Auch hier zeigte sich die Menschenliebe der Holländer in einem
hohen Maafse, viele wagten ihr Leben um durch die Eisströme
den Unglücklichen, die sich auf dieDächer gerettet hatten zu Hülfe
zu eilen. O! es ist eine herzerhebende Ueberzeugung, dafs der
Mensch, dessen Gefühl nur zu oft abgestumpft ist, doch wieder zu
edlen Handlungen sich hinneigt; sein Leben wagt, wenn er den
Mitbürger in Gefahr sieht. Da es hier aber der Ort nicht ist; um
einzelne Züge deren in Holland zu Tausenden bekannt geworden
sind, zu schildern: so sehe ich mich genöthigt, nur bey dem
stehn zu bleiben, was uns hier in hydrotechnischer Hinsicht inte-
ressirt (*).
Als alle die holländischen Flüsse mit Eise bedeckt waren , so
wurden Sachverständige abgeschickt um den Zustand der Deiche
zu untersuchen; zu verfügen damit die zu den Aufkistungen nö-
thigen Geräthschaften herbeygeschaft würden. Leyder fanden sie
aber, an vielen Orten, die Nachläfsigkeit der Deichsgemeinschaften
sehr grofs, ja , unter den Deichen selbst waren einige in ver-
wahrlofstem Zustande. So fanden sie z. B. vor demFufs des V a ricker
Schaardeiches, an der Waal unter Tiel (Tab. 28), eine
Tiefe von i 3 Fufs bey niedrigem Wasser.
Sie trafen, so gutes sich in der Eile thun liefs, zweckdienliche
Vorkehrungen. Die befste bestand in der Erhöhung der A lten
Rheinmündung bey Lobyt, x y Tab. X X I I ., die sie bis auf 1 6|
Fufs Emmricher Pegel brachten, wo die Buschberme drey Schuh
niedriger liegt.
Dieser Eisgang hat nun wieder aufs neue allen Flufsanwoh-
nern, die für sie schreckliche Wahrheit bestätigt: dafs die Serpentinen,
Flufs-und Deichengen— solche Eisstopfungen hervorbringen ,
welche den Eisstrom zur fürchterlichen Höhe und sehr abwechselnd
O) Die Nummern der Deichbriiche beziehn sich auf die in Tab. 5 2 . mitge-
theilten Karte. Darin sind die Deiche mit doppelten Linien, die Ueber-
schwemmungen , je nach dem sie hoch oder niedrig waren, mit dunkler
oder heller Schattirung die parallel mit den Zahlen, welche bey
denen Deichbrüchen wodurch sie einströmten stehn, läuft, angedeutet.
anschwellen. So stand z. B. am 2ßten Januar 179g der Rhein bey
Cöln 17 bis 18 Fufs höher1 über seinem niedrigsten Stande als
bey Emmrich; am i8ten Febr. stand er bey Ruhrort 25 F. 5 Z.
bey Uerdingen 32 und bey Emmrich i 5 F. 10 Z. über den niedrigsten
Wasserstand. Also wieder ein Beweis dessen was wir
im I. Bande von der Nothwendigkeit gesagt haben, solche Eisstopfungen
und Anschwellungen der Ströme mittelst Durchstichen
zu verhindern.
Der Kürze wegen will ich die gesammten im Febr. 1799
erfolgten Deichbrüche tabellarisch darstellen.
Nahmen der Deiche worin
die Deichbrüche erfolgten.
Nummer
auf
der
Karte
in Tab. 5a.
Welche Gegenden da-
bey überschwemmt
wurden.
Bemerkungen.
In dem südlichen Waaldeich
bey dem Dorfe
Weurth.
In den lymerschen Deich.
In dem betouwschenDeich.
Am pannerdenschen Canal-
deicli und in den zwey
Durchbrüchen in den Pan-
nerd. Waaldeich.
In dem südlichen Maasdeich
bey Gassei oberhalb
und unterhalb Grave.
Ein alter im Jahr i 7g5
vorgefallener und offen gebliebener
Durchbruch bey
dem Dorfe Lith.
(Zwey Durchbrüche in dem südlichen Waaldeich bey
dem Dorfe Millingen.
Im DüfFelschen Deich.
4. 5.
6.
IDas Land zwischen 1
Maas und Waal. j
Das Amt Lymers und |
die Ysselgegenden.
iDie Ober - und Nie-\
derbetouwe.
Die Ueberströmung *
vereinigte sich mit je- 1
ner durch den Altenrhein
und den Deich-\
brüchen 3. 4. 5. kommend
und brachte die
Inondation längs der,
Ysselnoch höher land-/
wärts.
Diese Inondation erstreckte
bis zum baart-
wykschen Ueberlafs.
Sie zerrifs auch den
hohen Maasdeich bey
No. 20 und inondirte
so das Land van Altena.
Alle die Gegenden!
zwischenCleve undNy-?
A (Tab. 5a) ist eine Hülföffnung
im Deiche bey Dreumel um vermittelst
derselben und der dreumelschen
Schleuse diese Inondation zu erniedrigen.
Die aber dennoch 4 bis 5
Schuh höher als i. J . 1784 anlief.
Bey Gelderscheort wurde die In-
ondationsschleuse auch ruinirt.
Diesen Einbruch (N. 6) suchte man
glücklicherWeise zu umdämmen. In-
I dessen strömte doch das Wasser 3 F.
hoch über dieDeiche und die Betouwe
|ward so hoch überschwemmt, dafs
das Wasser über den Griftdeich, über
den Aisdeich lief und bis zum Dief-
deich (unter dessen Krone stand es 2
Fufs ) alles inondirte. Diese Ueber-
schwemmung suchte man vermittelst
den Ueberlassen C bey Asperen
und Gellicum an der Linge und den
Dalemschen Schleusen D nach der
Merwede zu entlasten.
In dem millinger Deiche war eine
Versinkung gekommen.