Die Form der Bauwerke soll also, nach der zweyten Forderung,
dem Strome, dem Eisgänge und dem Wellenschläge, den
möglichst geringsten Widerstand darbieten, dafs "heilst: man mufs
dem Bauwerke eine solche sanft ablauffende und abgerundete
Oberfläche nach allen Seiten hin geben, als es die Oeconomie;
die Ausführung in Praxis und die hydrotechnischen Absichten
gestatten. Von dieser anfänglich schwierig scheinenden Aufgabe
ist die Auflösung sehr leicht, wenn wir uns anders von
den Wirkungen der Natur belehren lassen wollen. W ir sehn
nähmlich: dafs der Strand, nicht das Ufer (*), aus dem feinsten
Sande bestehend, in einer gerade ablauffenden schrägen Fläche
liegt; selbst nach dem heftigsten Sturmwinde behält er diese Lage,
ohne das mindeste von seiner Oberfläche verlohren zu haben. Und
in dieser Hinsicht sagt auch Brünings, der in seinem practischen
Geschäftsleben die Natur so oft in ihren verschleierten Wirkungen
belauschte: « ein Seestrand , der sich nicht erniedrigt, ist weder
concav nochr convex, sondern rechtlinigt, und doch widersteht
er nicht nur den Wellen sondern selbst der Brandung der See
(Waltmanns Beyträge 3. B. S. XXXV.). « Bey meiner letztem Reise
in Holland habe ich auf diesen Umstand auch sorgfältig geachtet
und den Strand bey Goedereede, an den Inseln Texel, Vlieland,
Terschelling und an a. O. so wie ihn Brünings beschreibt gefunden.
Es mufs also i* die Mittellinie a b Fig. 9. eines in das Meer
hineingehenden Höftes, nicht eines Ufer-Revetements, so flach
als möglich und nach einer geraden Linie, gebildet seyn. Auch
die W erke der Kunst sprechen für diese Bestimmung: so bleiben
z. B. die blofsen Buschwerke am nordwestlichen Gestade von
Goedereede, dem heftigsten Nord und Nordwestwinde blofs gestellt,
nur deswegen liegen, weil sie flach ablauffen, daher haben sie
seit ihrer Erbauung keine andere Beschädigung erlitten, als diejenige
welche von der Einwirkung des Seewassers auf die ober-
(*) Auch nicht die Revetements oder Uferbefestigungswerke, denn bestehn
diese aus blösen Steinen , so erhalten sie eine convexe Oberfläche,
wie diefs die Werke zwischen Medenblick und Enkhuysen beweisen.
ste Buschlage und den Verzäunungen erfolgte und die alle drey
Jahr eine neue Decklage erfordert. Wie vielfältig sind aber
nicht dagegen die Beschädigungen an denen in ihrer Nähe gelegenen
hölzernen Schirmhöfter gewesen? Nimmt man die holländischen
Busch-Steinhöfter zum Muster an und die dazu mit
allem Rechte aufgestellt werden können, so ist es zweckmäfsigr
dafs die Neigung der Mittellinie ab des Höftes sich zur Höhe ag
wie 66 : 1 verhält. Alsdann wird die tobende "Welle auf des
Werkes Oberfläche sanft aufrollen und ihre Kraft wird allmäh-
lig geschwächt werden. Die krumme Linie wird bey einem ins
Meer hingehenden Werke in der Ausführung viele Schwierigkeiten
darbieten und wie geringe ist nicht die Elevation einer
Curve bey einem in die See hineingehenden Werke, dessen Oberfläche
eine Schräge erhält die sich zur Länge zwischen 1 : 60
und 1 : 90 verhält? und zeigt uns nicht hierin, wie wir so eben
gesehen haben, die Natur die richtigen Wege ? In diesen Hinsichten
sagt auch wohl Woltman 2. B. S. 110 . «Wenn es
auch Jemanden gelingen sollte, eine Linie auszufinden, von der
man überzeugt seyn könnte, dafs sie auf ganz unverwerfliche
Theorie gegründet wäre, so hat derselbe doch wenigstens zu untersuchen,
ob die dadurch bewirkte Erspahrung auch erheblich
genug sey, gegen die mit derselben Linie verbundenen theoretischen
und hauptsächlich practischen Beschwerlichkeiten.» Diefs
alles möchten wir jedoch nur auf die Lage der Oberfläche von
solchen Werken, die in die See hineingehn, und nicht ohne
alle Ausnahme bey blofsen Revetements oder Uferbefestigungen
anwenden. So hat sich auch der Baudirector Woltman der Cur-
ven bey der Sinusbsöchung T. 48 mit dem glücklichsten Erfolge
bedient. In aller Hinsicht wird es gewifs nützlich seyn: dieses
gelehrten Practikers Raisonnement und welche Methode er bey
der Aussteckung der Profile anwendet, in dem II. Bande seiner
Beyträge S. 146 zu lesen. Ich wiederhole es jedoch, dafs ein Unterschied
gemacht werden mufs, zwischen Uferdecken, dem Ufer
nahe gelegenen oder mit dem Ufer parallel lauffenden "Werken