wohl als die der Hydrotecten in einem hohen Maafse beschäftigt;
wie grofs mufs aber nicht die Verwunderung des Lesers seyn,
wenn er siehet, dafs, sie nicht allein durch Einwirkung der Natur
sondern selbst durch menschliche Unternehmungen bis zu diesem
verderblichen Grade • gestiegen ist? Von den Wirkungen der
Natur ist sie erstlich, durch Anschlagung der Wellen, die nur
selten unwirkthätig, wegen der beständigen Unruhe des Meeres
sind, bewirkt worden. Diese Wellen, mit der geringsten Brandung
gepaart, lösen nehmlich die lockernen Stoffen des Ufers auf
und führen sie jn die Masse des Meeres hinein, 2tens wird diese
Zunahme dadurch befördert, dafs der starke W in d die Oberfläche
des Wassers in solchen hohen Wellen bewegt (*): so dafs die
auf den herrschenden Wind liegenden Ufer (de laager Wallen)
dergestalt angegriffen werden, dafs ganze Stücke Landes in die
Tiefe hinabstürzen. Die dritte Ursache des Abbruchs liegt in den
Erhebungen des Eises, wenn die Eisschollen während dem Thaü-
wetter von den herrschenden 'West- und Südwestwinden, die
hier durchgehens bey Thauwetter und als Stürme wehen, auf die
Ufer angetrieben werden. Diese Eisfelder schieben sich dann bis
zu einer Höhe von 10 bis 12 Fufs aufeinander, reissen die locker
gewordene Grünschwarte ab, und erleichtern es so dem Wellenschläge
die locker-gemachten Ufer abzuschäleri; auf diese Weise
werden alle die dem herrschenden Wmde entgegenstehenden Ufer,
nach dem Maase ihrer Cohäsion, mehr oder weniger abnehmen
müssen; daher die grofse Abnahme derer, welche nach Osten
und Norden liegen (T. 4 1).
(*) Brünings sagt in den Anmerkungen zum 2*™ Bande der Waltmanni-
schen Beyträge zur hydraulischen Architectur TU B. S. XXX: ,, Ich
bin' geneigt: um in Seen und Binnenwassern (den Ocean ausschlie-
fsend) eher die Breite dann die Höhe der Wellen für eine Function
von der Tiefe des Wassers - zu halten, so sind z. B. die Wellen des
Haarlemmer Meeres bey einem harten Winde, eben so hoch wie
die im Südersee bey Amsterdam; aber die letztem sind breiter.
d. H.
Eine Ursache von der Zunahme des haarlemmer Meeres anderer
Art besteht darin: erstens dafs in des Meeres Nähe eine Menge
von Torfstechereyen (Veenen) liegen , von denen mehrere nur durch
schmale Dämmchen von ihm getrennt waren; wenn dann diese
Dämmchen (Kadeiche) durchbrachen, so wurden die Veenplätze
mit dem Meere vereinigt. Zweytens hat man nicht nur zur Urbarmachung
der Ländereyen die Veen- und Kalcherde weggeführt,
sondern auch zur Aufführung und Unterhaltung der Kadeiche,
die dazu dienen, jeden Polder und Wasserplatz (*) unter
sich und von dem Meere abzusondern. Drittens wird dem Meerufer
durch das Ausstechen des mit Rohr fest bewachsenen Ufers
(der Rietkraagen) seine natürliche Festigkeit benommen. J a , dieses
Rohr auf den Ufern und den binnen Wasserplätzen (binnen
Platsen) wachsend, ist eine starke Verteidigung gegen den Anschlag
des Wassers, gegen die Brandung der Wellen und gegen
den Andrang der Eisfelder. Viertens hat man, dem ausdrückliche
Verbot der Staaten, und denen auf den Wasserstaat Rheinlands
Beziehung habenden Beschlüssen (keuren van Rheinland)
zuwieder, von dem Fufse des Meerufers Torferde ausgebaggert,
und so das Ufer selbst unterhölt; ja , aus den Folgen läfst sich
schließen : dafs dieses leztere zur Nachtzeit geschehen ist.
Erwägt man nun die grofse ILunahme des haarlemmer Meeres;
so ist es nicht zu verwundern, dafs die Direction des Wasserbaues
von Rheinland (hoogheemraadschap van Rhynland); dafs das
ehemalige Gouvernement von der Provinz Holland, alle Mittel
auf zu bieten suchte, ihr Gränzen zu setzen, insbesondere da das
Meer nur mit kleinen Dämmen von den angränzenden zu Amstel-
land und dem Stift Utrecht gehörigen-Veen Plätzen abgeschlossen
war. Wäre die Vereinigung des Meeres und dieser Plätze vor
sich gegangen, so würden nicht nur die Busen von Rheinland
(*) Pias oder Wasserplatz, ein von Torf ausgegrabener and wieder mit
Regen-u. Binnenwasser angefüllter Bezirk. Solche Wasserplätze werden
durch Schöpfmaschinen wieder ausgetrocknet, und wir werden
von deren Austroknung im 3ten Bande handeln.