Bekanntlich ist der im J. 79- unserer Zeitrechn
u n g ( i ) erfolgte Ausbruch des V e s u v , bey welchem
Plinius das Leben v e rlo r, u n d den der jüngere Pli-
nius ( 2 ) als Augenzeuge beschreibt u n d Suetonius ( 3 )
e rw ä h n t, der erste von welchem die Geschichte berichtet.
Was Einige von früher beobachteten Ausbrüchen
a n fü h re n , scheint au f Verwechselung m it anderen ähnlichen
E rsch e in u n g en , besonders Erdbeben die sich in
der dortigen Gegend ereignet hatten, zu b e ru h e n ; zum
Th eil aber auch a u f ganz fabelhaften oder unächten
N a chrichten, w ie d ie , w elch e dem Berosus zugeschrieben
w ird . Aurelius V ic to r ( 4 ) sagt wenigstens
b estimmt genug von diesem Ausbruche u n te r Titus:
Hujus tempore mons V ssu v iu s' in Qampania ordere
c o e p i t ; einZeugnifs das, ungeachtet der Berichterstatte
r üb er zw ey h u n d e rt Jahre von der Zeit des Ereignisses
entfernt s te h t, doch E tw as gelten m u fs, da ihm
le ich t mehrere Mittel sich darüber zu belehren zu Gebote
stehen m o ch ten , als w ir je tz t zu beurtheilen im
Stande sind. Vielleicht aber h a t der Vesuv schon vor
dem Ausbruche u n te r T itu s , neben den Kennzeichen
die sein Gestein von ehemaliger Vulcanität darbot,
auch noch Reste eines alten Kraters aufzuweisen geh
a b t, da Florus (5 ) ih n cavum n e n n t; w en n dieser
Schriftsteller n ic h t etwa von der zu seiner Zeit freylich
schon dieses Beyw o rt verdienenden Gestalt des Berges
n u r den Schmuck zu seiner Erzählung einer in weit
frühere Zeit gehörenden Begebenheit entlehnt hat. Er
1 ) 8 Kal. Sept. • Var, Kal. Novembr. — u. 3. Non. No-
vembr.
2) L. 6. epist. 16 et 20.
4) Epitome Cap. 10.
3) im Titus. Cap. 8.
5) L. 3. c. 20.
bezeichnet nähmlich den Vesuv au f diese Weise, indem er
die — auch von Vellejus Paterculus ( 1) schon berichtete
— Besetzung des Vesuv d u rch den Gladiator
Spartucus im Sclaven - Kriege erzählt. Vellejus
selbst e rw äh n t aber dabey Nichts von einer Höhlung
im Berge, u n d Plutarch (2) , indem er denselben Vorfall
erzählt, bemerkt n u r , dafs der B e rg , dem er keinen
Nahmen g ie b t, einen einzigen schmalen Zugang
gehabt habe.
Von der vulcanischen T h ä tig k e it anderer P u n c te in
der Nähe des Vesuv bestehen dagegen Ueberlieferungen
aus älterer Zeit. Schon der alte Nähme der P h 1 e g r ä i -
s e h e n F e l d e r u n d die Fabel, welche dieselbe zum
Kampfplatze der Giganten m ach te, sch e in t fü r die Er-
kenntnifs besonderer Naturgewalten in diesen Gefilden
zu zeugen. Polybius u n d Strabo's (3) künstliche Ableitung
dieser so ausgezeichneten u n d die w irk lich vorhandenen
Erscheinungen bezeichnenden Benennung
von dem Umstande, dafs die Götter sich um eine Gegend
von so trefflichem Boden w o h l viel gestritten haben
m ö c h te n , w ill uns wenigstens n ic h t genügen. Die
seit den ältesten Zeiten bekannten warmen Quellen
von B a j a u n d in der Nähe von N e a p e l , die man-
cherley Fabeln üb er die dortige Gegend, w ie die von
der verpesteten L u ft üb er dem A v e r n e r S e e welche
die darüber fliegenden. Vögel tö d te , von d‘em Wasser
des L a c u s A c h e r u s i u s in welchem man den P e -
r i p h l e g e t o n zu finden glaubte; die Schwefelwasser
um P o z z u o l i ( D i k a e a r c h i a ) , u n d ganz vorzüglich
die seit undenklichen Zeiten brennende S o l f a -
1) Lib. 2. Cap. 30. 2) Im Crassus C. 14. u. 15.
3) Polybius L. 3. in der Mitte — Strabo L. 5. T. 2. p. 188.