boot trug uns bei günstigem Winde in einer starken
Stunde an das südliche Ufer der Insel. Herr Roach und
Oddur Gislason, ein liebenswürdiger junger Isländer, welcher
die Theologenschule in Reykjavik besucht und isländisch,
dänisch, deutsch und englisch spricht, begleiteten
uns. Der bejahrte Besitzer von Viöey, Herr Justitiarius
Stephensen, wohnt allein auf dem Eilande in einem für
isländische Begriffe ziemlich geräumigen Hause mit einer
angebauten kleinen Kapelle. Seine Hauptbeschäftigung ist
mit dem Fernrohr die etwa anlandenden Boote zu beschauen,
ifm sich zu überzeugen, dass kein Gewehr auf die Insel gebracht
werde. Denn es ist streng untersagt, ein solches bei
sich zu führen. Ja man darf zur eigentlichen Brütezeit ohne
ganz besondere Erlaubniss des Besitzers nicht einmal landen,
und Geschrei oder lautes Sprechen, jedes Lärmen ist
dann verpönt. So sorgfältig werden die Eiderenten gehegt
und gepflegt.
Am 22. Juni 1785 wurde eine dänische Verordnung erlassen,
welche diese Mittheilung bestätigt. r)
Zur Zeit, als wir Viöey besuchten (am 17. Juni) war die
Hauptbrütezeit (Ende Mai und Anfang Juni) bereits vorüber,
indessen fanden wir noch sehr viele Nester zwischen
den kleinen Grashügeln. Die brütenden Weibchen blieben
ruhig auf den spärlich mit schlechten Dunen ( ceöardün)
ausgepolsterten Nestern sitzen, als wir uns ihnen näherten.
^Einzelne liessen sich sogar streicheln und gaben nur einen
leise knurrenden Ton von sich, den man ebenso wohl für
eine Äeusserung der Misbilligung wie des Wohlbehagens halten
könnte. Andere bissen heftig mit dem Schnabel um sich.
Während viele, als sie unserer ansichtig wurden, von dem
Neste fortflogen, waren manche kaum wegzutreiben und
]) In englischer Uebersetzung in Hooker’s «Tour in Iceland»
(II, 361) zu lesfen.
kamen oft zornig wieder, wenn die Eier berührt wurden.
Diese, etwas grösser als die der Hausente und grünlicher
in der Färbung, sind zwar schmackhaft, aber mit denen
der isländischen und Rabenente nicht zu vergleichen. Ihre
Zahl in den einzelnen Nestern variirt. In manchen fanden
wir nur ein E i, in vielen zwei, in den meisten drei, in wenigen
vier und in einem fünf, wo die Jungen gerade auskrochen.
Eine drollige Geschichte von dem Eierlegen der
Eidergans erzählt höchst naiv Anderson. Er sagt1): «Der
Eidervogel legt nicht nur gemeiniglich viele und zwar läng-
lichte dunkelgrüne Eyer, sondern wenn man einen Stecken
von einer halben Ellen mitten ins Nest stecket (welches
einige, weil die Eyer ungemein wohlschmeckend, zuweilen
thun), legt er gar über Gewohnheit fort und hört nicht
auf, bis die Spitze des Steckens, damit er darüber sitzen
könne, mit Eyern bedeckt, wodurch der Vogel sich aber
dermassen entkräftet, dass er den Tod daran nimmt.» Selbstredend
ist diese Erzählung eine Fabel. Die Isländer gehen
ganz anders zu Werke,.um viele Eier und Dunen von den
Eiderenten zu erhalten. Wenn diese Ende Mai zu legen beginnen
und 4— 6 Eier gelegt sind, nimmt man sie mit den
Dunen fort, worauf die Eiderente sich genöthigt sieht,
abermals Eier zu legen (diesmal nur 3—4) und das Nest
aufs neue mit Dunen auszufüttern, die sie sich mit dem
Schnabel aus Brust und Bauch ausrupft. Hierauf werden
grausam die Eier und Dunen nochmals fortgenommen und
die ihrer Federn und Eier beraubte Ente muss zum dritten
mal brüten. Aber es fehlt ihr an Dunen. Sie ruft, traurig
das geplünderte Nest betrachtend, ihren zärtlichen Gatten
herbei, und dieser gibt bereitwillig Dunen zum Nestbau
her, die sich durch ihre weisse Farbe leicht von den graui)
in. seinen «Nachrichten von Island, Grönland und der Strasse
David» (Hamburg 1746), I, 92.