waren; der Letztgenannte wohnt in einem sehr hüsch eingerichteten,
von den Waarenschuppen umgebenen Hause;
auf dem Hofe steht ein Baum, welcher als der grösste in
Island angesehen wird; es ist ein Yogelbeerhaum (Sorbus
aucuparia) von 25 Fuss Höhe, wie ein grösser Strauch gestaltet,
indem der Stamm sich gleich oberhalb des Bodens
in zahlreiche knorrige Aeste theilt. Wir trafen in diesem
Hause den wettergebräunten Kapitän des «Sokrates», Herrn
Hemmers, eine echte Seemannsnatur, welcher einen grossen
Theil seines vielbewegten Lebens an den sonnigen Küsten
Portugals, einen ändern an den eisigen Gestaden Islands
zugebracht hat.
Nach Hause zurückgekehrt, wartete unser ein vortreffliches
Mittagessen, wobei auch die Frau des Hauses zugegen
war. Dritthalb Wochen hatten wir eines eigentlichen
Mittagessens gänzlich entbehrt; in desto höherm Masse wurden
wir hier dafür entschädigt. Bass die Hausfrau mit zu
Tische sass, war ein Zeichen für den Bang unsers Wirthes;
gewöhnlich pflegt sie in isländischen Familien nur hei Tische
zu erscheinen, um die Gäste zu bedienen.
Am Spätnachmittage machten wir Herrn Skülason einen
Besuch; der Weg führte längs des Strandes an fast allen
den kleinen einstöckigen Häusern vorüber, welche die Stadt
Akureyri bilden; die meisten haben nach der Fjordseite zu
einen kleinen Garten, in dem viele Kartoffeln gezogen werden.
Herr Skülason besitzt eine sehr ausgewählte Bibliothek
von griechischen, römischen und englischen Classikern
und vielen alten isländischen Druckwerken. Wir freuten
uns auch Schiller’s und Goethe’s Werke bei ihm zu finden,
von denen namentlich der erste Theil des «Faust» stark
zerlesen und abgegriffen war. Er gibt hier in Akureyri
einen Cyklus von altisländischen Sagen heraus; das erste
Bändchen brachte die«Vcitnsdcelasaga»; das zweite, die «JFinn-
bogasaga» enthaltend, hatte vor wenigen Tagen die Presse
verlassen und wir erhielten jeder ein Exemplar davon zum
Geschenk. Es ist ein sehr verdienstvolles Werk, die interessantesten
Sagen der Vergessenheit zu entziehen. Der
grosste Theil dieser uralten Dichtungen, von denen sich
manche durch hohe poetische Schönheit auszeichnen, ist
in dem Zeitraum vom 11. bis zum 14. Jahrhundert entstanden
und ein getreues Abbild von dem wilden Leben der
nordischen Kämpen und den kühnen Thaten der alten Seefahrer.
Die dänische Legierung hat sich grosse Mühe gegeben,
die isländischen Handschriften der Sagas zu sammeln
, um sie der Bibliothek in Kopenhagen einzuverleiben.
Weit über 500 grössere Dichtungen dieser Art sind so bekannt
geworden'; bei dem grossen Mistrauen aber, welches
die Isländer gegen alles Fremde hegen und der erstaunlichen
Zähigkeit, mit welcher sie an allem hängen, was ihre
Heimatinsel betrifft, steht zu vermuthen, dass noch eine
bedeutende Anzahl uralter Handschriften als kostbare Erbstücke
ihrer Väter in den Truhen aufbewahrt werden. Herr
Skülason zeigte uns einige dieser Manuscripte, welche die
Zeichen langen Gebrauchs und steten Umherwanderns in
den isländischen Hütten an sich trugen. Nachdem wir geraume
Zeit bei ihm verweilt und vieles gesehen und gehört,
begleitete er uns zurück zum Apotheker. Auf dem Heimwege
führte er uns in die Buchdruckerei, ein niedriges
schwarzes Holzhaus. In einem kleinen Zimmer ständen
eine Handpresse und sämmtliche zum Drucken nöthige Ge-
räthschaften; zwei Isländer waren gerade fleissig damit beschäftigt,
eine populäre Abhandlung über die Heilkräfte
einheimischer Pflanzen zu drucken. Die hiesige Buchdruckerei
mag nach der zu Hammerfest in Norwegen die nördlichste
der Erde sein.
Die hier erscheinende Zeitung « Noröri» wird nicht
regelmässig ausgegeben; sie enthält acht zehnzöllige Quartseiten
und wird von Sveinn Skülason redigirt, von H. Hel