man nie dahin gelangen dürfte: ‘die Zeit der sehr hohen und den
Dämmen nachtheiligen Fluthen a priori zu bestimmen, indem
sie fast beständig von Stürmen entstehen; so ist z„* B. der deutschen
Küste an der Nordsee der West-Nordwestliche Wind vorzüglich
gefährlich S. 429. Aus diesen citirten Beobachtungen
sehn wir auch: dafs die stärksten Winde die höchsten Fluthen
begleiten. Ueberhaupt sind die Springfluthen nie den Deichen
gefährlich , wenn sie nicht mit Stürmen begleitet sind : denn
alle Deiche liegen weit höher als die gewöhnlichen Fluthen
steigen. Ja, die Stürme treiben das Meer mehrere Fluthpe-
noden hinter einander gegen das Gestade an und beständig
weit über die Höhe der Springfluthen hinaus, wie wir
(S. 42g) sehn. Selbst von der Stärke des Küstenwindes "sind
w ir nicht berechtigt, auf die Stärke des Windes auf dem offenem
Meere — zu urtheilen. Gewisse Beobachtungen können
indessen den Strandbpwchner zur Warnung dienen: wenn z. B.
der Südwind sich schnell nach Nordwest dreht, so entsteht längs
der holländischen Küste fast immer Sturm. Tritt dieser nun in
den Equinoctial-und Solstizial-Zeiten oder wenn der Mond in
der Erdnähe steht, ein; so ist um so gewisser eine ausserordentliche
hohe Fluth zu befürchten. W ir sehn also, dafs sich über
die zu erwartenden Erhebungen des Meeres, gegen die Küsten,
nie eine genaue Berechnung wird anstellen lassen. Noch weniger
läfst sich wohl a priori die Höhe derselben bey. mehreren
Küstenpuncten zugleich bestimmen. Wie unregelmäfsig ist nicht
das Bett derer auf unserm Planeten befindlichen Meere; wie mannigfaltig
sind.nicht die Figur der Küsten, die davor liegenden
Bänke und Rifs, so wie die Mündungen der Meerbusen? Wer
kann wohl die Wassermenge bestimmen, welche von den Meerbusen
und den kleinern Meeren aus dem grofsen Ocean bey diesem
oder jenem W'lnde, bey dieser und jener Erhebungshöhe
des Oceans , während sechs Stunden, eingeschlürft wird ? Mit
welcher Geschwindigkeit diefs geschieht und um wie viel diese
Geschwindigkeit in der Meerenge, — in dem Meerbusen accelerirt
werden müsse , um das Wasser zu dieser oder jener Höhe
zu heben? Läfst sich der Einflufs der Meerbusen auf das Steigen
und Fallen des Meeres in der Nähe ihrer Mündungen selbst
dann bestimmen, wenn man die Gröfse des durch diese Mündungen
strömenden Volumens berechnet hätte ? Kennen wir
wohl die Einwirkung der Cohäsion des Wassers auf seine Bewegung
längs der Küste? Nehmen wir alles dieses zusammen, so
dürfte der Gelehrte auch hier gestehn müssen: dafs er Von Naturerscheinungen
, die so mannigfaltigen Abwechselungen unterworfen
sind als die Fluth es ist, nur einige einzelne Momente mit
Hülfe der Erfahrung und der Theorie angeben könne und dafs
er es nie dahin bringen dürfte: selbst die Zeit der hohen Sturm-
fluthen zu bestimmen; dafs die neuem Gelehrten ohngeachtet ihrer
Bemühungen über den Gang dieses Phänomens noch vieles
unentwickelt gelassen haben (x). Wenn wir also schon durch
die genaue Uebereinstimmung zwischen den Bewegungen der
Sonne und des Mondes und dem periodischen Erheben des Meeres
es wissen: dafs dieses von dem Stande dieser zwo Weltkörper
und dem der Erde abhängt, so kennen wir doch viel zu wenig
den Gang der Oscillation des Weltmeeres, um die Berechnung
einer Oscillationsscale, welche die Höhe der Erhebung
längs den Küsten angeben könnte zu verfertigen. Es ist also in
jedem Betracht zu wünschen, dafs sich eine Gesellschaft Naturforscher
vereinigen möge, um Beobachtungen an mehreren Orten
zugleich, — wo möglich auf isolirten Puncten — anstellen zu
lassen und alsdann werden nur die bey geringem Winde angezeichneten
zu gebrauchen seyn. Die Insel Helgoland wäre z. B. ein solcher
Punct; auch der Leuchthurm zu Edystone; ferner die Inseln
Uist unter den schottländschen Inseln; das Inselchen Kilda
von Western Islands; Suderoe und Eueloe von den Feroeschen
Inseln; die Insel Quessant; Verte; St. Yago; Helene; Trinida-
de u. m. Inseln würden solche Beobachtungspuncte abgeben kön-
(x) Belidor Arch. Hydr. 2 P. T. 2 p. 7 hat fast dasselbe gesagt was man
jetzt für neu ausgiebt,