528 VI. HAUTTSTÜCK.
z o hörte man ein unterirdisches Getöse, wie
Donner des groben Geschützes (1).
Bis in den untern Lauf des Orenoco scheinen
sich die Bewegungen dieser Gegend nicht fortzupflanzen,
wohl aber bis in den mittleren, soweit die Ver-
ästungen des Urgebirges dahin fortsetzen. So wurde
bey dem grofsen Erdbeben zu Cum an a vom 21« Oc-
tober 1766* der granitische Boden auf beyden Ufern
des Or enoco bis zu den Raud a l e s d’Aturès
und de Ma ypur è s erschüttert. In Ängo s t u ra
empfand man Nichts von dem Erdbeben vom 14. De-
cember 1797 » "welches jene Stadt zerstörte. Die Erd-
stöfse, die zuweilen südlich von den Raudales (gewisse
niedrige Wasserfälle oder Stromschnellen des
Or enoco da wo er zwischen Felsen eingeengt ist)
empfunden werden, und sich auf das Becken des Orenoco
lind R io Negro beschränken, scheinen nicht
von dem mit den k l e in e n An t i l l en in Verbindung
stehenden Erschütterungskreise herzustammen. So wurden
z. B. im J. 1798 zwischen dem Gua v iare und
dem R i o Negro Erschütterungen gefühlt, die sich
nach Norden zu nicht einmal bis Maypure s verbreiteten
(2). Daher ist vielleicht eher eine Verbindung
zwischen diesen und der westlichen Gegend, d. i. der
grofsen Cordillère, zu suchen, von der die genannten
Flüsse herabkommen.
Auch noch viel weiter herab am O r enoco , aber
doch noch höher oben als Ängos t u ra , und in einer
Gegend wo Hr. v. Humboldt noch granitischen Boden
vermuthet, haben Erdbeben gewirkt. Bey der Mündung
Voyage, relat. histor. T. 2. p. 4.
J) Hu m b o ld t Voy. Relat. hist. p. 639,
AMER. 9- OST- NEU - GRAN. U. CARACCAS. 529
des Caura in jenen Strom, zwischen den Dörfern
San Pedro de Aleant ara und San Fr anc i s co
de Aripao bildete sich, nach einem Erdbeben 1790
(am Matthäustage 3 U. Morgens) ein kleiner See, von
400 Toisen Durchmesser, dadurch dafs ein Stück des
Waldes von Ar ipao achtzig bis hundertFufs tief einsank
(i). Diese Erscheinung verdient, besonders in
Hinsicht auf die geognostisGhe Beschaffenheit des dortigen
Bodens, nähere Untersuchung. Sie hat so viele
Aehnlichkeit mit einem blofsen Erdfalle, das man sowohl
den Umstand, ob ihr ein wirkliches Erdbeben
\forausgegangen ist, als die Vermuthung dafs die Ge-
birgsart der Gegend Granit sey, constatirt zu sehen
wünschen mufs* Im Granitgebirg würde freylich die
Vermuthung gegen den gewöhnlichen Erdfall seyn.
10.
Die Westindischen Inseln.
Von der Insel Tr i n i d a d an zieht sich die Vulcan-
I linie durch die ganze Kette der Kl e i n en und Gro s sen
Ant i l l en bis nach Jamaica, so dafs man
den ganzen Umkreis des Ca r a ibi s chen Me er e s
als einen grofsen Vulcan-Bezirk betrachten kann, dessen
gröfsere Ausdehnung von W nach O eine von der Mexi-
canischen Vulcanlinie und in verlängerter Richtung
derselben bis zur Insel Tri n i dad oder Granada,
und dessen kleinere eine von S nach N von Sta. Fe
I de Bog o ta zur Insel St, Domi n g o gezogene Linie
I angiebt. Die Inseln, welche diesen länglich runden Be-
L 1
1) Ebetidas. S. 6S2. ♦
Veränd. d. Erdfl, Bd. II.