hoher Berge in südlichen
Gegenden, sehr bald in Regionen eintreffen, in deren
Vegetation er die Pflanzendecke nordischer Gegenden wiedererkennt.
An der Grenze des ewigen Schneens jener
Gebirge wird er nur wenige Pflanzen - Formen der arktischen
Zonen vermissen, ja oft genau ein und dieselben
Arten finden, welche in der Ebene dieser ganzen Breite,
von jenen arktischen Regionen an, bis zu dem Gipfel der
Gebirge nicht vorkommen. Als ich vor einer Reihe von
Jahren die Schweiz bereiste, und in die hochgelegenen
Thalgegenden zwisclien dem Züricher und Zuger See kam,
da wurde ich nicht wenig überrascht und dabei auf das
angenelnnste erfreut, als ich eine lierrliche Wiese erblickte,
welclie alle die schönsten Pflanzen Litthauens aufzuweisen
hatte, die nieinem Gedächtnisse, durch die ersten botanisclien
Wanderungen, noch so lebhaft eingeprägt waren, und
die icli, neben andern, seit einer langen Reihe von Jahren
nicht wiedergesellen liatte.
Die Freude ist un^xussprechlich und nur ein Botaniker
kann dielbe ganz empfinden, wenn man, aus nordischen
Gegenden kommend, die hohen Gebirge südlicherer Gegenden
besteigt, und die eine bekannte Pflanze nach der andern
wiederfindet; schon in den Gebirgen der Schweiz ist
diese Freude grofs, aber um wie viel gröfser ist dieselbe,
wenn man, weit entfernt von der Heimath, auf den Gebirgen
der südlichen Halbkugel umherwandert. Der Anblick
einer kleinen Gentiana, unserer Gentiana uliginosa und der
G. nivalis aufserordentlich ähnlich, auf einer Höhe von 14-
bis 15000 Fufs, wie in der Cordillere des südlichen Peru,
kann den Botaniker stundenlang fesseln, er sammelt immer
mehr und mehr von diesen Pflänzchen, welche ihn, wenigstens
im Geiste, nach der Heimath tragen.
Es findet demnach zwischen der Vegetations-Vertheilung,
von der Meeresoberfläche an, bis zur ewigen Schneegrenze
der Gebirge und zwischen derjenigen, von dem
Aeqnator nach den Polen hin, ein gewisser Parallelismus
statt, wenn auch diese allmäliche Veränderung gegen die
Pole hin viel langsamer, als bei der steigenden Höhe der
Gebirge stattfindet. Auch ist es nach den gegenwärtigen
Erfahrungen nicht mehr schwer zu erkennen, dafs dieser
Parallelismus ganz genau mit jenem übereinstimmt, welcher
sich, in Hinsicht der Wärme-Abnahme, zwischen den Entfernungen
vom Aeqnator zum Pole und von der Ebene
bis zur Schneegrenze zeigt. Hier wird man die Vortheile,
welche die Geographie der Pflanzen auf den Ackerbau und
überhaupt auf die Cultur des Landes ausüben könnte, zuerst
recht deutlich erkennen lernen.
•^^i'ämmmmmmimkmmmmmmi^mi^i^^.