XII.
Yon Akureyri nach ßeykjahliö am Miickensee.
Das Skjalfandafljot.
In Akureyri hatten wir uns eine Reiseroute nach dem
Miickensee aufstellen lassen und vernommen, dass wir nicht
vor dem dritten Tage dort anlangen würden; unser erstes
Nachtquartier sollte Hals im Thale der Fnjöskä, unser
zweites Iverä an der Laxä sein. Schon im voraus hatten
'wir erfahren, dass die Gegend, welche uns noch von dem
Mückensee trennte, weder durch landschaftliche Schönheit,
noch durch merkwürdige Naturerscheinungen ausgezeichnet
sei, und beabsichtigten daher so rasch wie möglich diesen
uninteressanten Landstrich zu durcheilen, um desto eher
das Ziel unserer Reise zu erreichen, wo so vieles vereinigt
war, unsere Aufmerksamkeit auf längere Zeit in Anspruch
zu nehmen. Auf dem jenseitigen Ufer des Fjords angelangt,
mussten wir geraume Zeit auf die Pferde warten, welche
noch nicht zur Stelle waren. Wir sassen auf den Felsen
am Strande und blickten lange nach Akureyri hinüber, um
den gastlichen Ort recht tief unserm Gedächtniss einzuprägen.
Eine lange Reihe von Tagen lag vor uns, in welchen
wir, jede Bequemlichkeit vermissend, ein Lehen mit Gefahr
und Entbehrung verknüpft führen sollten, ein Leben aber,
reich an anziehenden Abenteuern, dessen vollen Reiz nur
derjenige zu schätzen vermag, welcher zum ersten mal wenig
besuchte Gegenden durchstreift und seine Anstrengungen
durch den Anblick staunenswerther Naturerscheinungen belohnt
findet.
Während die Pferde bepackt wurden, kletterten wir an
den Felsvorsprüngen umher und fanden eine grosse Anzahl
schöner Stilhite und Mesotype. Fast alle Blasenräume
des Gesteins waren auf ihrer Innenseite mit den
prachtvollsten schneeweissen Krystallen bekleidet, die jetzt
eine Zierde unserer Sammlungen bilden. Dann ging es in
raschem Trabe den Strand entlang südwärts bis ungefähr
zu der Stelle, wo die Eyjafjaröarä sich in den Fjord er-
giesst. Hier verlässt der Weg die Küste und führt nach
Osten aufwärts steigend über die Vaölaheiöi, welche sich
2118 Fuss über den Spiegel des Fjords erhebt; es war ein
heisser Mittag und der Weg bergan so steil, dass wir genöthigt
waren, in sehr grossen Zickzacklinien zu reiten und lange
Zeit brauchten, um den Gipfel zu erreichen, wo uns eine
herrliche Aussicht belohnte: zu unsern Füssen der enge
Fjord, an dessen Eingänge die Mündung des Flusses mehrere
langgestreckte grünhewachsene Inseln bildet , gegenüber
wie ein ferner schwarzer Punkt die winzigen Häuschen von
Akureyri; darüber ein hohes, schneebedecktes Alpenland. Am
Ausgange des Fjords schwamm mit geschwellten Segeln der
«Sokrates» dem hohen Meere zu, beladen mit den Früchten
unserer bisherigen Reise. Das Hinahsteigen auf der ändern
Seite in das tiefe Thal der Fnjöskä, hinter welchem in
der Ferne der Häfafell und der Fornastaöafjall aufragen,
ging ebenfalls nur langsam von statten; unten im Thale
kreuzten wir die Fnjöskä in einem kleinen Boote, geführt
von einem alten eisgrauen Isländer; für die Pferde wiederholte
sich dasselbe Schauspiel wie bei dem Heraösvätn vor
Island. I "