die Committee der Seewehren bis jetzt die Resultate daraus noch
nicht gezogen hat und so sehe ich mich denn genöthigt : ohne
diese ans Werk zu gehn.
Bey diesem Mangel einer hinreichenden Anzahl von Beobachtungen
wird meine Arbeit immer sehr unvollständig seyn müssen
, indessen hoffe ich doch, dadurch — die Naturforscher zu
Wahrnehmungen und Erforschungen derer Erscheinungen, welche
uns die Fluthströme darbieten, zu vermögen — und dann
hätte ich ja recht viel gewirkt!
Um diese Materie abzuhandeln wird es zuförderst nöthig seyn,
eine kurze Erklärung zu geben: O O
I°‘ Von der Fluth im Weltmeer und längs den Küsten.
Seitdem Newton die Anziehungskraft, der Himmelskörper erwiesen
hat und die Gelehrten aus dem regelmäfsigen und periodischen
Steigen und Fallen des Meeres (die Wirkung der Stürme
abgerechnet ) geschlossen haben : dafs nicht nur der Mond , sondern
auch die Sonne die Oberfläche des Oceans anziehe — also
erhebe — und dafs die Anziehungskraft dieses Körpers auf den
Ocean sich zur Attractionskraft jenes verhalte wie 1 :3 (s); so ist
es keinem Zweifel mehr unterworfen: dafs die Erhebung des Meeres
ein Maximum seyn müsse, wenn die Sonne und der Mond
während den Sysigien mit ihrer Anziehungskraft gemeinschaftlich
die Masse des Oceans erheben; das ist, wenn die Mondes-und
Sonnenfluth zufammen trift. In den Quadraturen mufs sonach
die Erhebung des Meeres ein Kleinstes seyn. In den Aequinoc-ti-
al - Sysigien ist die Fluth höher als in denen der Solstitialzei-
ten ; ferner steigt die Fluth in den Quadraturen der Solstitien höher
als in denen der Nachtgleichen. Auch hat die Declination der
Sonne und des Mondes einen Einflufs auf das Steigen des Meeres.
Der Unterschied des hohen und niedrigen Meeres (dieFluthhöhe)
ist also ein Gröfstes, wenn der Mond zu den Herbst- und Nachtgleichen
in der Erdnähe ist und durch den Erdäquator passirt. Das
PP Memoires de l’Acädemie, des Sciences 1790. p. 53.
Maximum und Minimum der Fluth haben wir an den Küsten
nicht auf den Tag der Sysigien und der Quadraturen, sondern einen
oder zwey Tage später. La Place fand aus einer Menge zu
Brest angestellten Beobachtungen: dafs jenes 35\ Stunden nach
den Sysigien und dieses 38 Stunden nach den Quadraturen erfolgte.
Da aber beyde Zeiten gleich seyn sollen, so liegt die Abweichung
in den Fehlern der Beobachtungen.
Die Erhebung des Meeres ereignet sich regelmäfsig so: dafs die
Zwischenzeit zweyer Fluthen (bey einer Windstille) einen Mondestag
oder 24 Stunden 5o '28" ausmacht und also das niedrige und
hoheWasser um 6 St. 1 2'37'Von einander entfernt ist. So ist also nach
24 St. die mittlere tägliche Verspätung= 5o '28". Diese Verspätung
ist jedoch öfters abwechselnd, nicht nur bey jedem Küstenpuncte ,
sondern auch bey mehreren unter einander. Wenn das Wasser
zumhö<il»ften gestiegen und zum niedrigsten gefallen ist, so entsteht
allemahl ein beharrlicher Zustand (ei« Stillstand) derselbe war
z. B. imFebr. 1798 im Maarsdiep (im Mittel) nach der Fluth 26
Minuten 1 1 Secunden, nach der Ebbe z3 Min. 17 A Sec.; in
der Mündung des Vliestromes i 5 Min. a5| Sec. nach der Fluth
und i 5 Min. 1 7 ! Sec. nach der Ebbe. Diesen Stillstand möchte
ich den Gleichgewichtsstand nennen. In den Meerbusen ist er
sehr grofs und desto gröfser je weiter sich dieselben von den Seemündungen
zurückziehn : so war er z. B. bey Spaarndam nach
der Fluth (im Mittel) im Febr. 1798 46 Minuten und nach
der Ebbe 5o Min. Ob auf offenem Meer diese beyden Stillstände,
bey einer Windstille, (im Mittel) die Zeit der Verspätung ausmachen
ist ungewifs. Die längste Verspätung trift indessen, nach
la Place, mit der niedrigsten und die kürzeste mit der höchsten
Fluth zusammen.
Ist der Mond zur Zeit des Neu - und Vollmondes in seinem
Perigäum (Erdnähe) so ist die Fluth, vermöge seiner Attractions-
kraft, höher als wenn er in seinem Apogäum (Erdferne) ist. So
war z. B. am 2ten Febr. 1798 die Morgensfluth bey Cuxhaven 1 3,5o
und am i6 ten j.2,o5 hamburger Fufs. Im Texel am ersten Tage