lebendigen Höben nur verschieden sind, eine solche ähnliche Geschwindigkeiten
haben werden. Sein Beweis, dafsdie Geschwindigkeiten
in einem und demselben rechtwinkeligen Querschnitte
sich, wie die lebendigen Höhen verhalten, ist dieser (£ ):
Eine Wasserleitung habe bey einer lebendigen Höhe ttgg 1, eine
Geschwindigkeit» 1 ; da das Gefall der Oberfläche einerley mit
dem des Bodens sey. Das Wasser steige nun bis zu der Höhe
= 2; so wird die eigenthümliche Bewegung der obern Hälfte
eben dieselbe seyn, die zuvor die ganze Wasserleitung bey der anfänglichen
Höhe = 1 hatte. Aufser dieser eigenthümlichen Bewegung
wird sie auch noch von der untern Hälfte getragen und
mit fortgeführt, wodurch sie die Geschwindigkeit der untern Hälfte
annehmen wird. Das Wasser in der untern Hälfte, das jetzt,
aufser von seinem eigenen Gewichte, ,nun auch noch von dem
Wasser in der obern Hälfte gedruckt wird , empfängt daher einen
doppelten Stofs (impulso) und wird deswegen eine Geschwindigkeit
= 2 annehmen. Da nun nach der Voraussetzung (No. i )
die Bewegung des Wassers bey beyden Wasserständen ähnlich
seyn wird , so wird auch die Geschwindigkeit bey der doppelten
Höhe zwey mahl so grofs, als bey der einfachen Höhe seyn. —-
Bis hierher der Beweis.
Nach welchem Gesetze die Geschwindigkeiten in einer Per-
pendiculaire eigentlich zu nehmen, ist auch aus diesem Beweise
noch nicht zu ersehen. Eigentlich scheint daraus zu folgen, dals
die Geschwindigkeit in der ganzen Tiefe einer solchen Perpendicu-
laire überall gleich grofs seyn müsse, da es ausdrücklich heifst,
dafs das obere Wasser , indem es Yon dem untern mit fortgeführt
wird, auch dessen Geschwindigkeit annehmen mufs. Denn was
in dem Beweise von dem Fortführen in der Scheidung der untern
und obern Hälfte gesagt ist, gilt offenbar für einen jeden
horizontalen Querschnitt eines solchen Profiles. Dem ungeachtet
war dieses , dafs nähmlich die Geschwindigkeit überall gleich
(£) L. c. parte seconda, Libr. secondq* pag. 57»
grofs seyn sollte, Castelli’s Meinung Wohl nicht, wie käme er
sonst zu seiner Erklärung der ähnlichen Geschwindigkeiten ? Wie
bestimmt er indefs auf die Aehnhchkeit zurückgesehen habe, die
zwischen dem in offenen Canälen fliefsenden und dem aus der
Oeffnung eines Gefäfses laufenden Wasser Statt haben soll, und
in wie fern er hierbey, nach Brünings , eine falsche Erfahrung
(nach welcher nähmlich die Geschwindigkeit des , aus einer solchen
Oeffnung, laufenden Wassers sich wie die Höhe des Wassers
über der Oeffnung verhalten sollte) zum Grunde legt , haben
w ir nicht finden können.
Da Castelli den eben angeführten Beweis schon selbst wieder
aufgegeben hatte, so unternahm es Borelli (Z) einen Beweis
hiervon zu geben. Dieser zeigte bestimmter auf die erwähnte
Aehnlichkeit des in Flüssen und offenen Canälen fließenden, mit
dem aus der Oeffnung eines Gefäfses laufenden Wassers hin.
Er nimmt an , dafs die Geschwindigkeit in einer Tiefe unter
der Oberfläche = s dieselbe sey, welche ein fester Körper erhal-
teji würde, wenn er von einer Höhe = s herunter fiele, und erinnert
dabey ganz richtig, dafs diese Geschwindigkeiten sich wie
die Quadrat-Wurzeln der verschiedenen Werthe von s verhalten
, wie Galilei es erwiesen habe , und dafs ferner die Wassermenge,
welche eine rechtwinkelige Wasserleitung in verschiedenen
Zeiten abführe, im zusammengesetzten Verhältnisse der Geschwindigkeit
und der Tiefe des Wassers stehe. ETnmittelbar darauf
macht er den offenbar ganz falschen Schluß , dafs demnach
die Wassermengen sich verhalten, wie die Quadrate der Tiefen
des Wassers, und nun ferner: dafs die Geschwindigkeiten sich
folglich wie die Tiefen verhalten.
Eine Erfahrung, die Castelli denjenigen als einen Beweis äposteriori
mitgetheilt hat, denen sein Anfangs gutgeheifsener Beweis
( l) Supplemente da aggiungersi alla Proposizione secnnda, del secundo
Libro del P. Castelli, fatto da Gio. Alfonso Borelli, discepoli del me-
desimo Autori. In dem ersten Bande der 172,3 in Florenz erschienenen
Raccolta S. 31 1 . In der zweyten Aufl. im 4ten Bande, S. 56.
II . Band. 2.