ches ihr in der Mündung dadurch erleichtert wird: dafs der Flufs-
strom darin eine äufserst geringe Neigung und wenig Geschwindigkeit
hat (ƒ). In dieser Hinsicht findet also zwischen dem
Strom in natürlichen Flüssen, der zuweilen mit einem hydraulischen
Beharrungsstande fliehst, und dem Strom in solchen Flüssen
worin die Fluth einströmt oder dem Strom in Meerbusen eine
stricte Analogie nicht statt.
~ §. II. Das Seewasser oder auch das Flufswasser in dem untern
Flußbezirke, kann, während einer Fluthzeit, bis zu demjenigen
Puncte wohin der Rückwallendestrom verspürt wird n ich t
gelangen. Wollte man das Gegentheil annehmen, so würde man
zugleich darthun müssen: dafs der Rüekwallendestrom eine ungeheure
Geschwindigkeit erlangen müfste. In der Maas und
Meerwede würde er wenigstens i 4;5 Fufs in der Secunde zurück
legen müssen; in der F.lbe würde er noch schneller fliefsen; im
Amazone-Flusse müfste er fast des Sturmwindes Schnelligkeit
übertreffen. W ir finden also hier wieder die Anwendung von
dem Satze: dafs der Druck einer flüssigen Masse sich so weit in
die Masse selbst ausdehnf, als er die Ueberwucht hat: denn hier
drückt der Flufsstrom der Fluth entgegen — selbst mit einem
hydraulischen Momente. Soll dieses also der Fluthstrom überwinden,
so mufs in jeder auf die Bewegungsrichtung senkrecht
liegenden unendlich kleinenWand des Fluthstromes erst einen Aufstau
(eine Denivellation in der Oberfläche,) entstehn, bevor er
aufwärts getrieben und in den Rückwallendenstrom verwandelt
werden kann. Jede senkrechte Wasserwand schiebt also die andere
fort, wenn der Rückwallendestrom eine Ueberwucht über
den Flufsstrom erhalten hat, das ist, wenn jedes seewärts gelegene
senkrechte Profil in gleichen Zeiträumen eine gröfsere Wassermenge
des Fluth-oder Rückwallendenstromes durchläfst als
jedes Profil des Flufsstromes. Auf diese Weise kann man sich
die Bewegung eines Rückwallendenstromes ondulirend gedenken.
Cy) Tab. 49, Fig. 4 5 6 und Bossut Hydrod. Tom. II. p. 585, Raccol-
ta T. VII. p. 504.
Wirklich sieht man auch, wenn die Vorfluth ankömmt__wenn
sie die Ueberwucht über den Flufsstrom erhält und also einen
Rückwallendenstrom in dem Wasser hervorbringt__eine weF
lenartige oder ondulirende Bewegung an der Oberfläche. So kann
also ferner die ondulirende Wirkung sich schnell in den Strom
verbreiten , ohne dafs gerade das Wasser oder der Strom selbst mit
grofser Geschwindigkeit aufgetrieben wird; daher ist es denn auch
bey dem Amazonen-Flufs (bey dessen überaus grofsen Mündung,
bey der wahrscheinlich geringen Neigungdes Flufsstromes und bey
dem geringen Abhange seines Bettes) möglich: dafs der Rückwal-
lendestrom 200 Seemeilen aufsteigt. Es bedarf also da keiner
Fluth wellen, die wieder Ebbewellen nothwendig machen würden,
und dann hätten wir in einem und demselben Flusse mehrmahlen
abwechselnd zugleich Fluth und Ebbe, nähmlich, wenn
wir ihm nicht eine ungeheure Geschwindigkeit zugestehn wollen.
Davon ist so viel ich weifs, bis jetzt aber noch keine Beobachtung
bekannt.
§. III. Da also die Größe des in der Mündung einströmenden
Fluthstromes den Druck womit er gegen den Flufsstrom
wirkt: bestimmt, so beruht es auf die Größe der Mündung :
wie weit der Rückwallendestrom aufwärts geschoben werden kann.
W ill man also diesen Strom weiter landwärts führen um den
Flufsstrom zur Zeit der Ebbe selbst zu verstärken; die Tiefe zu
Vermehren; und die Fahrbarkeit zu verbessern: so mufs man die
Mündung vergrößern! Dieser Satz wird auch, selbst von der Erfahrung,
aufs befste bestätigt: ehemahls lief nähmlich der Rückwallendestrom
der Weser oberhalb Bremen; der von der Elbe
oberhalb des Zollspickers; der von der Waal oberhalb Bommel
hinauf und die Mündungen dieser Flüsse waren gröfser als gegenwärtig.
Die Maas war (160 6) neun hundert sechzig Ruthen
weit und für Kriegsschiffe fahrbar, gegenwärtig beträgt ihre
Breite kaum 420 Ruthen; und ihre Tiefe, bey der Ebbe, nicht
über 8 Fufs; damahls lief der Rückwallendestrom bis Bommel