Rückkehr auf das Project des Bylandschen Durchstiches.
'Auszug aus Brünings Gutachten.
Es ist bereits S. i 56 gezeigt worden, welche unerhebliche und
nichtige Einwürfe man diesem Projecte entgegenstellte, und ich
will diese Einwürfe selbst von dem Präsidenten Brünings, damah-
ligen Aufseher der Wasserbauten von Rhynland, beantworten lassen
und dessen vom 2iten Dec. 1768 datirten Memoire in einem
kurzen Auszuge bringen. Daraus werden wir auch noch einige,
derer noch nicht angeführten, Einwürfe erfahren.
Er sagt darin unter andern : « Wird dasjenige erwogen, was
in dem UtrechtschenMemoire (Veitgens Gutachten S. 17 4 ) gesagt
worden ist: so wird man überzeugt, dafs selbst, nach dessen Verfassers
Meynung, der Bylandsche Durchstich einen erwünschten
Erfolg h ervorbringen müsse, indem, vermitteltst demselben, der
Strom auf den Scheitelpunct des Pannerdenschen Canals und der
Waal geleitet wird. Freylich zieht der Utrechtsche Berichtsteller
diese Folgerung nicht ; sondern er behauptet : derStrom werde die
Mündung des Pannerd. Canals, wegen der auf den Scheitelpunct
anschiefsenden Richtung verstopfen. (Ein sonderbares und sehr
antihydrometrisches Raisonnement, doch, wir verweisen den Leser
auf B. I S. 544). Brünings zeigt nun : dafs der Strom des Bylandschen
Durchstiches allmählich auf den Pannnexdenschen Waard
auf 28 Ruthen reducirt. Unmöglich kann , doch wohl ein so geringer
Ueberschufs von 28 Ruthen gleiche Folgen mit dem, von 5q8
Ruthen haben P — Uebrigens ist Preüfsen für die Durchgrabung
des Bylandschen Waards sowohl, als auch derYssel über derPley -eine
neue Mündung zu geben. Eben so wenig haltbar ist das, was Beyerink
in einem hierauf gefederten Gutachten fagt. Er drückt sich so
aus: „um das Vermögen zweyer Flüsse berechnen zu wollen, mufs
man auch die Tiefe kennen, denn wenn ein zweymahl breiterer Flufs
nur die Hälfte Tiefe des schmälern Flusses habe, so könne man mathematisch
sagen, dafs beyde Flüsse gleich viel Wasser abführen
Hättte er die Bedingung einer gleichen mittlern Geschwindigkeit hinzugesetzt,
so würde ihm diefs gewifs Niemand ableugnen; fo aber
wird ihm kein Hydrotect beystimmen.
wirksam werden, mitbin diesen angreifenund abflächen werde. Also,
sagt Br., wird der Flufs, weit entfernt eine concaVe Gestalt zu bekommen,
allmählich eine geradelinige Bahn annehmen und fast
directe auf den Scheitelpunct der Ströme anlaufen; folglich fallen
die Ein würfe weg, welche in dieser Rücksicht, gegen den Durchstich
aufgestellet sind; und wenn sich der Strom von der vortheil-
haftesten Richtung etwas entfernen sollte, so gäbe es hydrotechnische
Hülfsmittel, womit man ihn wieder verbessern könne, da
die Hauptdirection vermittelst des Bylandschen Durchstiches corri-
girt werden würde. »
Es wird beschlossen den Bylandschen und Ysseldürchstich auszuführert.
Wenngleich die Mündungen des Pannerdenschen Canals und
der Yssel versandet waren; die Ueberschwemmungen vom Leck
und Niederrhein häufiger und höher eintraten, und andern Theils
der Herwensche Deich bereits 1764 zerstört und das Dorf ein Raub
des Stromes wurde; wenn die Waal in derHerwenschen Serpentine
dem Rheine bey Aart immer näher kam; und wenn endlich
die competenten Sachverständigen alle Gründe zur Ausführung des
Bylandschen Durchstiches aufboten; so entfernten die Provinzen
Utrecht und Overyssel doch immer dessen Ausführung.
Friedrich der Grofse gab aber der guten Sache den Ausschlag;
Er liefs durch seinen Minister im Haag mit Nachdruck erklären:
dafs wenn man sich nicht zu der Ausführung des,schon längstpro-
jectirten , Bylandschen Durchstiches entschliefsen würde, so sähe
sich der König genöthigt, zu Gunsten derPoldervon Huissen, Mal-
bu rgen undLymers, einige der holländischen Deiche durchstechen
zu lassen." Diese kraftvolle Erklärung wirkte bey den Staaten der
betheiligten dreyProvinzen gleich einem elecfrischen Schlage. Wie
sollten sie aber mit den Preufsischen Commissarien in Unterhandlung
treten, da sie selbst untereinander uneinig waren ! Es ward
also von ihnen im Febr. 1769 eine Zusammenkunft im Haag gehalten,
welche gleichwohl fruchtlos ablief. So bedarf es immer zu
einer die Wohlfahrt eines Landes betreffenden Sache viel Zeit, und
Widersprüche aller Art stemmen sich ihr entgegen — wenn man
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