Deswegen ist es wohl nicht ganz verwerflich,
wenn man auch den in der Sprache mehr oder weni-
ger deutlich, mehr oder wenig dunkel zu erkennenden
Andeutungen und Erinnerungen alter muthmafslicher
Naturbegebenheiten einen Blick vergönnt. Aber dergleichen
zerstreute Andeutungen auf dem Wege der
Etymologie zu einem Ganzen zu vereinigen, und wichtige
Folgerungen im grofsen Zusammenhänge daraus
abzuleiten, das wird nimmermehr, weder in der Natur
noch in der Menschengeschichte gelingen. Es ist
zu leicht, aus jedem beliebigen Worte auf diesem Wege
Alles zu machen — und sey es aus N eb ucadnezar,
Jacob — als dafs man nicht das gewagte Etymologisi-
ren zum Zwecke weitgreifender historischer Hypothesen
, als eine gefährliche Klippe sorgfältig vermeiden
müfste.
Den Versuch, die alte Thätigkeit der Französischen
Vulcane während der historischen Zeit auf dem Wege
der Etymologie zu finden, hat ein Herr Raulhac zu
Aur i l l a c , Mitglied der bekannten Cel l i sehen
Akademi e , gewagt. Er hat eine ausführliche Arbeit
darüber zu liefern versprochen (1); ob er sein Versprechen
erfüllt hat? ist uns unbekannt, aber von den
Proben seiner Ableitungskunst, welche er vorläufig
ölfentlich dargelegt hat, einige Beyspiele hier mitzu-
tbeilen können wir uns nicht versagen. Dafs er Benennungen
wie Gorge des En fers, Puy desEn-
f er s, allenfalls auch Tart a r et , zu den bedeutsamen
zählt, dagegen möchte — nach dem was wir so eben
geäufsert haben — so viel nicht einzuwenden seyn.
Aber er geht weiter: P u y de Goules mufs sich als
Feuerberg den Ureinwohnern gezeigt haben, sagt er:
1) S. Le Moniteur universel 1812. Nr. 222.
denn im Celte - Breton heifst' Goel, Gouel eine
Schmiede, Golen l eu ch t e n d , in der Auvergner
Sprache Coleil eine Lampe , im Hebräischen koule
verbrennen, im Griechischen kheleos verbrannt ,
im Gothischen Gol Feuer, , in der Französischen Heraldik
Gueules die rot he Farbe. Ferner eben so
Puy de la Vache: in der Auvergner Sprache heifst
passa r ö s t en, Lateinisch passus an der Sonne
gekocht , Fax die Fack e l , im Celte-Breton pousa
kochen, Griechisch pessein braten, Kophtisch posai
Glanz, Flamandisch hass am Feuer koche n , Isländisch
bacus ein Ofen, und in Me x i c o giebt es
einen Vulcan, der Bacho heifst, eine Moluckische
Insel aber heifst Bach i a n, und bey Baku sind Erdfeuer.
Noch ein Beyspiel! P u y de Dome : im Celte-
Breton heifst Dom oder Tom wa rm, toma wä r men,
im Auvergnischen Mitouna (das Französische
Mitonne') lau, Griechisch Thumos Du n s t , Isländisch
Don s chwa r z , Schwedisch Dona donnern , Tun-
kinisch Dom Flamme Hebräisch Dam roth, Blut ,
bey Timo r liegt eine vulcanische Insel Damma;
Sodom und Adama sind dabey auch nicht vergessen
u. s. W.
Uns tief beugend vor der tiefen und fruchtbringenden
Gelehrsamkeit des Mitgliedes der Celtischen Akademie,
überlassen wir gerne Anderen ihre Früchte zu ge-
niefsen und — z u verdauen. Trüge Herr Raulhae
seine Entdeckungen im Gebiete der höheren Wortforschung
nicht so ernsthaft vor, wir würden versucht
gewesen seyn zu glauben, er schwänge die Geifsel der
Satyre über das Streben mancher Ableitungslüinstler, die
sich im Geiste des. wohlbekannten OlausRudbeck auch
in unserer Zeit, bald mehr bald minder geleint und
sinnreich, bald mehr bald minder verrückt, durch
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