19.6 II. HAUP.TSTUCK.
ja gewaltsamen Deutung zu beruhen; denn, wenn es
auch ganz ausgemacht wäre, dafs das Fragment des
Petronius einer späteren Zeit als der der Antonine angehörte,
so findet sich doch darin Nichts, das zu einer
solchen Deutung berechtigte. Ohne Zweifel hat Du
Theil die Stelle im Sinne gehabt, wo dem Trimalchio
sein Geschäftsmaiin erzählt: „Eodern die incendium
factum est in hörtis Pompejanis,. ortum nocte ex
aedibus .Villici.“ .Wie läfst sieh , aber diese Nachricht
auf das Bestehen deE Stadt Pompe j i oder eines Theiles
derselben deuten? .Von He r culaneum aber findet
sich gar Nichts im Petronius. — Der letzte der von
D u Theil für seine Meynung angeführten Gründen ist:
däfs no ch die Peutingersche Tafel beyde Städte als
bestehend angebe, und dafs sie erst in dem sogenannten
I t ine r a r i um Antonini fehlten. Er stellt diesen
Grimd auf eine solche Weise auf, dafs man sieht, er
setzt als eine ausgemachte Sache voraus, die Peutinge-
risehe Tafel sey ein älteres Denkmal als das Itinerar,
und sey ein Denkmal auf welches man ohne Bedenken
einen solchen Beweis gründen könne. Das erste aber
ist sehr zweifelhaft, und das letzte wird Niemand zu*
geben, da gar nicht nachzuweisen'ist, aus welchem
Zeitalter die Materialien und ersten Grundlagen der
Peutingerschen Tafel herrühren, und wie viel oder
wie wenig aus - späterer Zeit in die uns gebliebene
Nachbildung dieser'Wegecharte übergegangen ist.
Auf diese , in der That schwachen Gründe stützt
D u Theil die Muthmafsung, dafs der. gänzliche Untergang
der Städte He r c u l aneum und Pomp e j i erst
gegen das Ende des fünften Jahrhunderts erfolgt s e y n
müsse. Da man nun angenommen hat, dafs sich im
Jahre 471.ein Ausbruch des Vesu v ereignet habe; so
ist er geneigt, diesem die endliche Zerstörung der bey-
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den Städte zuzüschreiben. Diese Muthmafsung sucht
er durch Anführen eines Briefes im Gassiodor zu unterstützen
, aus welchem hervorgehen .soll, dafs die damals
dem Verderben entgangenen Einwohner von Pompeji
sich nach Nola , und die von Hercul aneum
sich nach Neape l gewendet und .daselbst niedergelassen
hätten, Er fügt hinzu, die- letzteren hätten èi-r
nem Theile der Hauptstadt den Nahmen Regi o Her-;
çulane ns i um gegeben, wie durch mehrere Inschriften
bestätigt werde. Wir- werden weiter unten Gelé*,
genhei t haben, zu zeigen, dafs die Nachricht von einem-
Ausbruche des Vesuv im J. 471 nicht nur zweifelhaft,!
sondern selbst höchst verdächtig ist. Aus dem Briefe;
im Cassiodör kein Beweis für diesen -Ausbruch
zu nehmen,; er enthält Nichts das hinderte, seinen
Inhalt auf den Ausbruch vorn J. ’ 512 zu deuten , welcher
ebenfalls und besser in die Zeit Cassiodors pafst
als einer im erstgenannten Jahre, in welchem Gassiodor
noch in den ersten Kinderjahren war. Aber auch das
was D u Theil in den Brief legt steht nicht darin ; sondern
es wird darin nur vom König Theoderich dem
Praepositus Faustus befohlen : einen zuverlässigen Mann
in das Nolanisfihe oder NeapolitanischeGebiet abzusen-
den, welcher dén Schaden, den die Anwohner des Vesuv
durch den Ausbruch an ihren Aeckern und Früchten
erlitten hätten, im Einzelneu schätzen solle; damit
der König einen Maasstab erhalte, um jedem Beschädigten
einen. v*erhältnifsmäfsigen Erlafs von Abgaben zu
bewilligen. Von Zerstörung der Wohnungen ist in dem
Briefe gar nicht die Rede, Aecker und Früchte sind ausdrücklich
und allein genannt.
1) Variar. L. 4. Nr. 50.