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 auf dem  Rücken  der  Pferde  mit  unsäglicher  Mühe  so  
 weit  in  das  Innere  geschleppt  wird.  Auch  die  Propstwohnung  
 machte  einen  sehr  freundlichen  Eindruck;  sobald  wir  
 auf dem  Hofe  erschienen,  trat  der Propst heraus,  ein stattlicher  
 Mann  mit  den  riesigsten  Körperproportionen;  er  be-  
 grüsste  uns  herzlich,  schüttelte  uns  die  Hand  und  führte  
 uns  in sein behaglich eingerichtetes Studirzimmer;  welch  ein  
 Anblick  bot  sich  uns  dort  dar!  Unser  an  solche  Dinge  
 nicht  mehr  gewöhntes Auge  schweifte  mit Wohlgefallen  von  
 dem  weichen  Teppich  auf  dem  Boden  nach  den  weissen  
 Gardinen  an  den  Fenstern,  von  der  schönen  Bibliothek  an  
 der  einen Wand  nach  den unter  dem  Spiegel an der ändern  
 hängenden Photogrammen,  die  schon  bis hierher  ihren Weg  
 gefunden  hatten. 
 Die Bibliothek  des Pfarrers  fesselte wirklich  längere Zeit  
 unsere  Aufmerksamkeit;  sie  enthielt  ausser  manchen  deutschen  
 und  lateinischen  Werken  viele  seltene  isländische  
 Bücher,  alte  Drucksachen  und Raritäten.  Wir wurden  von  
 der  Frau  Propstin  mit  einem  köstlichen  Abendessen  be-  
 wirthet,  aus  Kaffee,  Lachs,  Käse  und  Kuchen  bestehend,  
 dem  eine  Flasche Portwein  höhern Reiz  verlieh,  und waren  
 äusserst  vergnügt,  nach  den  Gefahren  und  Anstrengungen  
 der Wüstenreise  ein  so gastliches Dach  gefunden  zu  haben;  
 der herculische Pfarrer Herr Jakob Briem leistete uns abends  
 Gesellschaft.  Die deutsche Sprache, deren er in seiner Jugend  
 mächtig gewesen, war im Laufe der Jahre seinem Gedächtniss  
 langsam  wieder  entschwunden,  sodass  unsere  Unterhaltung  
 lateinisch  geführt  wurde;  seine  Frau,  eine  grosse  Blumenfreundin, 
  hatte das Zimmer mit prächtigen Sträussen von Wiesenpflanzen  
 und  Felsenkräutern geschmückt;  sie  lehrte  uns  
 bereitwillig  die isländischen  Namen  vieler Gewächse,  welche  
 meistens in sehr treffenderWeise das Aussehen,  den Standort  
 oder eine charakteristische Eigenschaft derselben wiedergeben. 
 Später  wurde  uns  noch  eine  angenehme  Ueberraschung  
 zu  Theil:  wir  sollten  nämlich  das  seit  Akureyri  entbehrte  
 Vergnügen  gemessen,  die Nacht  in  einem Bett  zuzubringen,  
 deren  der  Pfarrer  in  seinem  weitläufigen  und  geräumigen  
 Hause  eine  ziemliche  Anzahl  besitzt.  Fünfzehn Nächte hatten  
 wir  seitdem  auf  dem  Fuss-  oder  Erdboden  geschlafen. 
 Vor  dem  Aufstehen  erhielten  wir  den  unvermeidlichen  
 Mokkatrank  wieder  an  das  Bett  gebracht;  später  folgte  
 Frühstück  von  köstlichen  Lachsfricandellen,  Schinken  und  
 Bordeaux.  Alle die  zahlreichen Genüsse,  welche  der Pfarrer  
 uns  zum  Frühstück  vorsetzte,  erhält  er  von  dem  am  Ausfluss  
 der Hvitä gelegenen,  zwei Tagereisen entfernten kleinen  
 Hafenorte  Eyrarbakki  (dänisch 0rebag),  wo  alljährlich  ein  
 paar  dänische  Schiffe  einlaufen. 
 Heute  (am  26.  Juli)  war  also  der  Tag  erschienen,  an  
 welchem  wir gleichsam  zum Beschluss der  ganzen Reise eins  
 der  grössten Wunder  Islands  begrüssen  sollten.  Das Pfarrhaus  
 verlassend  führt  der Weg  durch  schönes  Wiesenland,  
 fortwährend  durch  die  fruchtbarste  und  gesegnetste  Gegend  
 Islands,  die  wir  noch  durchstreift hatten.  In  der Nähe der  
 Flussarme  findet  man  oft  grosse  Weiden  von  einem  2—3  
 Fuss  hohen  Erdwall  umgeben,  ganz  unterWasser  stehend,  
 welches  man  später,  nachdem  die  Bewässerung  besorgt  ist,  
 durch  einen  in  dem Damme  angebrachten Einschnitt wieder  
 ablaufen  lässt.  Wie  unvergleichlich  nutzbringender wäre es  
 für  die  Isländer,  die  englische  Art  und Weise  des  Draini-  
 rens  einzuführen;  aber  ihr  bereits  mehrfach  gerügter  Hass  
 gegen  jegliche  Neuerung  ist  es,  der  sie  ihren  Vortheil  so  
 ganz  verkennen  lässt. 
 Zwischen  uns  und  den  Geysir  strömte  noch  die  Hvita,  
 ein  tiefer  und  mächtiger  Strom,  der  mit  der  ]?jörsä  darum  
 streitet,  der  bedeutendste  Südislands  zu  sein.  Die  milch-  
 weisse Wasserfläche durch zahlreiche gelbe Sandbänke unterbrochen, 
   breitete  sich  mit  dumpfem Rauschen  vor  uns  aus.