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Das westliche Neu-Granada.
Zwischen P a s t o und Popayan theilt sich die
grofse Gebirgskette in drey Hauptzweige. Der östliche
wendet sich über S t a. Fe d e Bogo ta nach M e r i d a
und Caraccas hin; der mittlere und höchste in die
Bchneeregion hineinragende läuft zwischen den Thä-
lern des Magdalenen- und des Gaue a - Fl u s s es
■durch, gerade gegen Norden; der westliche bildet in
Norden die Fortsetzung der Kette durch die Landenge
von Panama. Wir verfolgen vorerst den mittleren
der sich nach Carthagena hin erstreckt.
Diese mittlere Kette hat in vieler Hinsicht ganz
den Charakter der südlichem grofsen Hauptkette, sie
ist ein Urgebirge, mit vulcanischen Massen bedeckt.
Unter den hohen Gipfeln derselben zeichnet sich der
mit ewigem Schnee bedeckte, und in seiner Gestalt dem
Chimb orass o gleichende To l ima aus. Von einem
ihrer tiefen senkrechten Einschnitte am Flusse Ico-
n o n z o hat Hr. von Humboldt eine interessante Abbildung
und eine Schilderung geliefert, welche die Umstände
.entwickelt, die auf die gewaltsame Bildung solcher
tief gespalteten Thäler leiten (1).
Eigentliche und thätige Vulcane sind zwar in dieser
mittleren Kette nicht bekannt, aber an ihrem nördlichen
Ende Findet sich das so vielen vulcanischen Gegenden
der alten Welt eigene Phänomen der Schlammoder
Luft - Vulcane. Südlich von Carthagena an
1) Atlas pittoresque S, 9, und Taf. 4*
einem bis zum Canal von Mahat e s und zum Magdalenen
Flusse sich erstreckenden Walde auf einem Hügel,
liegt das Dorf Turba co , und 6000 Meter östlich
davon auch etwas höher, die sogenannten Volcani-
tos. Das Dorf liegt auf Muschelkalk, aber die denselben
in der Gegend dieser Hügel bedeckende Gebirgsart
konnte wegen der sie deckenden Vegetation nicht untersucht
werden. Die Vo l c a n i t o s sind achtzehen
bis zwanzig kleine Kegel' von sieben bis acht Meter
Höhe; sie bestehen aus einem schwärzlich grauen
Thone, und jeder enthält auf seinem Gipfel eine mit
Wasser erfüllte Oeffnung. Wenn man sich diesen kleinen
Kratern nähert, so hört man ein dumpfes doch
ziemlich starkes Geräusch, das sich nach kleinen Pausen
wiederhohlt, und auf welches jedesmal nach 15 bis
18 Secunden ein Aufstofsen von einer Menge von Gas
mit ziemlicher Gewalt erfolgt. Bisweilen wird
Schlamm mit ausgeworfen. Man kann auf zwey Minuten
Zeit ungefähr fünf solcher Explosionen rechnen ;
die Gestalt dieser Hügel soll sich in vielen Jahren nicht
verändert haben, die Stärke der Explosionen scheinen
veränderlich zu seyn. Das Gas fand’ Hr. v . Humboldt
fast reines Stickgas. Eine Sage, dafs der Bezirk
dieser Gasvulcane sonst Feuer ausgeworfen habe, welches
aber durch Weihwasser für immer gelöscht, und
so der ehemalige wirkliche Vulcanismus in das jetzt
bestehende Phänomen umgewandelt worden 6ey,
schreibt Hr. von Humboldt blofs auf Rechnung des
neueren christlichen Aberglaubens der Anwohner; erkennt
also keine alte Sage darin (i ).
Der westliche Arm der Gebirgskette, der bey Bar-
1) Atlas pittoresque p. 239 — 241*