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 Yon  Akureyri  nach  ßeykjahliö  am Miickensee. 
 Das  Skjalfandafljot. 
 In  Akureyri  hatten  wir  uns  eine  Reiseroute  nach  dem  
 Miickensee  aufstellen lassen und vernommen,  dass  wir nicht  
 vor  dem  dritten  Tage  dort  anlangen  würden;  unser  erstes  
 Nachtquartier  sollte  Hals  im  Thale  der  Fnjöskä,  unser  
 zweites  Iverä  an  der  Laxä  sein.  Schon  im  voraus  hatten  
 'wir  erfahren,  dass  die  Gegend,  welche  uns  noch  von  dem  
 Mückensee  trennte,  weder  durch  landschaftliche  Schönheit,  
 noch  durch  merkwürdige  Naturerscheinungen  ausgezeichnet  
 sei,  und  beabsichtigten  daher  so  rasch  wie  möglich  diesen  
 uninteressanten  Landstrich  zu  durcheilen,  um  desto  eher  
 das  Ziel  unserer  Reise  zu  erreichen,  wo  so  vieles  vereinigt  
 war,  unsere  Aufmerksamkeit  auf längere  Zeit  in  Anspruch  
 zu  nehmen.  Auf  dem jenseitigen Ufer  des Fjords angelangt,  
 mussten  wir  geraume  Zeit  auf  die  Pferde  warten,  welche  
 noch  nicht  zur  Stelle  waren.  Wir  sassen  auf  den  Felsen  
 am  Strande  und  blickten  lange nach Akureyri  hinüber,  um  
 den  gastlichen  Ort  recht  tief  unserm  Gedächtniss  einzuprägen. 
 Eine  lange  Reihe  von  Tagen  lag  vor  uns,  in  welchen  
 wir,  jede Bequemlichkeit vermissend,  ein  Lehen  mit  Gefahr  
 und  Entbehrung  verknüpft  führen  sollten,  ein  Leben  aber, 
 reich  an  anziehenden  Abenteuern,  dessen  vollen  Reiz  nur  
 derjenige zu schätzen vermag,  welcher zum ersten mal wenig  
 besuchte  Gegenden  durchstreift  und  seine  Anstrengungen  
 durch  den Anblick  staunenswerther Naturerscheinungen  belohnt  
 findet. 
 Während  die  Pferde  bepackt  wurden,  kletterten  wir  an  
 den  Felsvorsprüngen  umher  und  fanden  eine  grosse  Anzahl  
 schöner  Stilhite  und  Mesotype.  Fast  alle  Blasenräume  
 des  Gesteins  waren  auf  ihrer  Innenseite  mit  den  
 prachtvollsten  schneeweissen  Krystallen  bekleidet,  die  jetzt  
 eine  Zierde  unserer  Sammlungen  bilden.  Dann  ging  es  in  
 raschem  Trabe  den  Strand  entlang  südwärts  bis  ungefähr  
 zu  der  Stelle,  wo  die  Eyjafjaröarä  sich  in  den  Fjord  er-  
 giesst.  Hier  verlässt  der  Weg  die  Küste  und  führt  nach  
 Osten  aufwärts  steigend  über  die  Vaölaheiöi,  welche  sich  
 2118  Fuss  über  den  Spiegel  des  Fjords  erhebt;  es  war  ein  
 heisser Mittag und der Weg bergan so steil, dass wir genöthigt  
 waren,  in  sehr  grossen  Zickzacklinien  zu  reiten  und  lange  
 Zeit  brauchten,  um  den  Gipfel  zu  erreichen,  wo  uns  eine  
 herrliche  Aussicht  belohnte:  zu  unsern  Füssen  der  enge  
 Fjord,  an  dessen  Eingänge  die  Mündung  des  Flusses  mehrere  
 langgestreckte  grünhewachsene Inseln bildet ,  gegenüber  
 wie  ein  ferner  schwarzer  Punkt  die winzigen Häuschen  von  
 Akureyri; darüber ein hohes, schneebedecktes Alpenland.  Am  
 Ausgange  des  Fjords schwamm  mit  geschwellten Segeln  der  
 «Sokrates»  dem  hohen Meere zu,  beladen mit  den Früchten  
 unserer  bisherigen Reise.  Das Hinahsteigen  auf der  ändern  
 Seite  in  das  tiefe  Thal  der  Fnjöskä,  hinter  welchem  in  
 der  Ferne  der  Häfafell  und  der  Fornastaöafjall  aufragen,  
 ging  ebenfalls  nur  langsam  von  statten;  unten  im  Thale  
 kreuzten  wir  die  Fnjöskä  in  einem  kleinen  Boote,  geführt  
 von  einem  alten  eisgrauen  Isländer;  für  die Pferde  wiederholte  
 sich  dasselbe  Schauspiel  wie  bei  dem  Heraösvätn  vor 
 Island.  I "