hinauf; jetzt ist er, selbst beym niedrigen Stande der Waal nur
bis unter Vuuiren (Tab. 29) merkbar.
§■ IV . Das Wasser der Vor/luth kann nickt über die Nachebben
oder über das Wasser des Flufsstromes hinweggleiten. W ä re
diefs, so würde man dem Seewasser über das Flufswasser hin
eine wenig gestörte Geschwindigkeit zugestehn müssen. Dieser
Fall findet aber nicht statt: denn es tritt das Seewasser während
einer Fluthzeit, nicht weiter in das Flufsbett hinein, als die mittlere
Geschwindigkeit der gesammten Masse es treibt. Auch treten
ja nicht die obern Schichten des Meerwassers in die Mündung
des Flusses allein hinein, (S. 428): sondern die gesammte vor der
Mündung Stehende Meereswand und diese bewirkt mit ihrem gelammten
Druck einen Rückwallendenstrom in des Flusses Bett,
wie wir bereits §. II. erklärt haben.
Aus diesen zwo Sätzen, deren Richtigkeit bald noch mehr bestätigt
werden wird, (*) geht also hervor: dafs zwischen Flüssen
und Meerbusen, in denen die Fluth einströmt, auch wieder ein
wesentlicher Unterschied zu machen sey: denn bey jenen hat der
Fluthstrom den Flufsstrom zu überwinden ; bey diesen findet nur
ein Strom, entweder der Fluth-oder der Ebbestrom, statt.
(* ) Auf Autoritäten, die in Hypothesen bestehn, kann ich mir nicht
einlassen, also auch nicht auf diejenige 'Vorstellung, die sich Gugli-
elmini (Deila natura de Fiumi C. VIII. p. 41Q) von der Wirkungsart
der Fluth in Flüssen macht: denn er hält dafür: „ dafs der
Fluthstrom nicht vermögend sey, das kleinste Flüschen', wenn.es
nur mit hinreichenden Ufern versehn ist, in seinem Abflüsse zu
hemmen $ dafs also der Fluthstrom über den Flufstrom hinweg gleiten
müsse. „ Zeigen nicht die von Woltman S. 428 mitgetheilten
Messungen , die rückwallende Bewegung der gesammten Masse P ——
also das Gegentheil der Guglielminischen Erklärung, welcher mehrere
berühmte Schriftsteller unbedingt beygetreten sind. Mit welcher
ungeheuren Geschwindigkeit würden wir die Fluth einströmen sehn:
wenn sie nach Bossut sich über den Flufsstrom wälzte. (Er drückt
sich in seiner Hydrodynamique T. II. p. 288. s o aus „ l’Eau de la
mer remonte avec rapidite et glifse sur celle de la seine £ peu prcs
comme eile feroit sur un terrein uni. “ Ich setze dieser Behauptung
§. V. Auch in Meerbusen und Flüssen, in denen die Fluth
einströmt finden in den engsten Stellen die gröfsten Tiefen statt;
denn die Geschwindigkeit der Ströme wird darin größer als in
der weiten Bahn, wenn sie gleich nicht mit einem hydraulischen
Beharrungsstande fliefst. Auch tritt dieser Stand, wie wir aus
dem ersten Bande (S. 4 2 1 ) gesehn haben nur selten, beygrofsen
Flüssen, ein und doch sind die engsten Profilweiten allemahl mit
der gröfsten Geschwindigkeit und den gröfsten Tiefen gepaart.
Es versteht sich, wenn unter allen Umständen die Geschwindigkeit
so grofs ist, um das Bett auszuhölen; denn wo dessen Adhärenz
so stark ist, dafs die fortbewegte Strommasse daran keine Ab-
flächung bewirken kann, da dürfen wir auf eine größere Tiefe
nicht rechnen.
§. VI. Die in Flüssen einströmende Fluth hat anfänglich
eitie positive, dann eine negative Neigung, das heifst: des sogenannten
Fluthstromes, oder eigentlich des Rückwallendenstromes-
Oberfläche erhebt sich stromwärts. In der That ein äufserst auffallender
Satz; welcher es beweifst: dafs unter gewissen Umständen,
selbst die Oberfläche des fließenden "Wassers steigen könne,
nähmlich alsdann, wenn ein Strom dem andern begegnet und
der eine über den andern die Ueberwucht erhält, welcher Fall
denn bey Flüssen, worin die Fluth einströmt (* ) sich ereignet.
Diese Naturwirkung wird von den Beobachtungen die der Landmesser
Bolstra in den Jahren 1739 bis 17 4 1 angestellt hat
aufs unumstößlichste erwiesen (** ) und ich will __ um diefs
noch entgegen: dafs es nicht allein der obere Theil des Meeres seyn
kann, welcher zur Fluthzeit in die Mündung der Flüsse,eintritt,
sondern die gesammte Masse bis auf den Boden we il. sonst der
Druck des Flufsstromes selbst in das Meer hinein eine der Fluth
entgegengesetzte Bewegung hervorbringen müfste.
(*) Im Meere und längs dem Gestade ist die Fluth mit dem Begrif vom
Steigen verbunden; da wirken aber auch die anziehenden Kräfte der
Himmelskörper und der Widerstand des Gestades.
(* * ) Auch die Waterpassingen en Peilingen aan en omtrent de Rivier de
Merwede door Cruquius, und noch mehrere, von Bolstra angestellte,