Z W E Y T E R A B S C H N I T T . ,
V O M H O L L Ä N D I S C H E N F L U S S B A U .
1°. Von dem abwechselnden Stande der Oberfläche des Rheins
und der Waal. I I0. Von ihren gegeneinander verschiedenen
N cigungen.
I 0- Sehr wichtig ist es bey dem holländischen Flufsbaue: das Ve rhältnis
des Standes der Oberfläche von den genannten zwo Strömen
gegeneinander zu kennen; und zw'ar in Hinsicht der Deiche; so
der Ueberschwemmungen. Deswegen haben die holländischen
Hydrotecten diesem Gegenstände alle Aufmerksamkeit gewidmet
und Brünings hat in der Verzaameling van Rapporten etc.; « Aan-
merkingen omtrent de Versehillen der Peilen te Nymegen en Arnheim
, en het onderzoek der proportien tuschen de Riviertakken *
geschrieben. Diese Abhandlung werden wir zum Theil, wo es
nöthig seyn wird, mit des Verfassers eigenen Worten, in der
Uebersetzung mittheilen.
Ohne Zweifel wird es einem jeden aufmerksamen Leser einleuchtend
seyn: dafs die Oberfläche eines Stromes sich, bey Ver-
gröfserung der Wassermenge, erheben müsse; wenn die Geschwindigkeit
nicht im Verhältnifs dieser gröfsern Wassermenge zunimmt.
Vorausgesetzt nähmlich: dafs das Bett unveränderlich bleibt. Man
wird ferner einsehn, dals diese Erhöhung der Oberfläche nicht in
irgend einem Flufsbezirke allein Statt finden könne, sondern dafs
sie die Neigung in einer Entfernung aufwärts verringen müsse,
wenn nähmlich die Anschwellung im untern Flufsbezirke zuerst
erfolgt. Tritt sie aber im obern eher als in diesem ein, so mufs
die Neigung und die Geschwindigkeit, nach Mafsgabe der Ver-
gröfserung der Wassermenge , zunehmen.
Um nun die Gröfse der Abwechselungen, welche bey diesen
Flüssen vorgegangen sind, übersehn zu können; so mufs hier zuförderst
angemerkt werden: Erstens. Dafs der Nullpunct des Arnheimer
Pegels 1 Fufs i Zoll 6J Linien (nach dem Nivellement des
Obrist Krayenhoff) über die Horizontallinie des Nullpunctes von
dem Nymeger steht (B. I. S. 385). (*) Zweitens. Dafs die Deiche
am Rhein bey Arnheim auf 20 Fufs Arnheimer Pegel-; und die Deiche
an der Waal bey Nymegen auf 23 Fufs Nymeger Pegel liegen.
Mithin sind dort die Waaldeiche 23 Fufs — ( 1 ' 1" 6|"' -j- 20') =
1 Fufs 10Z0II 54 Linie höher, als die Rheindeiche. So viel könnte
also auf jeden Fall die Waal bey Nymegen höher, wie der Rhein
bey Arnheim stehn.
Jetzt wird es nöthig seyn , diese Unterschiede , der Wasserhöhen
tabellarisch darzustellen , um einige, nicht unwichtige Resultate
ziehn zu können.
Aus der ersten Tabelle, folgt im allgemeinen, (Siehefol. S. 198)
dafs von 1770 bis incl. 1772 der Pegel zu Arnheim, bey niedrigem
und mittlern Wasserstande, höher zeichnete als der Pegel zu Nymegen;
— dafs von 1773 und 1 7 7 4 fast kein Unterschied Statt hatte;
— dafs mit 17 7 5 die gröfste Höhe der Waal einen Anfang
nimmt, die bis 1780 zwischen 4 und 7 Zoll Unterschied begrenzt
bleibt; — dafs 17 8 1 , als nähmlich das Separationswerk gelegt
ward, der mittlere Unterschied 12 und der gröfste 2o|Zoll betrug;
— dafs 178 2 , als die alte Mündung des Canals zugedämmt wurde
der mittlere Unterschied 18 und der gröfste 26 Zöllwar; —■
dafs endlich von 1782 bis 1786 der mittlere Unterschied wieder
bis auf 1 i | Zoll vermindert, von hier aber bis 1792 bis auf 225Zoll
vermehrt wurde, ungeachtet 1788 verschiedene Maalsregeln zur
Vertiefung der neuen Mündung des Pannerdenschen Canals, mit
dem befsten Erfolge, angewandt wurden.
(*) 1698 war die Oberfläche7 der Waal bey Nymegen 5 Fufs 8 Zoll;
i 7 5 i fand sie Lulofs 2 Fufs 1O5 Zoll höher, als die Oberfläche des
Rheins bey Arnheim.