Gegen die Gleichzeitigkeit der Ueberfluthung des
Thaies und des Unterganges der Städte scheint der Umstand
zu sprechen, dafs in der Mosaischen Erzählung
die Zerstörung einem feurigen Phänomene allein zugeschrieben
wird , und dafs dabey von Ueberfluthung
des Thaies nicht mit einem Worte die Rede ist. Auch
spätere Schriftsteller drücken sich nicht bestimmt aus
über die eigentliche Beschaffenheit des Ereignisses.
Eratosthenes war, nach Strabo ( 1) der Meynung: Ge-
Wässer, die aus der Erde hervorgebrochen wären,
hätten die Gegend überfluthet und den See gebildet.
Strabo (der bekanntlich diesen See Si rboni s
nennt) scheint indessen dieses nur zum Theil zuzugeben
, indem er selbst die Katastrophe unterirdischem
Feuer und Erdbeben zuschreibt, und aus den Sagen
der Eingeborenen berichtet: dafs dreyzehen Städte, deren
Haupt Sodom gewesen, durch dieselbe tlieils
wirklich zerstört, theils verödet und von den erschreckten
Einwohnern verlassen -worden seyen; auch hinzufügt
: die noch vorhandene Stelle, wö Sodom gestanden,
habe einen’Umfang vön sechzig Stadien, und
die Gegend umher zeige rauhe und Verbrannte Felsen,
Höhlen, aschfarbene Erde und Pech welches aus den
Steinen dringe. Herodot giebt keine Nachricht von
der Begebenheit, Diodor (2), und Plinius (3) beschreiben
den Asphalt - See und seine Umgebungen, erwähnen
jedoch des Unterganges der Städte nirgends.
Tacitus (4) giebt die Lage der untergegangenen Städte
1) L. 16. T. 6. p. 374.
2) Diodor L. 2. c. 48. und L. 19. c. 98.
3) Hist. Fiat. L. 5. c. 15. (IA-)
4) Hi stör. L. 5. c. 6. u. 7.
an als n i c h t we i t von dem See (nicht in demselben)
gedenkt auch ihres Unterganges, nicht aber einer
durch Entstehung des Sees hervorgebrachten Veränderung
der Gegend, die er nur beschreibt wie sie ist.
Justinus (1) beschreibt die Beschaffenheit des Sees,
ohne etwas von seiner Geschichte zu sagen; der zerstörten
Städte erwähnt er gar nicht. Josephus (2),
welcher von dem vom Tod t en Meer e ausgefüllten
Thale Siddim bemerkt, dafs es vormals das Th a l
der Asph a l t brunnen (<2>psara a6cpaXrov) genannt
worden sey, meldet, dafs die Gegend, in welcher
die zerstörten Städte gestanden haben sollen , und wo
man noch ihre Trümmer finde, ein ganz verbranntes
Ansehen habe. Abulfeda ( 3 ), erwähnt, dafs
das Land der Lothi t en am Ufer des Mephitischen
Sees, al Ardh al Maklubah (das Umg ewen d e t e
Land) genannt werde, dafs es weder Felder noch
Wiesen, noch Kräuter enthalte; dafs sein Boden
schwarz und mit Steinen bedeckt sey, an denen man
noch ein gewisses Zeichen (das Erdpech ?) wahrnehme,
dafs sie zu denen gehörten, von welchen die Lothiten
getroffen worden seyen.
In allen diesen Nachrichten finden wir keine Aufklärung
über eine Verbindung zwischen dem Untergänge
der Städte und der Bildung des Sees; auch keinen
Wink über die Epoche der Umwandelung des Thaies
S iddim in denselben. Dafs die untergegangenen
Städte nicht in dem jetzigen Umfange des Sees gelegen
haben, sondern am südlichen Ende desselben y auf ei-
1) L. 36. c. 3.
2) Antiqu. L. 1. C. 9. u. 12. u. de hello L. 4- c. 8.
3) R e is k e Prodidagm. ' in Meusel Bibi. Hist. T. 1. P. 1.
p. 141.