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Die mittlere Wärme, welche aus dem Mittel sämmtlicher
mittleren tägiichen Beobaclitmigen gezogen ist, giebt
nun zwar einen richtigen Begriff von der Menge der Wärme,
welche ein Ort erhält, aber keineswegs giebt sie einen
riclitigen Maafsstab für die Vegetation, w^elche diesem
Orte zukommt. Wenn sich die Pflanze im Winterschlafe
befindet, dann hat die Temperatur der Umgebung nur geringen
Einflufs auf dieselbe, wenn sie aber im Frühlinge
ihre Blätter entfaltet, wenn sie im Sommer die Blüthe
treibt und im Herbste die Früchte ausbildet, so kommt
Alles darauf an, dafs, gerade wärend dieser hauptsächlichen
Lebensperioden der Pflanzen, ihnen derjenige Grad
von Temperatur zukommt, welcher denselben von der Natur
angemessen ist. Zu Enontekis in Lappland ist die
mittlere Temperatur gleich — 2,86^ C., auf dem St. Gotthard
aber, im Hospitium, ist sie gleich — 1,05^ C. nach zehnjährigen
Beobachtungen aber dennoch giebt es zu Enontekis
Fichten- und Birken-Wälder, wärend man sich auf dem
St. Gotthard weit über die Baumgrenze erhoben hat!
So kann man eine Pflanze südlicherer Gegenden in
mehr nördlicheren Gegenden ziehen^ wo zwar harte Winter
aber sehr schöne Sommer sind, wenn man die Pflanze
gegen den Einflufs der Winterkälte zu schützen sucht,
und sie erst spät im Frühlinge dem Einflüsse der freien
Atmosphäre aussetzt. Wir werden später, wenn wir die
Verbreitung der Weinrebe näher kennen lernen werden,
genau einsehen, wie z, B. der Weinstock, um einen sehr
guten Wein zu geben, wenigstens eine fünfmonatliche
Wärme von 15^ Gels, im Mittel haben mufs; haben der
September und der October, zu welcher Zeit der Wein
Getreide-Arten, und m trockener Lnft sind sogar Geis, nöthig,
um das- Keimtings-Vermögen dieser Saamen aufzuheben. Indessen
atich hiebei äufsert die, mehr oder weniger lange Ausdauer einer
hohen Temperatur ihren auffallend verschiedenen Eindruck, denn
eine Wärme, welche 3 Tage lang anhält, zerstört schon bei 35® C.
die Keimkraft der Getreidearten. (S. Ann. dessc.nat. 1834. p, 257—270.)
S. Kämtz Meteorol. II. p, 93.
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gerade vollkommen reift, nicht ebenfalls diesen Grad der
mittleren Wärme, so bleibt der Wein sauer, und solches
Land ist zur Weincultur unpassend.
Aus dem Allen geht sehr deutlich hervor, dafs zur
Anwendung für pflanzengeographische Zwecke, hauptsächlich
die mittleren Temperaturen der verschiedenen Jahreszeiten
und der einzelnen Monate nöthig sind, wohl aber
sind auch nebenbei die Extreme der Hitze und Kälte zu
beachten, Ueberhaupt wird sich die Ausführlichkeit dieser
Untersuchungen, über die Temperatur-Verhältnisse eines
jeden Ortes, ganz nach dem Zwecke richten, welcher
damit erreicht werden soll. Sehr speciell müssen sie sefn,
wenn man nahe gelegene Orte in Hinsicht der Vegetations-
Verschiedenheit mit einander vergleichen will, allgemeiner
aber, wenn man die Vegetation grofser Hauptzonen der
Erde betrachtet.
Die Methode des Aufzeichnens der Temperatur-Curven
ist in dieser Hinsicht von grofsem Werthe; hat man
die Curven verschiedener Oerter neben einander aufgetragen,
ganz in der Art, wie es auf beiliegender TafeLgeschehen
ist, so wird man, schon bei dem ersten Blicke, die
Aehnlichkeit und die Verschiedenheit der Climate dieser
Oerter erkennen und auch sogleich eine Ansicht von der
Vegetation dieser Gegenden auffassen. Auf der beiliegenden
Tafel sind z, B. zuerst die Temperatur- Curven für
5 tropische, fast unter gleicher Breite liegende Orte eingetragen,
nämlich für Canton, Macao, Calcutta, Havanna
und Hawaii (Owhyhee). Diese 5 Orte liegen fast genau
an der Grenze des nördlichen Wendekreises, daher eine
Vergleichung des Temperatur - Ganges an diesen Orten
in vieler Hinsicht sehr wichtig sein wird, ganz besonders
aber, da das Clima, an einzelnen dieser Orte, durch vielfach
verschiedene Ursachen auffallend modificirt wird.
Man kann auf jener Tafel sehen, wie die Curven für
Canton, Calcutta, Macao und Havanna, wenigstens für die
Sommerzeit, fast genau zusammentreffen, wärend die Temperatur
von Hawaii, wo ein Insel-Clima herrscht, wärend