202 II. HAUTTSTUCK.
selben zu stehen scheinen; worauf wir weiter unten
zurückkommen werden.
Von Erdbeben in Unt e r - I ta l i en während des genannten
Zeitraumes ist ebenfalls wenig bekannt; einige
allgemeine Nachrichten ausgenommen von grofsen Erschütterungen,
welche ganz I t a l ien in den Jahren
615 und 844» und insbesondere Bene v ent o und
C a p u a in den Jahren 847 und 983 erlitten haben
sollen ( i).
Vom zwölften Jahrhunderte an finden sich die
Nachrichten von Ausbrüchen des Vesuv und von Erdbeb
e n in Unter-Italien häufiger. Von ersteren wird einer
im Jahre 1138 (c)> «ach Anderen 1139 (3)» dann
1306 (4) und 1500 (5). erwähnt. Heftige Erdbeben
sollen mehrere Gegenden von Ne ape l , besonders die
Haupt s t adt , Capua , Gaeta, Ave rs a, Arriano
u. a. m. in den Jahren 1282, 1298, 1450, 1490, 1523
und 1533 heimgesucht haben (6). Von diesen ist das
von 1490 welches Arriano zerstörte um deswillen
merkwürdig, weil Con s t an t in op e l zugleich nnt
erschüttert wurde. Im J. 1302 hatte der sehr selten bewegte
Epomeo auf der Insel Ischia einen Ausbruch.
1) Mi ch. Beut he r Compendium terraemotuum, d. i. kurzer
Begriff u. s. w. Strafsburg 1601. 4.
2) An oni mo Cas s ine se bey Mu r a t o r i script. rer. Ital.
T. 5. p. 64. und 141.
S) F a l co n e Chronicotty bey Mu r a t o ri. T. 5. p. 128.
4) * L e a n d r o Al b e r t i Descrizione dell' Italia. .
5) Amb r o g i o L e o n e De Rebus Nolanis L. 1. c. 1. in
Gr a e v i i Thes. T. 9. P. 4.
6) Mich. Beuther a. a. O. — J. Huldr. Ragor v on dem Erd-
bidem, ein gründl. Bericht was dieselben seyen, »ampt
Register der fürnembsten Erdbidem. Basel 1578. 4«
9. UNTER * ITALIEN. 203
Je mehr die Nachrichten von solchen Erscheinungen
in Campanien in dem Verhältnisse zunehmen,
wie die Zeit sich der unsrigen nähert; desto mehr hat
man Ursache zu glauben, dafs in früheren Jahrhunderten
manche derselben Art stattgefunden haben mögen,
von denen nur die Kunde uns nicht erhalten worden
ist. Daher ist allerdings wahrscheinlich, dafs die
phl egr ä i s chen F e lder, wo sich zwischen dem
VesUv und dem alten Cuma fast ein alter Krater
an dem andern findet, auch in diesen Jahrhunderten
Veränderungen erlitten haben mögen, von welchen sich
nur jetzt nicht mehr genügende Rechenschaft geben
läfst. Unter diesen mag denn auch die Verschüttung
des Serapis - Tempels bey Po z z u o l i begriffen seyn;
von der wir zwar historisch Nichts wissen, die aber
sehr wahrscheinlich wird durch die Erscheinungen,
deren wir in unserm I. Buche gedacht haben (i).
Goethe der diese räthselhaften Erscheinungen an Ort
und Stelle, mit dem Blicke des. Naturforschers und
Kunstkenners zugleich, selbst beobachtet hat, giebt die
einfachste und natürlichste Auflösung des Räthselhaften
darin, indem er Veränderungen der nur erwähnten
Art zugiebt, die in jener Zeit die Umgegend von P o z zuol
i getroffen haben mögen (e). Die Ansicht, die
der grofse Mann von diesen Erscheinungen gefaxt hat,
wird Jeder für naturgemäfs und aufklärend erkennen
müssen ; so würde sie uns — auch unbestochen durch
die freundlichen nnd ehrenden Worte, welche Er bey
dieser Gelegenheit an uns gerichtet hat — immer er-
1) Th. 1. S. 455. — s. auch I s i s von Oken; litterarischer
Anzeiger zum i l . Stück 1822. S. 393. und zum 12. Stück.
S. 473.
2) Goethe zur Naturwissenschaft überhauptBd. 2.S.79—-88.